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Tolle Idee! Was wurde daraus?
Neue Hefen für Biokraftstoffe

Bioethanol der zweiten Generation soll aus Pflanzenabfällen und Stroh gemacht werden, anstatt aus Getreidekörnern oder Zuckerrüben. Damit das funktioniert, haben Frankfurter Forscher in den vergangenen Jahren neuartige Hefekulturen entwickelt. Technisch funktioniert das gut, wirtschaftlich bereitet der niedrige Erdölpreis Probleme.

Von Frank Grotelüschen | 28.03.2017
    Ein Kanister mit Biokraftstoff steht in einem Feld in Bayern.
    Biokraftstoffe sollen nicht in Konkurrenz zu Nahrungs- und Futtermitteln stehen (imago/Westend61)
    Ein Labor an der Universität Frankfurt. Es ist mollig warm, etwa 30 Grad, und in der Ecke steht ein Apparat, in dem Dutzende von Glaskolben rhythmisch hin- und herschwingen. In den Kolben schwappen Flüssigkeiten, manche klar, andere trübe.
    "Wenn die Flüssigkeiten noch klar sind, sind nur sehr wenige Hefen drin. Und wenn die sehr trüb sind, sind sehr viele Hefen da drin. Und deswegen schütteln wir die, sonst teilen die sich zu langsam."
    Der Biologieprofessor Eckhard Boles steht in einem Brutraum für Hefekulturen - Hefen, die für die Produktion neuartiger Biokraftstoffe wichtig sind. Denn das Bioethanol, das wir derzeit als Beimischung zum Mineralöl-Benzin tanken, ist alles andere als optimal.
    "Da wird Getreide genommen oder Zuckerrüben, um daraus Ethanol zu produzieren. Man bezeichnet den als Biokraftstoff der ersten Generation. Das heißt, Futtermittel werden eingesetzt, um damit Biokraftstoff herzustellen."
    Tank voll, Teller leer?
    Was immer wieder für Diskussionen sorgt, Stichwort Teller statt Tank. Deshalb arbeiten Forscher seit Langem an einer zweiten, weniger bedenklichen Generation von Bioethanol.
    "Bei der zweiten Generation geht es darum, Pflanzenabfälle oder ganze Pflanzen einzusetzen, um dadurch Biokraftstoff zu produzieren, der keine Konkurrenz mehr zur Nahrungs- oder Futtermittelkette darstellt."
    Das Problem: Die Hefekulturen, die man gewöhnlich für die Bioethanol-Herstellung verwendet, taugen dafür nicht. Sie können lediglich Glukose zu Ethanol vergären. Stroh und Pflanzenabfälle aber bestehen zum guten Teil aus Zellulose. Und die enthält Xylose, den Holzzucker. Für eine effiziente Kraftstoffproduktion müsste man auch die Xylose vergären können, dachte sich Eckhard Boles vor mehr als zehn Jahren - und fing an, mithilfe der Gentechnik Hefekulturen am Reißbrett zu entwerfen.
    "Wir haben einfach bei Bakterien geschaut, die diese Xylose vergären können und haben uns von denen Gene ausgeliehen, die wir unseren Hefen gegeben haben. Und damit haben wir die Hefen befähigt, auch Xylose vergären zu können. Das war sehr erfolgreich. Wir haben eine Technologie entwickelt, wir haben ein Patent generiert. Letztendlich sind heute Hefen am Markt, die beide Zucker - Glukose und Xylose - gleichzeitig vergären können."
    Boles gründete eine Firma namens Butalco und entwickelte die Technologie weiter. 2014 wurde Butalco an Lesaffre aus Frankreich verkauft, den weltweit größten Hefeproduzenten.
    "Die produzieren diese Hefen jetzt im Tonnenmaßstab und vermarkten die weltweit."
    Frankfurter Hefen als Exportgut
    Mittlerweile gibt es in Italien und den USA mehrere Fabriken, die Bioethanol mithilfe der Frankfurter Superhefen herstellen. Also eine Erfolgsgeschichte? Nicht ganz, meint Eckhard Boles. Denn:
    "Als wir damals die Entwicklung gemacht haben, war der Ölpreis noch sehr hoch. Da war das Ganze sehr lukrativ. Heutzutage bei dem niedrigen Ölpreis ist das Ganze schon noch etwas problematisch."
    Zurzeit ist das Bioethanol der zweiten Generation nämlich noch teurer als das der ersten - weshalb es sich bislang nicht auf dem Markt durchsetzen konnte.
    "Da stellen sich immer noch wieder Probleme ein, sodass das Ganze sehr langsam und schleppend vorangeht."
    Zwar ist das Problem mit den Hefekulturen gelöst. Dafür hakt es an anderer Stelle: Schwierigkeiten gibt es vor allem mit jenen Enzymen, die den Zucker in den Pflanzenabfällen aufschließen, bevor ihn die Hefen vergären können.
    "Für diese Pflanzenabfälle braucht man bestimmte Enzym-Mischungen, ganz viele verschiedene Enzyme. Und das Ganze ist noch sehr teuer."
    Bioethanol 3.0
    An diesem Enzymproblem arbeiten heute so einige Labors. Und Boles hofft, dass sie es in einigen Jahren gelöst haben. Doch der Biologe denkt schon weiter und tüftelt bereits an der nächsten, der dritten Generation von Biokraftstoffen.
    "Das sind Biokraftstoffe, die auch aus Pflanzenabfällen produziert werden, die aber neue Eigenschaften haben. Also nicht Ethanol, sondern andere Kraftstoffe mit anderen Eigenschaften."
    Konkret entwickelt Boles Hefekulturen, die höherwertige Alkohole produzieren, zum Beispiel Butanol oder Oktanol. Deren Vorteil:
    "Der Brennwert ist deutlich höher als beim Ethanol. Und die sind nicht so korrosiv. Deswegen ist ja Ethanol in Verruf gekommen, weil das den Motor schädigen soll. Das ist bei diesen höherwertigen Alkoholen nicht mehr der Fall."
    Gelingt das Unterfangen, könnte das Bioethanol der zweiten Generation zum Auslaufmodell werden, bevor es sich überhaupt auf dem Markt etabliert hat. Denn die dritte Generation von Biokraftstoffen scheint schon in den Startlöchern zu stehen.