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Textilunternehmer verweigern EEG-Umlage

An den Ökostrom ist eine Umlage zur Förderung der Energie aus Erneuerbaren gekoppelt, Stichwort EEG. Hohe Steuern und Abgaben führen dazu, dass Deutschland die zweithöchsten Strompreise in Europa hat. Und das ist nicht nur dem EU-Energiekommissar, sondern auch der Textilbranche ein Dorn im Auge.

Von Dieter Nürnberger | 14.08.2012
    Der Weg, den der Gesamtverband der deutschen Textil und Modeindustrie einschlagen will, der wird nun immer konkreter. Bislang haben drei Mitgliedsunternehmen die Zahlung der EEG-Umlage eingestellt – und der Verband will nun mit drei Musterklagen die Rechtmäßigkeit der Umlage grundsätzlich überprüfen lassen. Die Argumente seitens des Verbandes betreffen vor allem die hohen Kosten, wobei man aber erst einmal ganz ausdrücklich betont, dass sich dieser Schritt nicht gegen die politisch verabredete und gewollte Energiewende in Deutschland richte. Wolf-Rüdiger Baumann, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Textilverbandes:

    "Wir halten die Energiewende für richtig. Wir halten aber das durchgeführte System für ein planwirtschaftliches. Die Verbraucher zahlen dafür, dass die Hersteller von Solarenergie oder auch Windkraft entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Es sind in diesem Jahr rund 16,9 Milliarden Euro, die an Subventionen aus der einen in die andere Tasche fließen. Kumuliert – da diese Zusagen ja auf 20 Jahre gegeben worden sind – sind dies inzwischen rund 200 Milliarden Euro, die da aufgelaufen sind."

    Die EEG-Umlage muss bekanntlich ja jeder Stromkunde zahlen, auch die Industrie. Es sei denn, die Betriebe wurden als besonders energieintensiv eingestuft – dann sind sie bei einigen Posten davon befreit. Derzeit sind dies knapp 600 Unternehmen in Deutschland, beispielsweise auch Unternehmen der Aluminiumindustrie.

    Ein Durchschnittshaushalt mit vier Personen zahlt gegenwärtig rund 125 Euro im Jahr. Rund 3,6 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde werden derzeit berechnet, und nicht nur der Textilverband geht davon aus, dass die Umlage bereits im Herbst auf über fünf Cent pro Kilowattstunde steigen könnte. Für viele - vor allem mittelständische Unternehmen - sei dies ein zu hoher Kostenfaktor, sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbandes.

    "Wir haben ein Unternehmen dabei – die Vowalon-GmbH aus Treuen – das zahlt pro Beschäftigten rund 1000 Euro Umlage pro Jahr zusätzlich auf den Strompreis. Hier schwanken die jährlichen Gesamtkosten zwischen 100- und 150.000 Euro pro Unternehmen. Wir haben aber auch größere Unternehmen im Verband, da geht es hoch auf bis zu zwei Millionen Euro jährlich."

    Die Musterklagen der drei Textilunternehmen sollen im Herbst juristisch geklärt werden. Letztendlich hofft der Textilverband, dass sich das oberste Gericht des Landes in Karlsruhe mit den Fällen auseinandersetzen und eine Grundentscheidung fällen wird. Juristisch begleitet werden die Klagen von Gerrit Manssen von der Universität in Regensburg, der ein juristisches Gutachten vorgelegt hat. Tenor: Genauso wie der Kohlepfennig - der jahrelang gezahlt werden musste und vom Gericht dann aber schließlich kassiert wurde - sei die EEG-Umlage verfassungswidrig. Gerrit Manssen:

    "Der Kohle-Pfennig wurde in den 90er-Jahren für verfassungswidrig erklärt. Bis dahin wurde die Verstromung der deutschen Steinkohle durch eine ähnliche Umlage wie heute gefördert. Der Betrag wurde dann als Subvention an die Kohleunternehmen weitergeleitet. Im Prinzip ein ganz ähnliches System wie heute. Damals wollte man die Energiereserven der Steinkohle sichern, heute will man die Energiewende finanzieren. Damals wie heute wohl eine verfassungswidrige Sonderangabe."

    Nun ist die Förderung der erneuerbaren Energien ja eine Säule der Energiewende, somit auch des Atomausstiegs. Der Textilverband will zusammen mit dem Institut der deutschen Wirtschaft ebenfalls im Herbst Alternativen zur EEG-Umlage präsentieren. Da gebe es viele Möglichkeiten einer Finanzierung der Energiewende, sagt Textilverbands-Geschäftsführer Wolf-Rüdiger Baumann.

    "Man sollte sagen, dies ist etwas, was aus dem Staatshaushalt finanziert werden sollte. Man könnte sich dies über eine moderate Erhöhung der Stromsteuern vorstellen. Man könnte auch eine Energiewende-Umlage erwägen. Am besten wäre es, wenn Ausgaben gestrichen würden, das heißt, Subventionen zu kürzen. Davon haben wir hierzulande mehr als genug. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt."

    Das derzeitige System der Finanzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien in Deutschland könnte somit im Herbst auf den juristischen Prüfstand kommen.