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Synthetischer Treibstoff
Die Suche nach der Diesel-Alternative

Die Suche nach sauberen Alternativen zum Diesel läuft auf Hochtouren. Besonders unter den synthetischen Kraftstoffen - den sogenannten OMEs - befinden sich vielversprechende Kandidaten. Diese hätten den Vorteil, dass man sie dem Diesel beimischen könne, sagte André Bardow von der RWTH Aachen im Dlf.

André Bardow im Gespräch mit Arndt Reuning | 27.02.2018
    Abgase strömen aus dem Auspuff eines Fahrzeuges mit Dieselmotor, aufgenommen bei Saarbrücken (Saarland) am 03.08.2017.
    Abgase strömen aus dem Auspuff eines Fahrzeuges mit Dieselmotor. (dpa/Daniel Karmann)
    Arndt Reuning: Dieselmotoren stoßen Feinstaub und Stickoxide aus. Zum Teil liegt das am Verbrennungsprozess selbst, zum Teil aber auch am Treibstoff, einem inhomogenen Gemisch aus Kohlenwasserstoffen. Im Moment läuft die Suche nach sauberen Alternativen auf Hochtouren. Ein vielversprechender Kandidat ist die Substanzklasse der Oxymethylenether, kurz OME. Das sind synthetische Treibstoffe, die mit Hilfe von erneuerbaren Energien hergestellt werden können. Mit ihnen beschäftigt sich André Bardow von der RWTH Aachen. Vor der Sendung wollte ich von ihm wissen, ob sich mit diesen OME die Emissionen von Dieselfahrzeugen senken lassen.
    André Bardow: Ja, genau das leisten die OMEs, wie ich sie nenne. Durch OMEs lassen sich die Emissionen erheblich reduzieren, und genau das haben wir untersucht und quantifiziert.
    "Ich kann wirklich gleichzeitig beides reduzieren"
    Reuning: Woran liegt das, dass diese künstlichen Treibstoffe so sehr viel sauberer sind als der industrielle Diesel?
    Bardow: Das liegt im Prinzip an der molekularen Struktur der künstlichen Kraftstoffe, und die wesentliche Eigenschaft, die sie unterscheidet, ist, dass mehr Sauerstoff im Molekül gebunden ist. Und Sauerstoff brauche ich für die Verbrennung. Nun hat plötzlich mein Brennstoff schon Sauerstoff drin. Dadurch ändert sich die Verbrennung, und dadurch auch die Schadstoffbildung, und in dem Fall führt das dazu, dass ich weniger Emissionen habe.
    Reuning: Auch weniger Emissionen von Stickoxiden?
    Bardow: Jain. Das ist im Prinzip ein sekundärer Effekt. Als Erstes bildet sich durch den Sauerstoff weniger Ruß, und durch den Ruß kann ich die Verbrennung verändern, und dadurch bilden sich auch weniger Stickoxide.
    Reuning: Das heißt, man kann ja Dieselmotoren auf bestimmte Eigenschaften hin optimieren. In den vergangenen Jahren hat man stark auf die Emission von CO2 geschaut, Treibhausgas, aber eben auch auf den Feinstaub. Im Moment stehen die Stickoxide im Mittelpunkt. Aber man kann da ein bisschen was drehen, habe ich das richtig verstanden?
    Bardow: Genau. Der klassische Diesel, da haben Sie ein Trade-off zwischen entweder Feinstaub oder Stickoxiden. Im Prinzip haben Sie eine Waage, und Sie müssen immer schauen, wie Sie die ausbalancieren. Reduzieren Sie das eine, geht das andere automatisch hoch. Und genau diese Waage gibt es im Prinzip bei den anderen Kraftstoffen nicht mehr. Das heißt, ich kann wirklich gleichzeitig beides reduzieren.
    "Sie werden nicht mehr so weit kommen"
    Reuning: Wie schaut das aus ganz praktisch? Lässt sich denn dieser Treibstoff einfach an Stelle von Diesel in den Tank füllen?
