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Trinkbares Abwasser

Umwelt. - Auf der Weltwasserkonferenz in Stockholm ist der südkalifornische Bezirk Orange County mit dem Industrie-Wasserpreis 2008 für seine Wasserreinigungsanlage ausgezeichnet worden. Ein Dreistufen-Prozess bereitet dabei Abwasser aus der Kläranlage so gründlich wieder auf, dass man es sogar trinken kann.

Von Volker Mrasek | 20.08.2008
    Orange County. Ein Bezirk in Süd-Kalifornien, direkt an der Pazifikküste. Knapp über dreißig Städte, eine Stunde Fahrtzeit bis Los Angeles. Wasser ist hier grundsätzlich ein knappes Gut. Früher wurde es von Orangen-Plantagen beansprucht, heute vornehmlich von Haushalten und Industrie.

    In Orange County läuft seit wenigen Monaten eine Anlage, der man nicht unbedingt ansieht, was ihre Bestimmung ist: Sie reinigt kommunales Abwasser so gründlich, dass man es ins Grundwasser versickern lässt, um daraus am Ende wieder Trinkwasser zu gewinnen. Das Ganze läuft unter dem Namen "Grundwasser-Auffüllung". Es ist die weltgrößte Anlage dieser Art ...

    " Sie sieht wirklich nicht wie eine Abwasser-Behandlungsanlage aus. Auf dem Gelände stehen viele Betongebäude, und nur an einer Stelle gibt es große, tiefe Becken. Darin befindet sich das Abwasser, bevor wir es behandeln. Schon nach dem ersten Prozessschritt ist es so sauber, dass wir es nicht mehr der Luft aussetzen wollen. Deswegen sieht man es nicht mehr. Es fließt nur noch durch dicke Rohre. "

    Shivaji Deshmukh, US-amerikanischer Bau- und Umweltingenieur mit indischen Familienwurzeln. Deshmukh war an dem Projekt maßgeblich beteiligt. Als einer der Experten bei der zuständigen Wasserbehörde von Orange County. Die Ingenieure füttern ihre neue Anlage also zunächst einmal mit Wasser, wie es aus der Kläranlage kommt ...

    " Wir schicken das Abwasser durch einen dreistufigen Reinigungsprozess. Als Erstes kommt die Mikro-Filtration. Sie eliminiert Bakterien und Schwebstoffe. Dann folgt die reverse Osmose - ein Trennverfahren, das auch bei der Entsalzung von Meerwasser eingesetzt wird. Damit holt man Viren, Arzneiwirkstoffe und andere, gelöste Schadstoffe aus dem Wasser. Der letzte Schritt ist dann die Bestrahlung mit UV-Licht, um das Wasser abschließend zu desinfizieren. Das sind alles physikalische Verfahren, und es dauert nur ein paar Minuten, bis das Wasser den Prozess durchlaufen hat. "

    250.000 Kubikmeter sauberes Wasser produziert die Anlage pro Stunde, wie Deshmukh sagt. Genug, um rund 500.000 Haushalte zu versorgen. Das geschieht allerdings indirekt. Denn das Wasser fließt nicht ins öffentliche Leitungsnetz, sondern zunächst einmal in künstliche Seen. Dort versickert es und landet nach einer Weile im Grundwasser-Leiter. Erst dann wird es wieder als Trinkwasser gefördert.

    Orange County nutzt sein Grundwasser-Reservoir schon seit 75 Jahren. Es ist die mit Abstand wichtigste Trinkwasser-Quelle in dem kalifornischen Bezirk. Die neue Reinigungsanlage soll dafür sorgen, dass sie sich quasi immer wieder auflädt. Das ist der Charme des Konzeptes. Es überzeugte auch das Stockholmer Internationale Wasser-Institut. Deshalb verlieh es den Kaliforniern den Industrie-Wasserpreis 2008. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts, Per-Arne Malmqvist:


    " Es ist auf jeden ein Leuchtturm-Projekt. Wir werden bald sehr viel mehr solcher Anlagen sehen. In vielen Regionen der Erde, die unter großer Trockenheit leiden, wird in Zukunft Abwasser genutzt werden müssen. Es ist eine Quelle, die immer vorhanden sein wird und nie versiegt. "

    Tatsächlich sind inzwischen weitere Projekte geplant, oder sie werden sogar schon umgesetzt. Noch einmal Shivaji Deshmukh:

    " San Diego und Los Angeles planen im Moment ähnliche Anlagen zur Grundwasser-Auffüllung. Singapur hat sie bereits gebaut. Und auch in Australien arbeitet man mit Volldampf an Projekten zum Recycling von Abwasser. "

    Der US-Ingenieur kann nur empfehlen, die Öffentlichkeit genau über das Anlagenkonzept zu informieren. Und ihr klar zu machen, wie sauber das Wasser nach der Drei-Stufen-Reinigung ist. In Orange County sei das geschehen. Deshalb gebe es keine Akzeptanzprobleme. Niemand, so Deshmukh, habe sich bis heute darüber beschwert, dass nun ehemaliges Abwasser aus dem Hahn fließe.