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"Studieren in Fernost"

Während die Hochschulen in Westdeutschland aus allen Nähten platzen, suchen ostdeutsche Universitäten verzweifelt nach ausreichend Studienanfängern. Mit einer neuen Werbekampagne im Internet - unter dem Motto "Studieren in Fernost" - sollen Abiturienten für ein Studium in Rostock, Halle oder Potsdam begeistert werden.

Von Claudia van Laak | 02.04.2009
    "Wie weit musst du gehen, um deine wahre Berufung zu finden. 'Gang und Dong Pictures' presents: 'Studieren in Fernost.'"

    Zehn Millionen Euro kostet sie, die Werbekampagne, die sich die Agentur "Scholz & Friends" ausgedacht hat. Keine Plakate, keine Zeitungsanzeigen, keine Kinospots - "Studieren in Fernost" setzt einzig und allein auf das Internet.

    Die Geschichte: Zwei schräge, schrille Chinesen - Gang und Dong - stellen in kleinen Videospots alle 44 Fachhochschulen und Universitäten in den neuen Bundesländern vor. Abiturienten können Kriterien für ihre Hochschulwahl angeben, die Suchmaschine liefert ihnen den passenden Standort, den Spot und die Links dazu.

    "Zwei Männer, fünf neue Bundesländer, 44 Hochschulen, eine Mission: Die passende Hochschule für dich zu finden. Der Soundtrack des Jahres und ganz viel Gefühl."

    "Im ersten Moment etwas unverständlich, aber sehr witzig und für die Zielgruppe geeignet","

    sagt Brandenburgs CDU-Wissenschaftsministerin Johanna Wanka, nachdem sie sich zum ersten Mal den Werbespot im Internet angesehen hat. Schnelle Schnitte, rasante Kamerafahrten und Klamauk: Nichts für die 57-jährige Mathematikerin - aber für sie ist die Werbekampagne ja auch nicht gemacht.

    ""Also ich denke, da haben Leute, die sich mit Werbemechanismen und Wirkung beschäftigen, genau überlegt und entschieden, hier zu klotzen und damit auch Wirkung zu erzielen. Auf Landesebene gelten andere Regularien und wir haben es anders versucht. Aber ich glaube schon, dass wir über diese Medien die erreichen, die ansonsten von uns nicht zu erreichen sind."

    Brandenburg hat eine eigene, bescheidene, vergleichsweise konventionelle Kampagne gestartet. 100.000 Euro im Jahr gibt das Wissenschaftsministerium für Plakate, Bierdeckel und eine Internetseite aus, um Berliner Abiturienten ins Brandenburger Umland zu locken. Eine gemeinsame Ost-Kampagne hält Johanna Wanka zusätzlich für notwendig.

    "Also ich bin ganz sicher, dass wir als neue Bundesländer insgesamt mit so einer Kampagne eine andere Sichtbarkeit haben - und dass da auch ein Stück Solidarität dabei ist. Dass wir also mit unseren Vorzügen, die wir gemeinsam haben, auch gemeinsam auftreten - und es ganz stark darauf ankommt, dass die neuen Studienplätze, die wir aufgebaut haben, dann, wenn wir viel zu wenig eigene Leute haben, auch genutzt werden. Und ob das in Rostock ist oder in Halle oder in Potsdam, das ist erst einmal zweitrangig."

    Mehr Abiturienten wandern von Ost nach West als von West nach Ost - nur drei Prozent aller Studienanfänger nehmen nach Erwerb ihrer Hochschulreife in Westdeutschland ein Studium in Ostdeutschland auf.

    Doch wie diesen Trend umkehren? Ein Argument für das Studium in Ostdeutschland sind die fehlenden Studiengebühren. Andere sind gut ausgestattete Hochschulen, ein vergleichsweise gutes Betreuungsverhältnis, bezahlbare Wohnungen, niedrige Lebenshaltungskosten.

    Bei der Werbekampagne "Studieren in Fernost" geht es zunächst einmal darum, Aufmerksamkeit zu wecken für eine weitgehend unbekannte Region. Das Imageproblem ist groß: Selbst ostdeutsche Abiturienten ziehen in vielen Fällen westdeutsche Hochschulen vor - trotz der guten Studienbedingungen im Osten und der im Westen vielerorts erhobenen Studiengebühren.

    In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Abwanderungen von Ost nach West verdreifacht - besonders junge Frauen zieht es zum Studium in den Westen. Der "Fern-Ost" könnte die "Nah-Ost"-Kampagne folgen.

    Weitere Informationen:

    www.studieren-in-fernost.de
    Studieren-in-fernost.de im Praxistest