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Tiefe Stimmen bringen Stimmen

Gut reden zu können, ist für Politiker eine der wichtigsten Eigenschaften. Doch nicht nur der Inhalt des Gesagten ist wichtig, auch die Stimmlage entscheidet mit, wie US-Forscher herausgefunden haben. Sie ließen Testpersonen in einer inszenierten Wahl zwischen der tiefen und hohen Variante einer Stimme wählen. Ergebnis: Tiefer ist besser.

Von Christine Westerhaus | 14.03.2012
    Wenn man beim Radio arbeitet, ist es zwar kein Nachteil, gut auszusehen. Es ist für die Karriere aber auch nicht entscheidend. Dafür ist die Stimme umso wichtiger: Sie sollte möglichst klangvoll, sympathisch und vor allem tief sein. Auch Casey Klofstad ist das aufgefallen.

    "Das ist sogar einer der Gründe, warum wir diese Studie gemacht haben: Wir haben uns gefragt, warum viele Rundfunk-Moderatoren eine tiefere Stimme haben, als der Rest der Bevölkerung und was es mit der Tonlage auf sich hat. Es gibt schon eine ganze Reihe von Studien, die gezeigt haben, dass eine tiefe Stimme als dominanter und stärker wahrgenommen wird. Und wir haben diese Studien nun auf politische Wahlen übertragen."

    Der Politikwissenschaftler untersucht an der Universität von Miami Faktoren, die Wahlergebnisse beeinflussen. Welche Rolle die Tonlage eines Kandidaten dabei spielt, hat der Forscher in einer hypothetischen Wahl untersucht. Dazu hat er je eine weibliche und eine männliche Stimme so manipuliert, dass sie entweder höher oder tiefer klang. "Wählt mich diesen November" war der Slogan, den diese anonyme Stimme sprechen sollte. Bei der weiblichen Kandidatin hörte sich das so an:

    Diese Sätze spielte der Forscher weiblichen und männlichen Testpersonen vor. Allein anhand der Stimme sollten diese entscheiden, ob sie eher die Kandidatin mit der hohen oder die mit der tiefen Tonlage wählen würden. Auch bei dem männlichen Kandidaten hatten die Probanden die Wahl zwischen einem Tenor und einem Bariton.

    Die Wahl der Testpersonen war eindeutig: Sowohl Männer als auch Frauen entschieden sich eher für die Kandidaten mit der tieferen Stimme.

    "Frauen und Männer schätzten sich also gegenseitig ähnlich ein. Das änderte sich aber, als die Probanden die Stärke und Kompetenz der Kandidaten einschätzen sollten. Wir haben beobachtet, dass Männer tiefe männliche Stimmen als stärker und kompetenter wahrnehmen, als eine hohe Tonlage. Frauen empfinden das nicht so."

    Besonders interessant war für die Forscher aber zu beobachten, dass auch Frauen offenbar eher gewählt werden, wenn sie eine tiefere Stimme haben.

    "Viele Studien über die Wirkung der Tonlage haben gezeigt, dass eine hohe Stimme bei Frauen oft als attraktiver wahrgenommen wird, eine tiefe Stimme aber als stärker und dominanter. Gewählt werden aber offenbar eher Frauen mit einer tieferen Tonlage. Das bedeutet, dass sich Wähler offenbar nicht von einer attraktiven Stimme überzeugen lassen. Sie entscheiden sich eher für eine Tonlage, die Stärke und Kompetenz suggeriert."

    Frauen haben von Natur aus eine höhere Tonlage als Männer. Gleichzeitig besetzen sie deutlich seltener Führungspositionen. Casey Klofstad will nicht ausschließen, dass hier ein Zusammenhang besteht. Er betont jedoch, dass seine Studie nur einen einzigen von vielen möglichen Faktoren untersucht hat.

    "Wir haben ein Experiment mit einer rein hypothetischen Wahl durchgeführt. Deshalb ist das Einzige, was wir sagen können, dass die Tonlage der Stimme einer der unendlich vielen Gründe dafür sein könnte, dass Frauen in Führungsposition unterrepräsentiert sind."