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Strommanager spart Kosten

Der Strompreis an den Energiebörsen ist nachts oder bei viel Wind billiger als am frühen Morgen oder bei Flaute. Davon bekommt der Verbraucher in der Regel nichts mit: Er zahlt immer denselben Preis. Dabei ließe sich nach Expertenansicht viel Geld und Energie sparen, wenn diese variablen Strompreise beim Verbraucher ankommen würden. Dann kann er nämlich selbst entscheiden, wann er Strom verbraucht. Wie das funktionieren könnte, haben Kassler Forscher untersucht.

Moderation: Monika Seynsche |
    Monika Seynche: Sie haben Testhaushalte mit einem Kasten ausgestattet, er den Stromverbrauch abhängig vom tatsächlichen Strompreis reguliert. Christian Bendel vom Institut für solare Energieversorgungstechnik ist Leiter des Projekts. Ich habe ihn gefragt, ob ich mir das so vorstellen kann, dass alle Lichter im Haus ausgehen, wenn der Strompreis in die Höhe schnellt?

    Christian Bendel: Nein, natürlich muss man sich das so nicht vorstellen und man kann es sich auch nicht so vorstellen. Weil es würde natürlich dann die Lebensqualität erheblich reduzieren. Wir müssen davon ausgehen, dass man von der Energiebörse in Leipzig einen variablen Tarif bekommt. Dieser variable Tarif wird dann über den entsprechenden Stromhändler weiter geleitet an zum Beispiel einen privaten Kunden, einen Verbraucher, der entsprechend Geräte in seinem Haushalt hat. Das können Küchengeräte sein, das können Waschgeräte sein - jedenfalls normale Haushaltsgeräte. Und er kann natürlich auch in seinem Haushalt eine Photovoltaikanlage haben oder ganz neu sogenannte Kraftwärmekopplungsanlagen. Das sind Anlagen, mit denen kann man Storm erzeugen und gleichzeitig Wärme für das Haus. Und mit diesem Tarif kann man jetzt folgendes Management durchführen: Immer wenn der Strompreis niedrig ist, versuche ich dann meine Verbraucher zu nutzen. Das heißt, ich stelle die Waschmaschine an, und die kann dann entsprechend waschen oder der Geschirrspüler. Und die können ja auch aufgeladen werden oder bestückt werden unabhängig davon, ob ich gleich waschen will oder nicht. Ich kann also zu jedem Zeitpunkt dann über den Strompreis diese Geräte zuschalten. Wenn sie aber zugeschaltet sind, dann führen sie natürlich ihre Arbeit auch zu Ende. Anders: Der Strompreis ist sehr teuer. Dann würde ich meine entsprechenden Verbraucher reduzieren, aber nicht so, dass ich das Licht ausmache, sondern nur so reduzieren, dass ich nicht so viel verbrauche, weil das kostet ja dann letzten Endes mein Geld. Und ich würde zum Beispiel solche Stromerzeuger - wie KWK-Anlagen, Kraftwärmekopplungsanlagen -, da würde ich dann diesen Strom verkaufen,. und zwar sehr viel teurer verkaufen, als den Strom, den ich bezogen habe. Und auf diese Weise kann ich natürlich mich mit beteiligen an den neuen Netzmöglichkeiten, die das Netz bietet, nämlich dass ich auch meinen Strom öffentlich anbiete.

    Seynche: Was haben Sie denn für Ergebnisse erzielt?

    Bendel: Wir sind in der Auswertung des Projektes, im Detail. Wir haben noch nicht die Effekte erzielt, die wir uns vorgestellt haben. Aber wir konnten feststellen: Wir können einsparen, und zwar nicht nur, dass wir nicht so viel Energie verbrauchen haben, sondern wir können auch einsparen zum Beispiel Netzübertragungskosten und ähnliches, die wir im Moment noch gar nicht berücksichtigt haben. Es war ein erster Versuch, ein erster Schnupperversuch. Unsere Projektpartner waren erstaunt, dass wir schon soweit gekommen sind mit diesem Forschungsprojekt, welches heute noch nicht zum Einsatz kommen kann, weil wir heute noch keine variablen Tarife haben. Das Ganze wird erst dann richtig zum Tragen kommen, wenn wir bundesweit variable Tarife haben. Das heißt, dass wir wirklich dann durch die Intelligenz unserer Energieversorgungstechnik auch in kleinen Häusern, aber auch in Großmärkten oder Industriebetrieben, wenn wir das dann entsprechend intelligent managen können.

    Seynche: Haben Sie denn schon Reaktionen von Stromversorgern bekommen? Ich könnte mir vorstellen, dass die gar nicht so begeistert davon sind, weniger Strom zu verkaufen?

    Bendel: Ja, es ist unterschiedlich. Die ganz großen Stromkonzerne sehen das natürlich mit sehr viel Interesse. Wie man das Interesse deuten kann, das ist unterschiedlich. Die wissen natürlich, dass sie nicht mehr soviel Strom verkaufen können, das ist richtig. Aber auf der anderen Seite ist es natürlich so: Sie bekommen jetzt plötzlich ein Mittel in die Hand, nämlich die Energieerzeugung im Niederspannungsnetz - da wo die vielen Verbraucher sitzen -, und die können dann auf dieses Potenzial zurückgreifen. Auf Deutsch gesagt: Sie brauchen keinen teuren Strom mehr für Spitzenlast einkaufen, wenn man diese vielen kleinen Erzeuger sinnvoll gemanagt nutzen kann.

    Die kleinen, mittelständischen oder städtischen Werke oder kleinen Energieversorgungsunternehmen, die sehen natürlich einen großen Vorteil darin, weil sie dann nicht mehr soviel Strom zukaufen brauchen, der ja auch entsprechend kostet, und sie können dann wesentlich mehr regenerativen Strom in ihren Netzen einsetzen und verkaufen. Und sie haben eine unwahrscheinlich hohe Reflektivität durch die Bevölkerung, die gerne jetzt auch natürlich Ökostrom kauft, der nicht teurer sein muss als der bisherige Strom.