    Bardow: Solche Untersuchungen haben wir gemacht. Im Prinzip funktioniert das. Das heißt, wir haben, oder richtig gesagt, meine Kollegen an der RWTH bei den Verbrennungskraftmaschinen haben solche Untersuchungen gemacht und in Motoren diese OMEs oder auch Mischungen von OMEs mit Diesel vermessen und nachgewiesen, dass wir die Effizienz des Motors erhalten und gleichzeitig die Emissionen reduzieren. Was noch aussteht, ist im Prinzip – und die Untersuchungen laufen jetzt –, wie wirkt sich das auf die gesamte Kraftstoffkette aus? Denn es reicht ja nicht, dass ein Kraftstoff im Motor funktioniert, sondern wir müssen wirklich dran denken, wie sieht es mit allen Zuleitungen aus, wie sieht es mit den Pumpen aus? Wie sieht es mit den Tankstellen aus? Kann ich da einfach den Kraftstoff austauschen, oder muss ich da auch Veränderungen vornehmen?
    Reuning: Und vor allem auch, wie sieht es aus mit der Energiedichte? Komme ich mit einer Tankfüllung OME genauso weit mit Diesel?
    Bardow: Nein, das wird nicht so sein. Durch die veränderte Molekülstruktur, was ich gesagt habe, ist die Energiedichte einfach auch naturgemäß geringer. Das heißt, Sie werden nicht mehr so weit kommen.
    Reuning: Die Bestandteile des Diesels kommen ja direkt aus der Raffinerie. Die Fraktionen fallen dort sowieso an, wenn Rohöl verarbeitet wird. Wie aufwendig ist es denn, diesen synthetischen Treibstoff herzustellen?
    Bardow: Da gibt es unterschiedliche Routen. Im Prinzip kann ich auch diese OMEs fossil herstellen, das ist ein Weg. Dann sind es schon mehrere chemische Umwandlungsschritte, die wir machen müssen. Wie Sie richtig gesagt haben, im Prinzip hole ich Rohöl aus der Erde und muss es nur aufteilen. Hier müssen wir chemische Reaktionen ablaufen lassen und dann die einzelnen Fraktionen aufteilen. Was wir uns im Speziellen auch noch angeguckt haben, und meine Kollegen in der Chemie in Aachen entwickelt haben, sind Wege, OMEs herzustellen in einem geschlossenen Kohlenstoffkreislauf. Das heißt, dass Sie im Prinzip bei der Verbrennung entstehendes CO2 nehmen und daraus wieder den neuen Kraftstoff herstellen. Das ist technisch möglich, aber man kann auch nicht verschweigen, das ist durchaus aufwendig.
    "Es gibt Kraftstoffe, die den Kohlenstoffkreislauf schließen"
    Reuning: Ja. Dieser Treibstoff ist dann ja sozusagen nur ein Gefäß auch für die Energie. Also um ihn zu erzeugen, muss Energie erst einmal reingesteckt werden, die dann später bei der Verbrennung im Motor wieder frei wird. Woher soll bei diesem Prozess denn die Energie kommen?
    Bardow: Diese Energie sollte aus erneuerbaren Energien kommen, das heißt, Wind- oder Sonnenenergie wandeln wir in Strom um, der Strom wird in Wasserstoff umgewandelt. Wasserstoff ist leider schlecht zu speichern, hat eine niedrige Energiedichte, von daher reagieren wir diesen Wasserstoff weiter mit Kohlenstoffdioxid und erhalten schlussendlich die OMEs.
    Reuning: Was ist Ihre Prognose? Werden diese synthetischen Kraftstoffe Diesel ersetzen können?
    Bardow: Ich glaube, wir müssen an der Stelle die Kette noch durchdenken. Ich weiß nicht, ob es die OMEs werden. Was die OMEs, einen großen Vorteil bilden, den wir rausgestellt haben, ist, dass es schon bringt, wenn ich den Diesel mit den OMEs ergänze. Das heißt, ich füge ein bisschen OMEs dem Diesel hinzu, und plötzlich sinken die Emissionen rapide. Und das halte ich für eine sehr spannende Option, weil dadurch haben wir viele von den Punkten, die ich angesprochen habe, Materialverträglichkeit und so, kann ich erheblich reduzieren und die Infrastruktur, wenn ich nur wenig OMEs dazugebe. Aber im Prinzip, was für uns als Forscher im Moment spannend ist, dass wir erst mal die Option aufgezeigt haben. Es gibt Kraftstoffe, die den Kohlenstoffkreislauf schließen. Das heißt, Sie haben die Chance, das CO2-Problem in den Griff zu bekommen und gleichzeitig die Emissionen in den Griff zu bekommen. Die OMEs sind spannend. Man sieht aber schon erste Materialunverträglichkeiten, von daher suchen wir weiter und haben natürlich große Hoffnung, dass man einen Kraftstoff finden wird.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.