Freitag, 17. Mai 2024

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Türkei
Verfassungsgericht kippt Teile der Justizreform

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan muss eine weitere Schlappe vor Gericht einstecken. Die von seiner Regierungspartei durchgesetzte Justizreform wurde vom Verfassungsgericht in Teilen wieder gekippt.

11.04.2014
    Aus Sicht der Richter in Ankara spricht das umstrittene Gesetz dem Justizminister Befugnisse zu, die nicht mit der Verfassung vereinbar sind. Der Minister hatte laut diesen Regelungen etwa das Recht, Ermittlungen gegen den Hohen Richterrat der Türkei einzuleiten.
    Der Rat soll als unabhängiges Gremium die Justiz des Landes kontrollieren und ist für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten zuständig. Nach der Reform lag die abschließende Entscheidung dafür aber beim Justizminister. Außerdem wurde die Zusammensetzung des Hohen Richterrates mit dem Gesetz geändert.
    Oppositionspartei hatte Verfassungsgericht angerufen
    Die Reform war äußerst umstritten. Vor allem die türkische Opposition hatte massiv dagegen protestiert. Während der Parlamentsdebatte über das Gesetz war es Mitte Februar sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen.
    Anfang März hatte sich die oppositionelle Republikanische Volkspartei (CHP) an das Verfassungsgericht gewendet, um die Justizreform zu kippen. Der Parteivize Sezgin Tanrikulu betonte gegenüber der Onlineausgabe der Zeitung Hürriyet, dass die Unabhängigkeit der Justiz sehr wichtig sei. Er forderte zudem, dass die alte Besetzung des Hohen Richterrates wiederhergestellt werden müsse. Die neu ernannten Mitglieder sollten seiner Meinung nach zurücktreten.
    Reform als Reaktion auf Korruptionsskandal
    Ministerpräsident Erdogan hatte die umstrittene Justizreform als Reaktion auf Korruptionsvorwürfe vorangetrieben. Er hatte mehrfach erklärt, dass regierungsfeindliche Kräfte über die Justiz versuchen würden, ihn und seine Regierung zu beschädigen. Erdogan-Kritiker befürchten, dass der Politiker den Skandal dagegen nur als Vorwand nutzt, um mehr Kontrolle über die Justiz zu erlangen.
    In dem Korruptionsskandal geht es unter anderem um mögliche Schmiergeldzahlungen eines iranischen Geschäftsmannes an Ex-Minister der Erdogan-Regierung. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte die türkische Regierung massenhaft Polizisten, Richter und Staatsanwälte zwangsversetzt.
    (pr/cru)