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Super Tuesday in den USA
Wie die Kandidaten um Afroamerikaner buhlen

In den Südstaaten machen Afroamerikaner 30 bis 35 Prozent der Bevölkerung aus. Damit könnten ihre Stimmen am kommenden Super Tuesday wahlentscheidend sein und so manchem Präsidentschaftsbewerber einen Strich durch die Rechnung machen. Vor allem die Demokraten müssen die Klientel ansprechen.

Von Katja Ridderbusch | 27.02.2016
    Schwarze Amerikanerinnen in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia mit Stars-and-Stripes-Zylindern und Nationalflaggen
    Schwarze Amerikanerinnen in Atlanta mit Stars-and-Stripes-Zylindern und Nationalflaggen (imago / Siering)
    Die Vorwahlen in den USA gehen in die heiße politische Phase und ziehen geografisch gen Süden. Zugleich nehmen die Kandidaten der Demokraten und Republikaner eine zentrale Wählergruppe ins Visier: die Afroamerikaner.
    Afroamerikaner machen zwar nur 13 Prozent der gesamten amerikanischen Bevölkerung aus. Doch in den Südstaaten liegt ihr Anteil höher, bei 30 bis 35 Prozent. Hier könnten die Stimmen der Schwarzen wahlentscheidend sein, sagt Andra Gillespie, Politikwissenschaftlerin an der Emory-Universität in Atlanta im Bundesstaat Georgia:
    "In the Southern states, especially the Super Tuesday primary states like Georgia and Alabama, you have to win the African American vote in order to win the primary."
    Deshalb sei es so wichtig für die Kandidaten, afroamerikanische Wähler anzusprechen.
    "That’s part of the reason why it has become so important to pay attention to the African American vote."
    Afroamerikaner wählen traditionell demokratisch
    Für die Demokraten wichtiger als für die Republikaner, denn: Afroamerikaner haben bisher traditionell mit großer Mehrheit demokratisch gewählt. Alle Umfragen deuten außerdem darauf hin, dass Hillary Clinton am Dienstag die Mehrheit der schwarzen Stimmen holen wird.
    "Hillary Clinton has an advantage in terms of name recognition. She has been someone who’s got a household name for almost 25 years."
    Clinton sei ein bekannter Name in der Politik seit mehr als 25 Jahren, sagt Gillespie. Hillary Clinton stehe für Kontinuität – und profitiere vom Ruf ihres Mannes. Der war als Präsident wegen seiner Wirtschaftspolitik bei Afroamerikanern besonders populär.
    Hillary Clintons Konkurrent Bernie Sanders dagegen sei – zumindest aus Sicht vieler Südstaatler – ein weitgehend Unbekannter, ein Senator aus Vermont, einem Teil der Vereinigten Staaten mit einem sehr geringen afroamerikanischen Bevölkerungsanteil.
    "... from a part of the country where the African American population is in fact very, very small."
    Tatsächlich könne Sanders – selbst ernannter Sozialist aus dem linken Lager der Demokraten – bei Schwarzen nur schwer punkten. Denn die seien in ihrer Mehrheit wertkonservativ, sagt Ashley Bell, afroamerikanischer Anwalt in Atlanta und Mitglied der Republikanischen Partei.
    Sanders konnte schwarze Kirchenführer nicht gewinnen
    Wer im tiefen Süden Wahlen gewinnen wolle, sagt er, der brauche die Unterstützung der Kirchen. Und Bernie Sanders sei es, anders als Hillary Clinton, eben nicht gelungen, die schwarzen Kirchenführer für sich einzuspannen.
    Doch auch Bell räumt ein: Republikanische Kandidaten können noch so viel durch die Kirchen ziehen – bei schwarzen Wählern haben sie kaum Chancen. Ein Grund: Die Themenfelder, die besonders wichtig für Afroamerikaner sind, werden traditionell stärker von den Demokraten bespielt.
    Wie zum Beispiel eine Reform der Polizei und des Strafvollzugs. Immer wieder haben in den vergangenen Jahren willkürliche Gewaltakte weißer Polizisten gegen Schwarze für Schlagzeilen gesorgt. 60 Prozent aller männlichen Gefängnisinsassen in den USA sind Afroamerikaner. Die meisten sitzen wegen Drogendelikten ein.
    Zweites wichtiges Themenfeld: das Gesundheitswesen. Viele Afroamerikaner, deren Durchschnittseinkommen deutlich unter dem der Weißen liegt, profitieren von "Obamacare", der Gesundheitsreform des Präsidenten. Einige republikanische Kandidaten wie der Immobilienmogul Donald Trump haben bereits lautstark verkündet, dieses Gesetz wieder aufheben zu wollen.
    "We have a disaster, a big lie called Obamacare."
    Republikaner versuchen Minderheiten anzusprechen
    Nicht nur die Stimmen der Afroamerikaner, sondern auch die Stimmen der anderen ethnischen Minderheiten – der Latinos und Asiaten – dürften am kommenden Dienstag klar an die Demokraten gehen, sagt Gillespie. Auch wenn einige Republikaner zuletzt immer stärker versucht haben, Minderheiten anzusprechen:
    "The Republican Party is in a very difficult position, and they are trying to reach out to diverse communities."
    Marco Rubio, republikanischer Senator aus Florida und Sohn kubanischer Einwanderer, ist einer jener Republikaner, der sich gezielt an Minderheiten richtet, für Chancengleichheit plädiert.
    Anwalt Ashley Bell ist überzeugt: Ein Kandidat wie Rubio, der sich als das neue, das unverbrauchte Gesicht der Republikanischen Partei präsentiert, habe eine realistische Chance, langfristig mehr afroamerikanische Wähler anzuziehen:
    Weil er unbelastet von der Politik der 60er und 70er Jahre sei, sagt Bell. Weil er nicht erklären müsse, auf welcher Seite er während der Bürgerrechtsproteste gekämpft habe. Weil er auf integrierte Schulen gegangen sei - ein junger, ein moderner Kandidat eben.
    Andra Gillespie ist skeptisch. Denn: Republikaner wie Donald Trump, die gegen Mexikaner und Muslime wettern, verschreckten Minderheiten nachhaltig und auf lange Zeit.
    "I would not make the assumption that just because a Republican candidate can produce a diverse set of supporters that it’s going to translate into any significant gains among African American voters."
    Nur weil ein Kandidat Anhänger verschiedener ethnischer Gruppen habe, heiße das nicht, dass er am Ende auch mehr schwarze Wählerstimmen bekomme.
    Deshalb werde es noch viele Urnengänge brauchen, bis Afroamerikaner und andere Minderheiten im Land ihr Wahlverhalten änderten. Für den kommenden Super Tuesday erwartet Andra Gillespie jedenfalls: Im Süden nichts Neues.