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Rhein-Ruhr-Bewerbung 2032
Zukunftsvision Olympia

Zweieinhalb Wochen Handball-Hype. Während der Heim-WM bestimmten die Spieler der deutschen Handballer die Schlagzeilen der Medien. Am Ende der WM stand sportlich Platz 4 und ein Zuschauer-Rekord. Funktionäre und Politiker schöpfen neuen Mut, über Olympia nachzudenken.

Von Matthias Friebe | 03.02.2019
    Die Olympischen Ringe.
    Eine über eine Rhein-Ruhr-Bewerbung für die Olympischen Spiele 2032 wird nachgedacht. (imago sportfotodienst)
    902.505 Zuschauer, so die offizielle Zahl. Das ist Zuschauer-Rekord für eine Handball-WM. Die Stimmung in den Hallen macht sich jetzt nach der WM auch auf dem Bankkonto des Deutschen Handball-Bunds bemerkbar. "Wir wissen noch nicht genau, wie viel dabei raus kommt, aber es wird ein siebenstelliger Betrag sein, den wir einsetzen können für unseren Sport", erzählt ein immer noch sichtlich stolzer DHB-Vorstandsvorsitzender Mark Schober beim Sport-Business-Kongress SPOBIS.
    Die Begeisterung der Fans in den Hallen hat Eindruck gemacht, sogar beim großen Bruder Fußball, der in Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Vermarktung normalerweise Lichtjahre entfernt scheint von allen anderen Sportarten. DFB-Vizepräsident Rainer Koch findet aber: "Also, wenn ich mir die Handball-WM so anschaue, dann macht er (der Fußball) gar nichts besser, sondern nutzt Begeisterung der Menschen für Sport aus."
    Was ihn, wie inzwischen auch viele andere zu ganz großen Ideen bringt: "Ich hoffe, dass wir auch gemeinsam mit dem DOSB mal eine funktionierende Olympia-Bewerbung mit hinbekommen. Weil ich glaube, dass die Menschen unserer Tage Events, große Erlebnisse, an denen sie sich begeistern können, wollen."
    Auf Emotionen und Begeisterung setzen
    Für 2032, dieser Plan wird seit einiger Zeit hinter den Kulissen vorangetrieben, könnte eine Rhein-Ruhr-Bewerbung an den Start gehen. Noch viel stärker auf diese Emotion und Begeisterung setzen, das sei der Schlüssel für die Zukunft, glaubt Moritz Fürste. Der Hockey-Olympiasieger von 2008 und 2012 leitet heute eine Marketingagentur.
    Er fragt: "Warum wollen wir denn Olympische Spiele haben? Da denkt doch in dem Moment nicht jeder drüber nach, ob da am Ende ein Plus oder ein Minus steht. Aber wir können kulturell, für unsere ganze Gesellschaft etwas bewirken und ein Katalysator sein, der viel mehr bewegt, als nur Zahlen, die dann hinkommen oder nicht."
    Dass aber die Kosten für ein Großprojekt sehr wohl ein Faktor sind für die Bevölkerung, das hat zum Beispiel das Nein Hamburgs für eine Bewerbung um Sommerspiele 2024 gezeigt. Fürste findet: "Erstmal würde ich grundsätzlich mal in Frage stellen, ob die Frage, ob Olympische Spiele in einer Stadt oder einem Land stattfinden, basisdemokratisch entschieden werden müssen. Da hab ich ein ernsthaftes Problem mit."
    Der Hockeyspieler und zweifache Olympiasieger Moritz Fürste.
    Der Hockeyspieler und zweifache Olympiasieger Moritz Fürste. (imago/sportfoto/Team)
    Damit macht Fürste auch ein Fragezeichen, an die in demokratischen Gesellschaften gängige Praxis, Volksabstimmungen im Vorfeld einer Olympia-Bewerbung durchzuführen. Auf ein Referendum zu verzichten wäre deshalb politisch auch kaum durchsetzbar, weiß Thomas Geisel: "Was ich nicht verstehe, ist die Skepsis oder manchmal auch die Angst, das Volk darüber zu befragen."
    Der Düsseldorfer Oberbürgermeister hat selbst erst vor anderthalb Jahren ein Großereignis in seiner Stadt ausgerichtet, den Start der Tour de France. Auch da wurde heftig diskutiert über die Kosten des Wochenendes am Rheinufer. Acht Millionen Euro Kosten für die Stadt blieben am Ende stehen, mehr als im Vorfeld versprochen.
    Was Olympia an Rhein und Ruhr angeht, baut er deshalb jetzt schon einmal vor: "Natürlich reden wir da über beachtliche Summen, die investiert werden müssten. Aber verglichen mit dem, was man in Rio machte - und zwar nur für Provisorien - ist es relativ kleines Geld, weil eben die meisten Sportstätten schon da sind."
    Breitensport soll von Olympia profitieren
    In den Plänen für 2032 fehlt aber beispielsweise noch ein Leichtathletik-Stadion, für die Schwimmhalle will man eventuell die Fußball-Arena in Gelsenkirchen umrüsten. Walter Schneeloch, der Präsident des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen glaubt aber, dass es noch viel wichtiger ist, dass der Breitensport von Olympia profitiert und zwar schon im Vorfeld:
    "Wir können selbst unsere Sportvereinsmitglieder nur begeistern für diese Bewerbung, für olympische und paralympische Spiele, wenn sie erkennen, dass für sie selbst auch etwas dabei rum kommt. Nämlich, dass sie endlich auch mal in Sporträumen ihrem Sport nachgehen können, wo sie nachher auch duschen können und sich umziehen können und die Geräte an der richtigen Stelle stehen."
    Deshalb freut sich Schneeloch über das neue Sportstättenförderprogramm der NRW-Landesregierung. Beim LSB hat man eine Transparenzoffensive gestartet und macht auf einer Internet-Plattform Fördergelder und Investitionen nachvollziehbar. Einen Faktor aber können keine Funktionäre und keine Sportler in Deutschland und auch keine auf Emotion setzende Bewerbung lösen: das Image des IOC.
    Der Präsident des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen Walter Schneeloch
    Der Präsident des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen Walter Schneeloch (dpa)
    Das weiß auch Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste: "Man braucht sich auch nicht hinstellen und so tun, als wenn in der Sport-Welt alles freundlich und fröhlich ist. Da sind schon eine Menge Themen, an denen wir im Sport zu arbeiten haben und das IOC vorne weg."
    Gemeint sind natürlich vor allem Doping und Korruption. Und deshalb macht Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel aber auch ganz klar, dass er eine Einmischung der Ringe-Organisation nur bedingt dulden würde: "Also wir werden uns vom IOC nicht vorschreiben lassen, welche politischen Rahmenbedingungen wir schaffen müssen."
    Super-Sportjahr 2024
    Worte, an denen sich der Düsseldorfer Oberbürgermeister und eine mögliche deutsche Olympia-Bewerbung messen lassen müssten. Schon vor der Entscheidung über Olympia 2032, sind aber bereits zwei Großereignisse terminiert.
    "2024 wird ein tolles Sportjahr werden", freut sich DFB-Vize Rainer Koch schon jetzt, "wo wir ja gemeinsam eine Europameisterschaft haben, das heißt die Handballer zu Jahresbeginn und wir dann im Sommer. Wir sind ja auch schon in ersten Gesprächen, wie wir uns teilweise vernetzen können, um aus 2024 ein Super-Sportjahr zu machen."
    Die Begeisterung der Zuschauer, darauf wollen viele Sportfunktionäre noch mehr setzen, eine Lehre aus der so bejubelten Handball-WM.