Marianna Schuschka, eine alleinerziehende Mutter Mitte 30, hat's geschafft: Ihr kleiner Sohn wird ab kommendem Herbst ihre Wunsch-Schule besuchen:
"Nein, ich habe meinen Sohn nicht dort angemeldet, wo ich es eigentlich hätte tun sollen: nämlich in der Schule gleich um die Ecke, in dem Stadtviertel, indem ich wohne. Ich will, dass er anderswo eingeschult wird. Ich kenne da eine Schule mit supermoderner Ausstattung. Die haben sogar ein eigenes Schwimmbad. Aber dazu musste ich erst einmal ein paar Probleme, na, sagen wir mal, lösen."
Die junge Frau aus dem westrumänischen Temeswar macht eine Pause, lächelt verschmitzt. Denn um ihren kleinen Sohn in der Wunsch-Schule unterzubringen, hat sie ein wenig geschummelt.
"Das war ganz schon schwierig. Ich musste nämlich dazu nachweisen, dass ich meinen Wohnsitz verlegt habe – an die Adresse von Bekannten in der Nähe dieser Wunsch-Schule. Und dann ging's plötzlich mit der Anmeldung. Aber ganz ehrlich: Was soll das Ganze? Wir sind doch ein freies Land. Da muss es einer Mutter doch möglich sein, ihr Kind in der Schule anzumelden, wo sie es für richtig findet."
Das genau ist aber in Rumänien faktisch nicht mehr möglich. Die Ursache: Die Regierungsverordnung 3064/2012 des rumänischen Erziehungsministeriums. Die regelt die strikte Einhaltung des Territorialprinzips. Das heißt: Schulanfänger müssen in derjenigen Schule angemeldet werden, die dem Wohnort am nächsten liegt. Nichts Außergewöhnliches, möchte man meinen. Aber in Rumänien gilt: Schule ist nicht gleich Schule – zwischen den Grundschulen in verschiedenen Stadtvierteln bestehen riesige Unterschiede, sowohl bei der Ausstattung als auch bei der pädagogischen Ausrichtung. Und deshalb gehen manche Mütter und Väter sehr trickreich vor, um ihre Kinder in der besseren Schule ein paar Kilometer weiter weg anmelden zu können.
"Zum Beispiel den Wohnsitz der Form halber umgemeldet oder sich kurzerhand als Deutsche erklärt, damit sie Vorrang haben an den deutschen Schulen oder andere mögliche Tricks."
… weiß Michael Szellner, der selbst als Lehrer im rumänischen Arad unterrichtet. Aus Bukarest berichtet die Nachrichtenagentur zoro.ro sogar über den Fall einer kuriosen Ehescheidung: Damit eine Mutter ihr Kind an der Wunsch-Schule anmelden konnte, trennte sie sich pro forma von ihrem Mann, um sich am Wohnsitz ihrer eigenen Eltern anzumelden. Der liegt in der Nähe jener Schule, die sie sich für ihr Kind ausgeguckt hatte. Ganz besonders beliebt sind die deutschsprachigen Schulen, die ursprünglich einmal für die rumäniendeutsche Minderheit eingerichtet wurden. Nach Inkrafttreten der Neuregelung hat sich die Zahl der Anmeldungen an den deutschsprachigen Schulen in Rumänien sagenhafterweise verzehnfacht. Kein Wunder, wurde zugleich ein deutscher Sprachtest als Bedingung zur Aufnahme abgeschafft. Helene Wolff ist Rektorin der deutschsprachigen Nikolaus-Lenau-Schule in Temeswar, kennt die Hauptgründe:
"Es ist ursprünglich die Wertschätzung für das Deutsche im Allgemeinen. Andererseits ist es hier auch im Westen Rumäniens die Versicherung für die Zukunft, weil hier viele deutsche Investoren sind. Deutsche Investoren suchen Deutsch sprechende Arbeitskräfte."
Die häufig besser bezahlt werden als Jobs bei rumänischen Unternehmen. Deshalb tricksen rumänische Eltern besonders gerne, um ihre Kinder auf eine deutschsprachige Schule zu schicken – zu Recht, glaubt Lehrer Michael Szellner: Denn er hält die Regelung, wonach Erstklässler grundsätzlich in der nächstgelegenen Schule angemeldet werden, schlichtweg für verfassungswidrig:
"In der Verfassung steht nämlich, dass man die Freiheit hat, die Bildungsform und die Bildungsstätte der Kinder frei wählen zu dürfen. Und wenn jetzt die Eltern gezwungen werden, ihre Kinder in eine bestimmte Schule zu schicken, dann ist das ja ein flagranter Widerspruch gegen die verfassungsmäßigen Bestimmungen."
Vier Elterngruppen haben bereits gegen die umstrittene Regierungsverordnung geklagt, sind aber in erster Instanz vor dem Bukarester Berufungsgericht unterlegen. Wahrscheinlich werden sie bis zum rumänischen Verfassungsgericht für ihre Rechte streiten. Doch ob die Richter bis zum kommenden Herbst, dem Einschulungstermin, eine Entscheidung fällen, steht in den Sternen. Und so ist es nicht ausgeschlossen, dass im kommenden Jahr bei den Schulanmeldungen die Trickserei um die besten Schulplätze eine Neuauflage erfährt.
