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Sechs Frauen für eine Quote

Christina Weiss, Jana Hensel, Amelie Deuflhard, Hortensia Völckers, Gesine Schwan und Isabel Pfeiffer-Pönsgen plädieren unisono für die Förderung von Frauen in der Wirtschaft.

02.02.2011
    Karin Fischer: Seither hat sich die Position von Frauen doch ein bisschen geändert, speziell Frauen in der Kultur - überall, möchte man meinen. Doch leider, leider sieht das Bild, wenn man die Führungsetagen betrachtet, anders aus. An den Universitäten kletterte der Anteil der Professorinnen seit 1980, also in 30 Jahren, gerade mal von neun auf 18 Prozent bei einem Anteil von Absolventinnen von über 60 Prozent. Von selbst geht in Deutschland in dieser Hinsicht gar nichts.

    Wir beleben die Quotendiskussion mit einer kleinen Umfrage bei Frauen, die in der Kultur etwas zu sagen haben, und das Ergebnis ist eindeutig. Auf die Frage, brauchen wir die Quote für Führungspositionen in der Wirtschaft, antworten in dieser Reihenfolge Hortensia Völckers, Leiterin der Bundeskulturstiftung, Jana Hensel, Schriftstellerin, Christina Weiss, Publizistin und ehemalige Staatsministerin für Kultur, Amelie Deuflhard, Chefin auf Kampnagel in Hamburg, und Gesine Schwan, Präsidentin der Humboldt-Viadrina School of Governance.

    Hortensia Völckers: Wir brauchen unbedingt eine Frauenquote für die Wirtschaft.

    Jana Hensel: Ja, natürlich bin ich für die Frauenquote.

    Christina Weiss: Wir brauchen sie. Es scheint nicht ohne zu gehen.

    Amelie Deuflhard: Die freiwilligen Vereinbarungen haben ja überhaupt nichts gebracht in der Wirtschaft seit zehn Jahren. Insofern würde ich heute sagen, ja, wir brauchen sie und auch möglichst rasch.

    Gesine Schwan: Ich war früher eine Quotengegnerin, habe aber festgestellt, dass wir das brauchen, um wirklich Veränderungen durchzuführen. Dass Frauen qualifiziert sind, ist gar keine Frage, stellt auch niemand in Frage, und deswegen können Frauen auch durch Quoten gar nicht mehr diskreditiert werden.

    Fischer: Aber warum brauchen wir die Quote? Warum haben es die Frauen in Führungspositionen immer noch so schwer? – Wir hören Hortensia Völckers, Christina Weiss und Isabel Pfeiffer-Pönsgen.

    Hortensia Völckers: Frauen haben es schwer, weil sie von den Netzwerken von Direktoren, die viel Zeit meinetwegen in Beiräten und in Gremien verbringen, eben selten Frauen vorschlagen, und das ist das Problem. Insofern erreicht man nicht so oft eine Führungsposition, wie es bei Männern ist.

    Christina Weiss: Das Problem ist, dass die Motivation der Frauen sehr, sehr gering gehalten wird, und zwar vonseiten der Männer. Wir sehen das ja, wir sehen die Besetzung der Führungspositionen. Es ist zu wenig und es wird offensichtlich auch viel zu wenig darauf geachtet, nach Frauen zu suchen und diese Frauen dann aber auch zu halten.

    Isabel Pfeiffer-Pönsgen: Es gibt ja längst Studien, dass gemischte Teams erfolgreicher arbeiten als reine Männerteams. Das wissen wir ja alle. Frauen haben ein bisschen anderes Sozialverhalten und gehen manche Dinge anders oder auch entspannter an und sind kommunikationsstark. Ich glaube, da könnte in der Wirtschaft vielleicht auch unter vielen Aspekten so ein bisschen Steifheit abgebaut werden. Und dass Frauen genau so gut sind wie Männer, ich glaube, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren, das wissen alle.

    Fischer: Und wie sieht die Situation eigentlich im Kulturbereich aus? – Antworten von Amelie Deuflhard, Hortensia Völckers, Isabel Pfeiffer-Pönsgen und Jana Hensel.

    Amelie Deuflhard: Theater ist schon auch eine Männerdomäne, muss man sagen, vor allem im Bereich der Intendanzen. Aber immerhin lockert sich das ein bisschen seit ein paar Jahren. Aber für%e würde ich da auch nicht meine Hand ins Feuer legen. Ich glaube nicht, dass mehr als 10 Prozent in Deutschland der Theaterintendanten weiblich sind.

    Hortensia Völckers: Mein Berufsweg ist nur von Frauen bestimmt gewesen, ausschließlich. Mich hat noch nie für eine Position ein Mann vorgeschlagen. Jetzt wird man dauernd vorgeschlagen von Männern, aber da bleibt denen ja auch nichts anderes übrig. Das ist auch gar nicht boshaft, sondern das ist einfach, das ist so der Club.

    Isabel Pfeiffer-Pönsgen: Wenn ich jetzt meinen Blick mal hier auf die Berliner Situation lenke, dann, finde ich, ist es auch noch ziemlich männerdominiert, da müsste sich auch mal was ändern.

    Jana Hensel: Wenn wir uns die Institutionen angucken, dann sehen wir auch da immer noch ein männlich dominiertes Denkmuster. Schauen Sie sich mal eine "FAZ"-Buchmessenbeilage an und zählen Sie mal aus, wie viele weibliche Kritikerinnen dort schreiben und wie viele Bücher von weiblichen Autorinnen dort besprochen werden. Also je näher man hinguckt, desto stärker stellt man fest, dass es eigentlich auch in der Kultur nicht anders ist als in anderen Bereichen.

    Fischer: Da ergibt sich ein klares Bild in "Kultur heute" zur Frage der Quote, aber Angela Merkel muss ja auch Rücksicht nehmen auf die sogenannten Parteifreunde, und die sind immer noch männlich.