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Schluss mit dem heimlichen App-fischen von Nutzerdaten

Manche Apps - kleine Programme auf Smartphone oder Tablet-PC - sammeln fleißig und ohne Vorwarnung Daten über den Nutzer. Damit ist Schluss: Die kalifornische Staatsanwältin Kamala Harris hat den großen App-Anbietern wie Apple und Google strenge Datenschutzregeln auferlegt.

Ursula Mense im Gespräch mit Benjamin Hammer | 23.02.2012
    Ursula Mense: Apps sind des Smartphonebesitzers größtes Glück – bisweilen jedenfalls. Wenn es ums Ausspionieren und Sammeln von Daten geht, schon weniger. Genau das machen aber die Betreiber von App-Stores wie Apple, Google, Microsoft, der Blackberry-Anbieter RIM, Hewlett-Packard und Amazon. Nun werden sie dazu verpflichtet, Nutzer zum Beispiel darüber aufzuklären, welche Daten von ihnen gesammelt werden und was damit geschieht. Die kalifornische Generalstaatsanwältin Kamala Harris verkündete eine entsprechende Vereinbarung. Was genau bedeutet diese Entscheidung nun für die Besitzer von Smartphones und Tablets? Benjamin Hammer aus unserer Verbraucher-Redaktion ist ins Studio gekommen. Zunächst mal die Frage an Sie: Was ist eigentlich das Problem mit manchen dieser Apps?

    Benjamin Hammer: Ja, das Problem, Frau Mense: Es gibt mittlerweile Hunderttausende dieser Apps, Programme – für Smartphones oder Tablet-PCs. Und das Problem dabei ist, dass bisher nicht wirklich reguliert ist, was diese Apps alles auf meinem Handy oder Tablet anstellen dürfen. Ein Beispiel: Wer sich vor ein paar Tagen das soziale Netzwerk Path installiert hat, für den war auf den ersten Blick alles in Ordnung. Die App war umsonst, die Installation ging schnell. Aber Path hat dann eine ganze Menge mit meinen Daten gemacht. Auf Smartphones hat es zum Beispiel das Adressbuch ausgelesen und diese Daten dann an einen Server von Path übermittelt. Und das Bemerkenswerte ist: Ich wurde zu keinem Zeitpunkt über diesen Vorgang informiert.

    Mittlerweile hat die Firma reagiert. Aber nach Einschätzung von vielen Beobachtern im Netz gibt es immer noch einen Haufen Programme, die ungefragt die Daten der Nutzer abgreifen.

    Und das Problem gibt übrigens auch in ähnlicher Form bei Facebook. Wenn ich mir da Mini-Programme installiere, zum Beispiel virtuelle Mafia-Kriege führe oder einen Bauernhof betreibe, dann haben diese Apps auch Zugriff auf meine Daten. Zum Beispiel auf meine Freunde, mit wem ich befreundet bin. Immerhin: Hier werde ich vorab informiert, vor der Installation, was mit meinen Daten geschieht.

    Mense: Nun hat die Staatsanwältin in den USA bei den Apps jetzt reagiert und die Betreiber der App-Stores zu mehr Datenschutz verpflichtet. Ich habe es eben schon gesagt. Was ändert sich denn jetzt?

    Hammer: In Zukunft müssen die Betreiber dafür sorgen, dass die Anbieter der Apps den Nutzer über die Folgen der Installation aufklären. Also: Was für Daten werden mit dem Programm analysiert, abgegriffen und was passiert mit diesen Daten? In manchen Fällen passiert so eine Aufklärung auch schon. Zum Beispiel bei einer der sensibelsten Informationen, die wir preisgeben. Der Frage nämlich, wo wir uns befinden. In Handys oder Tablet-PCs befindet sich ja meistens ein GPS-Empfänger. Damit kann das Gerät jederzeit herausfinden, wo ich mich befinde. Diese Information ist natürlich für viele Anbieter sehr wertvoll. Zum Beispiel, wenn ich für ein Restaurant Werbung machen will und dem Nutzer in der Nähe Restaurants vorschlagen will. Bei diesen ortsbezogenen Daten ist es heute schon so, dass ich gefragt werde: Darf die App diese Information erfahren. Und wenn ich das verneine, dann wird diese Information geblockt.

    Das Problem bei vielen anderen Apps, bei vielen anderen Informationen meines Smartphones, gibt es diese Funktion noch nicht. Da habe ich keine Chance, diese Frage zu verneinen.

    Mense: Auch das Weiße Haus hat sich in die Debatte eingemischt. US-Präsident Obama plant jetzt eine Art Grundrechte-Charta für den Datenschutz. Was hat es denn damit auf sich?

    Hammer: Ja. Grundrechte-Charta, "Bill of Rights". Das ist ziemlich pathetisch formuliert, zeigt aber auch, wie ernst man die Thematik im Weißen Haus nimmt. Verlassen wir einmal kurz die Welt von Smartphones und Tablet-PCs. Jeder Nutzer, der an einem ganz normalen Computer im Internet surft, hinterlässt dort Daten, die gespeichert werden. Das geht zum Beispiel mit den sogenannten Cookies – also einer Art Datenpaket. Diese Cookies werden auf meinem Computer gespeichert und kommunizieren dann quasi mit der Außenwelt. Und so können verschiedene Anbieter, zum Beispiel Google, ziemlich gut nachvollziehen, welche Internet-Seiten ich besuche und was ich im Internet gemacht habe. Wenn wir beim Beispiel Google bleiben. Wenn ich mich dort anmelde, dann kann Google noch viel mehr meiner Daten speichern und analysieren – meinen Kalender, meine Fotos oder meinen Aufenthaltsort rauskriegen. Und so viel Speicherwut ist wohl auch dem Weißen Haus ein Dorn im Auge. Das Problem: Es ist ziemlich kompliziert, seine digitalen Spuren wieder zu löschen. Da muss ich besondere Programme installieren, oder Cookies sehr, sehr häufig löschen.

    Und US-Präsident Obama verlangt jetzt: Mit nur einem Klick sollen Nutzer in Zukunft dieser Praxis des Datensammelns ein Riegel vorschieben können. Also im Internet surfen können mit der Gewissheit: Da wird nichts aufgezeichnet. Sieben Punkte hat Obama da aufgelistet. Zum Beispiel "Transparenz" aber auch "Sicherheit".

    Alle Regelungen des Weißen Hauses – das ist wichtig zu erwähnen– sind zunächst nur freiwillig. Die Anbieter haben aber ihre Kooperation angekündigt. Aber mal schauen, was bei einer freiwilligen Regelung am Ende rauskommt. Denn wir dürfen nicht vergessen: Die Daten von Nutzern – die sind eine ganze Menge wert.