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Todesstrafe
Saudi-Arabien richtet 47 Menschen hin

Wegen Terrorismusvorwürfen hat die Regierung in Saudi-Arabien an einem Tag 47 Häftlinge hinrichten lassen. Darunter ist auch der prominente schiitische Geistliche Scheich Nimr al-Nimr. Er galt als scharfer Kritiker des Königshauses. Schiitische Geistliche in der arabischen Welt und im Iran reagierten empört auf die Nachricht von al-Nimrs Hinrichtung.

Von Sabine Rossi | 02.01.2016
    Ein Mann hält im Jemen 2014 ein Foto des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr in der Hand.
    Der prominente schiitische Geistliche Nimr al-Nimr zählt zu den 47 Hingerichteten in Saudi-Arabien. (picture-alliance/ dpa / epa/Yahya Arhab )
    Die Sprecherin des Nachrichtensenders Al Arabiya, der regelmäßig pro-saudisch berichtet, zitiert aus einer Mitteilung des Innenministeriums. Demnach wurden die 47 Hinrichtungen in verschiedenen Städten des Königreichs vollzogen. Die Nachrichtensprecherin bezeichnet die Getöteten als Terroristen. Sie werden beschuldigt, Anschläge auf Zivilisten und militärische Einrichtungen geplant oder verübt zu haben. Dann zeigt ein Bericht die Fotos der Hingerichteten mit Namen und Nationalität: 45 Saudis, ein Ägypter und ein Mann aus dem Tschad. Die meisten sollen an einer Serie von Terroranschlägen beteiligt gewesen sein, die die Terrororganisation Al Kaida zwischen 2003 und 2006 in Saudi-Arabien verübte.
    Führender Schiit exekutiert
    Auf Bild Nummer 46 ist ein Mann mit einem grauen Bart zu sehen. Er trägt das traditionelle rot-weiße Tuch auf dem Kopf. Der Mann ist Scheich Nimr al-Nimr. Ein prominenter schiitischer Geistlicher. Während 2011 in vielen arabischen Ländern die Menschen auf die Straße gingen, hatte Nimr al-Nimr die Proteste der Schiiten im Osten des Landes unterstützt. 2012 wurde er festgenommen und zum Tode verurteilt. Erst im Oktober bestätigte ein Gericht die Todesstrafe. Nimr al-Nimr wurde zur Last gelegt, Menschen aufgewiegelt und Waffen besessen zu haben.
    Schiitische Minderheit unterdrückt
    Saudi-Arabien ist mehrheitlich sunnitisch. Eine Minderheit - etwa 15 Prozent der Bevölkerung sind Schiiten. Sie leben im Osten des Landes, in einer Region mit vielen Ölvorkommen. Die Schiiten werden in Saudi-Arabien systematisch unterdrückt und benachteiligt. Viele haben keinen Arbeitsplatz und leben in Armut. Nimr al-Nimr galt als einer der schärfsten Kritiker des Königshauses. Der 55-Jährige hatte sich gegen die Unterdrückung der Schiiten ausgesprochen und eine größere Unabhängigkeit, gar eine größere Autonomie der schiitischen Region gefordert.
    Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte das Todesurteil gegen ihn kritisiert und es als Versuch bezeichnet, abweichende Meinungen in Saudi-Arabien zu unterdrücken. Führende schiitische Geistliche in der arabischen Welt und im Iran reagierten empört, auf die Nachricht von al-Nimrs Hinrichtung. Iran hatte bereits im Herbst gedroht, sollte das Todesurteil vollstreckt werden, werde Saudi-Arabien einen hohen Preis bezahlen.
    Mehr als 150 Menschen hingerichtet
    Nicht hingerichtet wurde Nimr al-Nimrs Neffe. Ihm droht ebenfalls die Todesstrafe. Als 17-Jähriger war er verhaftet worden, nachdem er an einer Demonstration teilgenommen hatte. In Saudi-Arabien gilt die Todesstrafe für zahlreiche Vergehen: für Mord, Vergewaltigung, aber auch Drogenhandel und den Abfall vom Glauben. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass Saudi-Arabien in den vergangenen Jahren so viele Todesurteile vollstreckt hat wie seit 20 Jahren nicht mehr. Nach Angaben von Amnesty International wurden zwischen Januar und November 2015 mehr als 150 Menschen in Saudi-Arabien hingerichtet.