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Russland-Wahl
Nawalny will weitermachen

Der bekannte russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny darf nicht bei den russischen Präsidentschaftswahlen antreten. Aber er und sein Team wollen ihre Kampagne weiterführen. Obwohl es immer wieder zu Konflikten mit der Justiz kommt – und der Wahlkampfchef zurzeit in Haft sitzt.

Von Frederik Rother | 02.03.2018
    Das Standbild aus einem Video zeigt den russischen Regierungskritiker Nawalny auf einer Kundgebung am 28. Januar 2018.
    Alexej Nawalny,der russische Oppositionspolitiker und Anti-Korruptions-Aktivist, der mit seinen Internetvideos regelmäßig ein Millionenpublikum erreicht (AFP / Alexandra Dalsbaek)
    Das Büro von Alexej Nawalny ist spartanisch eingerichtet. Ein Schreibtisch am Fenster, ein kleiner Schrank an der Seite. Im Nebenraum befindet sich das kleine TV-Studio.
    "We do all Alexej's Video here and our livestreams from that table, thats all."
    Alle Videos und Liveübertragungen kommen von hier, erzählt Leonid Wolkow, während er auf die Kamera und die Scheinwerfer zeigt.
    Leonid Wolkow - 37 Jahre alt - ist Wahlkampfleiter von Alexej Nawalny; dem wohl bekanntesten russischen Oppositionspolitiker und Anti-Korruptions-Aktivisten, der mit seinen Internetvideos regelmäßig ein Millionenpublikum erreicht.
    "Hallo, ich bin's Nawalny. Und, seid ihr bereit mit uns Gauner zu fangen?" Währenddessen wird ein Bild von Präsident Putin eingeblendet. "Genau das werden wir nämlich bald machen. Und dafür brauchen wir euch. Denn ohne euch würden wir gar nichts schaffen."
    Angriff auf die Mächtigen
    In den Filmen geht es um die Mächtigen der russischen Politik, ihre oft fragwürdigen Besitz- und Reichtümer. Aber auch um die Präsidentschaftswahl Mitte des Monats. Alexej Nawalny ruft zu deren Boykott auf, seit er nicht als Kandidat zugelassen wurde.
    Einige Etagen tiefer sitzt das Wahlkampfteam von Alexej Nawalny. Ein modernes Großraumbüro, mit Flipcharts und Postern an der Wand.
    "Willkommen in unserer Wahlkampfzentrale. Von hier aus organisieren wir die vielleicht wichtigste politische Kampagne, die es in den letzten 20 Jahren in Russland gegeben hat."
    Leonid Wolkow wie auch Alexej Nawalny treten selbstbewusst auf. Sie wissen, dass sie den russischen Staat politisch herausgefordert haben wie seit langem niemand mehr.
    Aber aller Voraussicht nach wird Wladimir Putin am 18. März erneut zum russischen Präsidenten gewählt. Für Leonid Wolkow jedoch kein Grund, die Arbeit einzustellen:
    "Macht das Korruption besser? Wird das Präsident Putin zu einem guten und besseren Menschen machen? Oder Premierminister Medwedew? Nein, ich glaube nicht. Diese Wahl ist sehr wichtig für uns, aber nur ein Teil unseres Plans, Russland besser zu machen."
    Kampf gegen die Ungleichheit in der Gesellschaft
    Nachdem immer wieder bemängelt wurde, dass Nawalnys politischer Kurs nicht klar erkennbar sei, gibt es seit Dezember ein Wahlprogramm, das der Kampagne langfristig Profil geben soll.
    Alexej Nawalny verspricht, die staatlichen Gesundheits- und Bildungsausgaben zu verdoppeln, kleine Betriebe von Steuern zu befreien und unternehmerische Initiative zu fördern. Der Mindestlohn soll auf umgerechnet 360 Euro pro Monat steigen.
    Alexej Nawalny will auch die finanzielle Ungleichheit in der Gesellschaft bekämpfen. Durch eine Steuer für Oligarchen und durch eine gerechtere Justiz. Der Kampf gegen die Korruption soll verstärkt werden:
    "Our strategy is to keep going and keep doing what we are doing."
    Ihre Strategie sei es, weiterzumachen, betont Leonid Wolkow nochmals. 2021 werden die nächsten Parlamentswahlen stattfinden.
    Helfen kann dabei das eigene Netzwerk. In mehr als 80 russischen Städten wurden Kampagnen-Büros eröffnet, hunderttausende Freiwillige haben sich registriert. Alexej Nawalny hat oft gegen den Widerstand der russischen Behörden Wahlkampfauftritte absolviert.
    Alexej Nawalny könnte Wahltag in Haft verbringen
    Kleine Schritte, die Leonid Wolkow Hoffnung auf einen Regimewechsel geben - irgendwann. Deswegen "ist es wichtig, Nawalny als politischen Führer aufzubauen. Auf den sich dann die Aufmerksamkeit richten wird."
    Alexej Nawalny ist es gelungen, dauerhaft auf der politischen Bühne mitzuspielen - wenn auch nicht in den staatlichen Medien. Er hat eine Kampagne mit modernen Botschaften auf die Beine gestellt.
    Aber er ist Einzelkämpfer, gilt als eitel. Die russische Opposition bleibt zersplittert. Die Jugend - die bei vielen Nawalny-Demonstrationen dabei war - macht nur einen kleinen Teil der Gesellschaft aus. Und immer wieder gibt es Konflikte mit der Justiz.
    Am kommenden Montag muss Alexej Nawalny vor Gericht erscheinen. Er soll wiederholt Regeln verletzt haben, die für öffentliche Versammlungen gelten. Den Wahltag wird er womöglich im Gefängnis verbringen.