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Tod des Terrorverdächtigen al-Bakr
Psychologin stellte keine akute Suizidgefahr fest

Beim Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr habe die zuständige Psychologin keine akute Suizidgefahr festgestellt, teilte Sachsens Justizminister Gemkow (CDU) bei einer Pressekonferenz mit. Diese Prognose habe sich leider nicht bestätigt. Al-Bakr habe sich mit seinem Hemd am Zwischengitter der Zelle in der JVA Leipzig stranguliert.

13.10.2016
    Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow
    Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow auf der Pressekonferenz zum Suizid des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr (picture alliance / dpa/ Arno Burgi)
    Bei einer Pressekonferenz haben der sächsische Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) und der Leiter der JVA Leipzig, Rolf Jacob, Näheres zu den Umständen des Suizids des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr bekannt gegeben.
    Psychologischer Dienst habe "keine akute Selbstmordgefahr" gesehen
    Dass der Verdächtige sich selbst das Leben genommen habe, "hätte nicht passieren dürfen. Es ist aber geschehen, obwohl wir zum jetzigen Stand alles getan haben, um es zu verhindern." Die Prognosen der Fachleute hätten sich nicht bestätigt. Mit al-Bakr seien Gespräche geführt worden - der psychologische Dienst habe jedoch "keine akute Selbstmordgefahr" gesehen.
    Um 19:45 Uhr am gestrigen Abend habe eine Bedienstete eine der angeordneten Kontrollen durchgeführt und dabei festgestellt, dass sich der Gefangene mit seinem Hemd am Zwischengitter der Zelle stranguliert hatte. Um 20:15 Uhr sei der Tod al-Bakrs durch den Notarzt festgestellt worden, so Gemkow. Ein Fremdverschulden sei weitestgehend ausgeschlossen, man gehe derzeit von einem Suizid durch Strangulation aus. Der Leichnam des Terrorverdächtigen werde derzeit obduziert.
    Zunächst kein Dolmetscher vorhanden
    Rolf Jacob, der Leiter der JVA Leipzig, sagte, es habe Schwierigkeiten beim Aufnahmegespräch gegeben, weil al-Bakr nicht der deutschen Sprache mächtig gewesen sei. Sein Verhalten habe aber keinen Anlass gegeben, sofort den Dolmetscher zu holen - das sei für den nächsten Tag geplant gewesen. Bei 15 bis 20 neuen Häftlingen pro Tag könne nicht für jeden immer ein Dolmetscher herangezogen werden.
    Später habe es aber ein ausführliches Gespräch mit der zuständigen Psychologin mit Dolmetscher gegeben. Die Psychologin habe eingeschätzt, dass keine akute Suizidgefahr bestehe. Anschließend seien die Kontrollintervalle von 15 auf 30 Minuten erhöht worden. Für einen "besonders gesicherten Haftraum" seien die "akuten Bedingungen", also eine erkennbare Suizidgefahr, nicht erfüllt gewesen.
    Strommanipulationen wurden nicht als Zeichen für Suizid gedeutet
    Al-Bakr habe die Deckenlampe manipuliert, woraufhin man alles im Haftraum stromlos geschaltet habe. Dies habe man aber nicht im Sinne einer Suizidgefahr gedeutet, so Jacob. Auch die Steckdose habe der Terrorverdächtige bearbeitet.
    Als die Gefängnismitarbeiterin al-Bakr stranguliert am Zwischengitter der Zelle gefunden habe, habe sie den Alarm ausgelöst - direkt im Anschluss sei mit der Reanimation begonnen worden und auch die diensthabende Ärztin hinzugezogen worden. Eine halbe Stunde lang habe man al-Bakr erfolglos reanimiert.
    De Maizière: Schnelle Aufklärung gefordert
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat eine schnelle und umfassende Aufklärung des Todes des Terrorverdächtigen Dschaber Al-Bakr gefordert. Was in der Nacht in Leipzig passiert sei, verlange danach.
    Der Grünen-Innenpolitiker Konstantin Notz bezeichnete es im DLF als Fiasko für die sächsische Justiz, dass sich so ein wichtiger Zeuge für die Hintergründe der geplanten Terroranschläge erhängen konnte - zumal bekannt gewesen sei, dass al-Bakr suizidär gewesen sei.
    (vic/nin)