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Totgesagte fliegen länger

Astronomie. - Vor zwei Monaten startete vom texanischen Waco aus eine Boeing 747 mit kostbarer Fracht: An Bord des Testflugs war das Weltraumteleskop Sofia, die erste fliegende Sternwarte der Welt, gemeinsam gebaut von Deutschland und den USA. Jahrelang war das Projekt immer wieder hinausgeschoben worden, zeitweise stand es sogar ganz vor dem Aus. Heute wird Sofia in Kalifornien der Öffentlichkeit offiziell vorgestellt.

Von Guido Meyer | 27.06.2007
    26. April 2007, zehn Uhr vormittags in Waco, Texas. Nach zehnjähriger Entwicklungszeit startet Sofia zu ihrem ersten Testflug. Knapp zwei Stunden lang dreht die fliegende Sternwarte in rund 4000 Metern Höhe ihre Runden. Sofia steht für "Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie". Von Bord einer umgebauten Boeing 747 aus soll das Teleskop in den höchsten Schichten der Atmosphäre das Infrarot-Spektrum des Universums untersuchen.

    "Sie können nicht vom Erdboden aus beobachten, weil Sie im Infraroten nicht durch die Atmosphäre gucken können. Im wesentlichen müssen Sie oberhalb des atmosphärischen Wasserdampfs fliegen, und das können Sie mit Satelliten oder mit Flugzeugen machen. Mit Flugzeugen hat den Vorteil, dass Sie immer die neueste Instrumententechnologie verwenden können. Bei einem Satelliten, wenn Sie Planungszeiten von fünf bis sieben Jahren rechnen, haben Sie sozusagen das, was im Orbit ist, ist rein technologisch schon immer sieben Jahre alt, wohingegen Sie beim Flugzeug natürlich immer das aktuellste fliegen können."

    Hermann Bittner hat für den deutschen Raumfahrtkonzern Kayser-Threde in München das Weltraumteleskop Sofia mit entwickelt. Das Projekt ist eine deutsch-amerikanische Zusammenarbeit: Die US-Raumfahrtbehörde Nasa stellt den Jumbo und ist für dessen Umbau und Flugbetrieb verantwortlich. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) liefert das eigentliche Infrarot-Teleskop. Eric Becklin, der Chef-Wissenschaftler von Sofia.

    " Beim Infrarot-Spektrum handelt es sich um Wärmestrahlung, die langwelliger ist als das optische Licht. In diesem Bereich finden wir eine Unmenge an Informationen. Wir können durch den kosmischen Staub hindurch sehen bis ins Zentrum von Galaxien, wo Sterne entstehen. In unserer Milchstraße gibt es ein massives Schwarzes Loch, dessen Strahlung wir im Infraroten klar erkennen können. Dieses Teleskop wird uns den bislang besten Blick auf dieses Schwarze Loch ermöglichen, sobald wir es in Betrieb genommen haben werden. "

    Derzeit absolviert die Nasa von Waco aus Flugversuche, bei denen Sensoren alle Bewegungen der Boeing überwachen Das 17 Tonnen schwere Fernrohr ist zwar bereits an Bord, macht aber noch keine Messungen. Für den Einbau des Teleskops haben Ingenieure eine vier mal sechs Meter große Öffnung in den oberen Teil des Flugzeugrumpfes geschnitten. An dieser Stelle, zwischen Flügeln und Seitenleitwerk, sitzt nun das Fernrohr mit seinem Spiegeldurchmesser von 2,7 Metern. Bislang sind alle Versuchsflüge mit der schweren Fracht erfolgreich verlaufen. Bob Meyer, der Program Manager von Sofia.

    " Den nächsten wichtigen Meilenstein werden wir erreichen, wenn wir erstmals die Schiebetüren der Ladebucht öffnen und die ersten Beobachtungen durchführen. Das dürfte wohl 2009 passieren. Das Observatorium ist für eine Lebenszeit von zwanzig Jahren ausgelegt, könnte aber wahrscheinlich auch etwas länger arbeiten. Infrarot-Teleskope im Weltraum funktionieren nur drei bis vier Jahre lang, weil dann alle Kühlmittel verbraucht sind, die zum Betrieb des Fernrohrs nötig sind. "

    Aus Kostengründen hätte die Nasa den Bau und Betrieb des Teleskops im letzten Jahr beinahe gekippt, nachdem es bereits fast fertiggestellt war. Internationale Vereinbarungen lassen sich jedoch nicht ohne Frust bei den Partnern aufkündigen, so dass die amerikanische Raumfahrtbehörde stattdessen im eigenen Haus sparen musste. Auch die europäische Weltraumagentur Esa zeigt sich erfreut, dass Sofia nun endlich abgehoben hat.

    Sie fliege endlich, sie funktioniere, und sie blicke über unser Sonnensystem hinaus - das sei wichtig, so David Southwood, der Wissenschaftliche Direktor der Esa. Nunmehr sind der fliegenden Sternwarte keine Grenzen gesetzt. Eric Becklin, Sofias Chef-Wissenschaftler.

    " Sofia hat das Potential, um die ganze Welt zu fliegen. Wir werden auf der Edwards Air Force Base in Kalifornien stationiert sein, aber von hier aus auch in die südliche Hemisphäre aufbrechen können und sonst an jeden Ort auf der Erde, von dem aus wir eine bestimmte Stelle des Himmels untersuchen wollen. "

    Zum Internationalen Jahr der Astronomie wird Sofia 2009 möglicherweise auch erstmals in Deutschland landen.