Donnerstag, 25. April 2024

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Radio Caroline
Die Mutter aller Piratensender wird 50

Am 28. März 1964 wurde die britische Rundfunklandschaft für immer verändert. Von einer abgehalfterten Fähre auf hoher See aus ging Radio Caroline auf Sendung. Tapfer sendete das Piratenradio gegen das Monopol der damals popfeindlichen BBC an. Heute ist der Sender ans Festland und ins Internet umgezogen.

Von Ruth Rach | 29.03.2014
    Revolutionäre Pop Musik, experimentierfreudige DJs, und ein unstillbarer Hunger nach dem neuen Sound: Die Swinging 60's. Damals war das Kofferradio DAS Kultobjekt, und die staatliche 'Auntie' BBC besaβ in Groβbritannien das Sendemonopol. Aber was sie ausstrahlte, ging am Geschmack der Jugend vorbei. Die Teenager der 60er-Jahre wollten echte PopHits hören, und nicht die verwässerten Interpretationen, die ihnen vom BBC Tanzorchester vorgesetzt wurden. Auch das private Radio Luxemburg bot keine Alternative: unbeständige Funksignale, schlechter Empfang. Und Hits, die nur in Bruchstücken gespielt und deren Auswahl von den groβen Plattenfirmen kontrolliert wurde - denn sie hatten für die Sendezeit bezahlt.
    Und dann kam Radio Caroline. Ein Piratensender, der die britische Rundfunklandschaft grundlegend veränderte. Radio Caroline ging am Ostersonntag, dem 28. März 1964 auf Sendung. Um all die Pop-Songs zu spielen, die von der BBC ignoriert wurden. Aber Privatsender waren damals streng verboten. Und so operierte das Piratenradio von einer ehemaligen Passagierfähre aus, und operierte unter panamaischer Flagge, drei Meilen vor der Küste, das bedeutete auβerhalb der britischen Hoheitszone. Sein Gründer war der irische Pop Produzent Ronan O'Rahilly, der erste inoffizielle Manager der Rolling Stones. Bis heute sagen maβgebliche Pop und Rockgruppen, dass sie eigentlich nur dank Radio Caroline bekannt wurden. Die Disc Jockeys von Radio Caroline wurden übernacht zu Legenden.
    "Heute senden wir bei Windstärke acht, und sind im Studio angeschnallt", erzählt Tony Blackburn. Später gibt der DJ zu, manchmal habe er absichtlich mit Aschenbechern geworfen, um die Atmosphäre noch dramatischer zu gestalten.
    Die Antwort der BBC: Radio 1
    Aber an Dramen fehlte es Radio Caroline nun wirklich nicht. Ihr zweites Schiff, die Mi Amigo kenterte in einem Sturm und ging zehn Jahre später ganz unter. Und die Behörden sorgten gleich dauerhaft für Turbulenzen. Die Piraten stehlen das Copyright und bezahlen dafür keinen Penny, monierte der damalige Labour Minister Anthony Wedgewood Benn: Piratenschiffe gefährdeten den Funkverkehr und seien eine öffentliche Bedrohung.
    Im August 1967 erklärte die britische Regierung alle Piratenschiffe für illegal - auch die in internationalen Gewässern. Radio Caroline-Zuhörer müssten mit hohen Geldstrafen rechnen. Inzwischen war die Zahl der Piratensender auf fast ein Dutzend gewachsen. Alle stellten den Sendebetrieb ein - auβer Radio Caroline. Jetzt sah die BBC nur noch eine Lösung: sie gründete ihre eigene Popstation, Radio 1. Mehrere Piraten-DJs wanderten zum staatlichen Sender ab.
    Aber das Katz und Mausspiel mit den Behörden ging weiter. Inzwischen war Radio Caroline auf die 'Ross Revenge' umgezogen. Das Schiff war mit einem riesigen Sendemasten ausgerüstet geriet aber immer wieder in Seenot. 1985 wurde die 'Ross Revenge' von einem britischen Boot belagert, 1989 sogar von britischen und niederländischen Behörden gestürmt. Ergebnis: ein Medienwirbel nach dem anderen, und jede Menge freie Publicity für Radio Caroline.
    Nun ist Radio Caroline also 50 Jahre geworden, ein Vorbild für die hunderte von Piratensendern, die allein in London aus Wohntürmen und Besenkammern ihre musikalischen Experimente ausstrahlen. Die BBC hat ihr Sendemonopol verloren. Radio Caroline ist aufs Festland umgezogen. Seine Sendungen sind übers Internet zu hören. Und das Piratenschiff 'Ross Revenge' , das wird im Hafen von Tilbury von Enthusiasten liebevoll restauriert.