Freitag, 29. März 2024

Archiv

Ukraine-Krise
Truppenabzug als Friedensgeste

Russlands Präsident Wladimir Putin hat angeordnet, dass sich die russischen Truppen von der Grenze zur Ukraine zurückziehen. Es geht um 17.600 Mann. Offiziell hatten sie im Gebiet Rostow Manöver absolviert. Die Ukraine und auch der Westen hatten diese Truppenkonzentrationen mehrfach als Provokation kritisiert, die zur Eskalation in der Ostukraine beitrage.

Von Gesine Dornblüth | 13.10.2014
    Ein Mann sitzt am Stadtrand von Slowjansk vor seinem zerstörten Haus.
    Das russische Verteidigungsministerium vermeldete, die Soldaten hätten unter anderem das Aufschlagen von Feldlagern und Ingenieurs- und Sanitätsaufgaben geübt. (picture alliance / dpa / Andrey Stenin/RIA Novosti)
    Der Befehl Putins an die Soldaten, in ihre Kasernen zurückzukehren, erfolgte am Sonnabend. Gestern Mittag meldete das Verteidigungsministerium dann, der Abmarsch habe begonnen. In Russland fallen die Reaktionen darauf positiv aus, auch bei Putins schärfsten Kritikern. Ella Poljakova vom St. Petersburger Komitee der Soldatenmütter:
    "Das ist natürlich ein positiver Schritt. Er war längst überfällig. Die Truppen in der Nähe des Konflikts sind eine Bedrohung für den Frieden. Ich will in keinem Land leben, das als Aggressor auftritt."
    Positive Reaktionen in Russland
    Offiziell heißt es, die mehr als 17.000 Soldaten hätten an der ukrainischen Grenze Manöver absolviert. Das Verteidigungsministerium führte gestern aus, die Soldaten hätten unter anderem das Aufschlagen von Feldlagern und Ingenieurs- und Sanitätsaufgaben geübt. Ella Poljakova hält den Begriff Manöver dagegen für vorgeschoben. Die Soldatenmütter haben Hinweise darauf, dass russische Soldaten, von denen es hieß, sie seien im Manöver, in Wirklichkeit in der Ostukraine gekämpft haben, und dass dutzende dabei ums Leben gekommen sind. Der Kreml hat dies stets dementiert.
    Asien-Europa-Gipfel im Blick
    Beobachter bringen den angekündigten Truppenabzugs mit der bevorstehenden Reise Putins zum Asien-Europa-Gipfel in Mailand in Verbindung. Putin wird dort Mitte der Woche mit seinem ukrainischen Amtskollegen Poroschenko zusammentreffen. Der Moskauer Militärexperte Alexander Golz sagte dem ukrainischen Fernsehen:
    "Die russische Politik hat das Vertrauen zwischen Russland und seinen sogenannten Partnern zerstört. Vor dem Treffen Putins mit Poroschenko war eine Friedensgeste nötig. Sie ist jetzt da."
    Projekt Neurussland beendet
    Beobachter diskutieren, was diese Geste über Putins Pläne in der Ostukraine aussagt. Boris Nemzow, einer der führenden Köpfe der außerparlamentarischen Opposition in Russland, schrieb bei Facebook, das Projekt "Neurussland" sei beendet. Mit anderen Worten, Russland habe eventuelle Pläne, Gebiete in der Südostukraine bis hin nach Odessa zu erobern, aufgegeben. Der Militärexperte Golz sieht das ähnlich.
    "Mit den Vereinbarungen von Minsk hat der Kreml erreicht, was er wollte. Teile der Gebiete Donezk und Lugansk werden zu einer Art nicht anerkannter Gebiete. Und sie werden zu einer hervorragenden Illustration der These, dass jegliche farbige Revolution in Chaos und Bürgerkrieg mündet. Das wollte der Kreml. An weiteren militärischen Aktionen besteht kein Bedarf mehr."
    Kreml hat sein Ziel erreicht
    Viele Experten vermuten, Russland wolle in der Ostukraine einen eingefrorenen Konflikt schaffen, ähnlich wie in Transnistrien, das sich vor gut zwanzig Jahren von der Republik Moldau losgesagt hat. Der Politologe Dmitrij Trenin vom Carnegie Center Moskau:
    "Wir haben schon jetzt einen eingefrorenen Konflikt im Donbass. Und Russland hat keinen Grund mehr, in die Ukraine einzumarschieren. Putin hat der Volkswehr militärisch geholfen, eine Niederlage abzuwenden, er hat erreicht, dass die ukrainische Armee ihren Angriff stoppt, und er hat Präsident Poroschenko gezwungen, einen Waffenstillstand auszurufen. Das war Putins Ziel."