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Singen wie die Delfine

Technik. – Die Bionik, die Konstruktion nach dem Vorbild der Natur, hält auch Einzug in die Kommunikationstechnik. Ein Berliner Ingenieur hat ein Unterwasserkommunikationssystem entwickelt, das sich am Vorbild der Delfine orientiert. Damit könnten etwa die Sensoren des deutschen Tsunami-Warnsystems im Indischen Ozean an die Transmitterstationen angebunden werden.

Von Michael Fuhs | 31.10.2005
    Ein Tag im Frühjahr, einige Kilometer vor Norwegens Küste. Der Himmel ist strahlend blau und das Meer ist ruhig. Das unbemannte Mini U-Boot Hugin wird in das Wasser gelassen. Es soll den Meeresboden vermessen. Funkkontakt konnten solche autonomen Unterwasserfahrzeuge bisher allerdings nicht halten. Denn im Salzwasser breiten sich die elektromagnetischen Signale nur schlecht aus, sagt Rudolf Bannasch, der bei der Berliner Firma Evologics Geräte zur Unterwasserkommunikation entwickelt. Deshalb kann man sich unter Wasser mit elektromagnetischen Wellen nicht verständigen:

    "Auf kurze Distanzen benutzt man Schallsignale, aber bisher begrenzt auf die Möglichkeiten, Sprache zu übertragen. Schwierig wird es vor allem, wenn man maschinenlesbare Daten übertragen will, Faxe, oder elektronische Daten."

    Das Problem mit den Schallwellen ist das Echo. Die Signale werden am Meeresboden, an der Wasseroberfläche und an Hindernissen im Wasser reflektiert. Dadurch wird ein Signal im Empfänger mehrmals hintereinander empfangen. Es kommt zu einem Nachhall, so wie man es aus einer Schlucht kennt, wenn man gegen eine Felswand ruft. In dem Wellensalat geht dann die Information verloren. Bannasch:

    "Und dann kam die Idee. Unsere Delphine, wir hatten ein Delphinforschungsprogramm damals laufen im Schwarzen Meer, in Sewastopol, im Ozeanarium, unsere Delphine können auch im Becken kommunizieren, die können sich auch verständigen unter den kompliziertesten Bedingungen. Was machen die anders?"

    Erstens benutzen die Delphine sehr hohe Frequenzen. Damit man die Töne hört, muss man sie etwa fünf Mal langsamer abspielen als sie aufgenommen werden. Dann hört sich das so an. Man hört hier zwei Komponenten: Mit den Knacksignalen orten die Delphine ihre Beute. Den störenden Nachhall bei der Verständigung mit ihren Artgenossen bekommen sie mit dem sirenenförmigen Pfeifen in den Griff, so Rudolf Bannaschs These:

    "Für uns ist eigentlich interessant diese Pfeifbewegung, dass er nicht wie im klassischen Sinne mit einem monotonalen Signal rangeht. Da meinten die Biologen bisher, dass dies die Informationen vor allen Dingen transportieren würde. Aber gleichzeitig behandeln sie damit auch die physikalischen Probleme. Sie lösen die, indem sie die Frequenzen ständig ändern. Wenn die Nachhall-Komponenten kommen, sind sie mit ihrem eigentlichen Informationssignal schon wieder in einem anderen Frequenzbereich, und damit kann man diese Störung ausblenden."

    Die Methode funktionierte auch bei Rudolf Bannaschs Unterwassermodem, das er mit seinen Kooperationspartnern aus Sewastopol entwickelt hat. Die hat er per Green Card in das kleine Berliner Elektroniklabor geholt. Dort löten sie an Platinen oder programmieren Computer. In einer Ecke steht ein fertiges Modem: in einem wasserdichten, handbreiten Titanrohr, etwa ein Meter lang, sind Elektronik und Batterien untergebracht. An einem Kabel hängt ein kleinerer Zylinder: das ist Unterwasserlautsprecher und Unterwassermikrofon in einem. Wenn gesendet wird, prägt das Gerät die Information einem Trägerton auf, dessen Frequenz nach einem Schema variiert wird, das der Empfänger kennt. Wenn der störende Nachhall kommt, hat das eigentliche Signal schon eine andere Frequenz und kann so herausgefiltert werden. Im Frühjahr zeigte der Test in dem norwegischen Vermessungs- U-Boot, dass die Idee sehr gut funktioniert. Bannasch:

    "Dieses Fahrzeug überträgt jetzt mit unserem Modem zum ersten Mal die Vermessungsdaten, direkt zum Mutterschiff. Das hat es bisher noch nicht gegeben."

    Mit dem Unterwassermodem können über 30 Kilobit pro Sekunde Daten etwa einen Kilometer weit übertragen werden. Das ist ungefähr die Kapazität eines Telefonmodems für Computer und reicht, um autonome Roboter zu steuern. Ein anderes Modem, das etwas langsamer ist, dafür aber sechs Kilometer weit reicht, wird für das geplante Tsunami-Warnsystem getestet. Es könnte die Messwerte der Erdbebensensoren auf dem Meeresboden zu den Bojen an der Wasseroberfläche übertragen.