"Nein, ich habe meinen Sohn nicht dort angemeldet, wo ich es eigentlich hätte tun sollen: nämlich in der Schule gleich um die Ecke, in dem Stadtviertel, indem ich wohne. Ich will, dass er anderswo eingeschult wird. Ich kenne da eine Schule mit supermoderner Ausstattung. Die haben sogar ein eigenes Schwimmbad. Aber dazu musste ich erst einmal ein paar Probleme, na, sagen wir mal, lösen."
Die junge Frau aus dem westrumänischen Temeswar macht eine Pause, lächelt verschmitzt. Denn um ihren kleinen Sohn in der Wunsch-Schule unterzubringen, hat sie ein wenig geschummelt.
"Das war ganz schon schwierig. Ich musste nämlich dazu nachweisen, dass ich meinen Wohnsitz verlegt habe – an die Adresse von Bekannten in der Nähe dieser Wunsch-Schule. Und dann ging's plötzlich mit der Anmeldung. Aber ganz ehrlich: Was soll das Ganze? Wir sind doch ein freies Land. Da muss es einer Mutter doch möglich sein, ihr Kind in der Schule anzumelden, wo sie es für richtig findet."
Das genau ist aber in Rumänien faktisch nicht mehr möglich. Die Ursache: Die Regierungsverordnung 3064/2012 des rumänischen Erziehungsministeriums. Die regelt die strikte Einhaltung des Territorialprinzips. Das heißt: Schulanfänger müssen in derjenigen Schule angemeldet werden, die dem Wohnort am nächsten liegt. Nichts Außergewöhnliches, möchte man meinen. Aber in Rumänien gilt: Schule ist nicht gleich Schule – zwischen den Grundschulen in verschiedenen Stadtvierteln bestehen riesige Unterschiede, sowohl bei der Ausstattung als auch bei der pädagogischen Ausrichtung. Und deshalb gehen manche Mütter und Väter sehr trickreich vor, um ihre Kinder in der besseren Schule ein paar Kilometer weiter weg anmelden zu können.
"Zum Beispiel den Wohnsitz der Form halber umgemeldet oder sich kurzerhand als Deutsche erklärt, damit sie Vorrang haben an den deutschen Schulen oder andere mögliche Tricks."
… weiß Michael Szellner, der selbst als Lehrer im rumänischen Arad unterrichtet. Aus Bukarest berichtet die Nachrichtenagentur zoro.ro sogar über den Fall einer kuriosen Ehescheidung: Damit eine Mutter ihr Kind an der Wunsch-Schule anmelden konnte, trennte sie sich pro forma von ihrem Mann, um sich am Wohnsitz ihrer eigenen Eltern anzumelden. Der liegt in der Nähe jener Schule, die sie sich für ihr Kind ausgeguckt hatte. Ganz besonders beliebt sind die deutschsprachigen Schulen, die ursprünglich einmal für die rumäniendeutsche Minderheit eingerichtet wurden. Nach Inkrafttreten der Neuregelung hat sich die Zahl der Anmeldungen an den deutschsprachigen Schulen in Rumänien sagenhafterweise verzehnfacht. Kein Wunder, wurde zugleich ein deutscher Sprachtest als Bedingung zur Aufnahme abgeschafft. Helene Wolff ist Rektorin der deutschsprachigen Nikolaus-Lenau-Schule in Temeswar, kennt die Hauptgründe:
"Es ist ursprünglich die Wertschätzung für das Deutsche im Allgemeinen. Andererseits ist es hier auch im Westen Rumäniens die Versicherung für die Zukunft, weil hier viele deutsche Investoren sind. Deutsche Investoren suchen Deutsch sprechende Arbeitskräfte."
Die häufig besser bezahlt werden als Jobs bei rumänischen Unternehmen. Deshalb tricksen rumänische Eltern besonders gerne, um ihre Kinder auf eine deutschsprachige Schule zu schicken – zu Recht, glaubt Lehrer Michael Szellner: Denn er hält die Regelung, wonach Erstklässler grundsätzlich in der nächstgelegenen Schule angemeldet werden, schlichtweg für verfassungswidrig:
"In der Verfassung steht nämlich, dass man die Freiheit hat, die Bildungsform und die Bildungsstätte der Kinder frei wählen zu dürfen. Und wenn jetzt die Eltern gezwungen werden, ihre Kinder in eine bestimmte Schule zu schicken, dann ist das ja ein flagranter Widerspruch gegen die verfassungsmäßigen Bestimmungen."
Vier Elterngruppen haben bereits gegen die umstrittene Regierungsverordnung geklagt, sind aber in erster Instanz vor dem Bukarester Berufungsgericht unterlegen. Wahrscheinlich werden sie bis zum rumänischen Verfassungsgericht für ihre Rechte streiten. Doch ob die Richter bis zum kommenden Herbst, dem Einschulungstermin, eine Entscheidung fällen, steht in den Sternen. Und so ist es nicht ausgeschlossen, dass im kommenden Jahr bei den Schulanmeldungen die Trickserei um die besten Schulplätze eine Neuauflage erfährt.