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Tour de France
ARD bindet sich an Teamsponsor

Es klingt wie ein Déjà-vu: Wenn im Juli die ARD in die Tour de France-Berichterstattung einsteigt, wird im Werbeumfeld erneut ein Teamsponsor präsent sein. BORA, Sponsor des Rennstalls BORA - ARGON 18, präsentiert die Liveübertragung und ist damit gleichzeitig Objekt der Berichterstattung.

Von Tom Mustroph | 06.04.2015
    60 Werbespots hat der Kochplattenproduzent BORA als sogenannter Presenter bei der Tour de France-Übertragung der ARD gebucht. Ein Novum in der Sportberichterstattung. Bisher kannte man nur einen Energie- und Rohstoffriesen, dessen Logo auf mancher Fußballerbrust prangt, als Werbepartner der Champions League-Übertragungen.
    Der Unterschied jedoch ist: Der blaue Revierklub mit dem Gazprom-Logo heißt eben nicht FC Gazprom. Selbst der mit Gasmillionen unterstützte Verein aus Wladimir Putins Heimatstadt St. Petersburg nennt sich noch "Zenit". Der an der Tour de France teilnehmende Rennstall heißt aber BORA, wie auch der Presenter. Inhalte und Werbung konvergieren weiter. Und eine fatale Erinnerung an alte Zeiten taucht auf.
    Gut, da war es eigentlich andersherum. Die ARD wandte sogar noch Beitragsgelder auf, um ihr Logo auf den Textilien von Team Telekom zu platzieren. Die öffentlich-rechtliche Anstalt war Presenter eines Rennstalls, der sich später als Hort des Sportbetrugs herausstellte. Eine unheilvolle Allianz, die schließlich zu dem von vielen Seiten als traumatisch empfundenen Ausstieg aus der Radsportberichterstattung insgesamt führte.
    ARD-Statement: "Bei Sportübertragungen üblich, teilweise verpflichtend"
    ARD Sportkoordinator Axel Balkausky begründete den aktuellen Vertrag mit BORA per Mail wie folgt: "Wie andere Sportgroßveranstaltungen auch, wird die Tour de France in diesem Jahr von einem Co-Presenting begleitet, das entsprechende Programmsponsoring wurde von Skoda und Bora bei der AS&S gebucht. Es ist bei Sportübertragungen durchaus üblich und teilweise sogar verpflichtend, dass die Event-/Verbands-/Vereins-/Teamsponsoren ein Erstzugriffsrecht auf das Programmsponsoring und begleitende Werbeformen haben."
    Das Verfahren mag üblich sein. Es wirft aber auch die Frage auf: Wieviel Sport steckt noch in der öffentlich-rechtlichen Sportübertragung und wieviel Werbung muss der Sportsfreund schlucken? Ohnehin einmalig ist die Verknüpfung von Teamsponsorennamen und Presentertätigkeit. Das hängt mit der besonderen Finanzierungspraxis im Radsport zusammen. Die Teams tragen dort die Namen der Sponsoren. Mehr Fingerspitzengefühl beim Wiedereinstieg wäre der ARD dennoch zu wünschen gewesen.
    Denn es muss noch nicht einmal der Supergau eines Dopingfalls eintreten. Allein die Vermischung der Ebenen von Partnerschaft und Berichterstattung ist kritisch. Ein Comeback mit selbst geschaffenen Bodenwellen.