Samstag, 20. April 2024

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Umbau bei Architekten

Anke Johannsmann studiert Architektur im dritten Semester:

14.11.2003
    Häuser entwerfen, das fand ich schon immer interessant,

    sagt die gelernte Vermessungstechnikerin.

    Da sind die Arbeitschancen nicht ganz so gut. Dann habe ich mich fürs Studium entschieden.

    Ob das eine gute Idee war, wird die Zukunft zeigen. Einige Professoren, berichtet der Vorsitzende der Tagung, Professor Herbert Bühler aus Münster, scheinen nur noch mit einem schlechten Gewissen zu lehren. Verantwortungslos sei es, junge Menschen zu Architekten auszubilden. Auch Bühler sieht das Berufsbild in einer tiefen Krise.

    Das hat zwei Gründe. Der eine Grund der Krise ist die zurück gegangene Bautätigkeit in Deutschland. Und das Zweite ist, dass die Leistungsphasen, wie sie in der Kammer definiert sind, nicht mehr ausreichen um ein Gebäude im Entstehungsprozess und dann später in seinem Lebensprozess entsprechend zu strukturieren und zu planen. Das heißt, wir haben ein sehr viel weiteres Feld abzudecken heute an Leistungen. Unserer Studenten müssen für ein breiteres Feld definiert werden als es die ursprünglichen Grundleistungen der Architekten waren.

    Also: Es geht um Spezialisierung, darum die Studierenden fit zu machen für den globalen Markt. Nur - in Anführungsstrichen - Häuser und Gebäude zu planen, das war einmal. Das Aufgabenfeld ist viel größer geworden.

    Das geht vom Management, Controlling bis hin zum virtuellen Bereich. Es geht von der Datenbank, die als wichtiger Informationsträger einen Gebäudeprozess begleitet. Das ist heute hoch technisiert und ähnlich zu beurteilen wie ein Auto oder ein anderes hoch technisiertes Produkt, das auch eine entsprechende technische Wartung und Kontrolle braucht.

    Ein Beispiel für die hohe Spezialisierung bieten die Gastgeber der Fachbereichstagung an der Fachhochschule Bochum. Dort ist der Studiengang Architektur-Medienmanagement eingeführt worden, berichtet der Prodekan der Hochschule, Professor Harald Gatermann. Bei dem Studiengang geht es darum, Architektur zu kommunizieren, kurzum an den Mann zu bringen. Gegenüber Bauherren, Bürgermeistern oder den Medien. Dozenten stehen dabei auch aus Bereichen zur Verfügung, die nichts mit Architektur im engen Sinne zu tun haben. Sie kommen...

    ... unter anderem aus der Journalistik, aus dem Marketing, aus der Architekturfotografie, die all diese Komponenten abdecken. Die Studierenden lernen zum Beispiel wie man eine Presseerklärung schreibt, wie man einen Messestand aufbereitet und das ganze Feld, des Umgangs mit den Medien, zu beherrschen.

    Das ganze ist ein Master-Studiengang. Entweder Berufs begleitend oder im Anschluss an den Bachelor. Wie in allen Bereichen geht es auch hier, so Professor Herbert Bühler, um die Harmonisierung im europäischen Hochschulraum, bekannt als Bologna-Prozess. Und der könne für viele Hochschulen bitter werden.

    Bologna-Prozess hat zunächst nichts anderes bedeutet als auf der einen Seite Deregulierung, es gibt als keine Rahmenregulierungen, in denen die Hochschulen arbeiten und es gibt jetzt eine eigenständige Profilierung, die durch eine entsprechende Akkreditierung und eine Expertenrunde überprüft wird, ob die Hochschule das leisten kann. Und das ist in der Tat der Faktor, wo sich manche Hochschule einfach anders orientieren muss - weil sie vielleicht das Leistungsprofil nicht mehr bringen kann - also dem europäischen Bildungsprofil nicht entsprechen kann und die dann weg brechen wird.

    Deregulieren und profilieren, lautet also die Devise. Aber wie? Darüber sind sich die Architekturdekane noch nicht einig. Strittig ist z.B. die Frage, wie spezielle Leistungen im Studium in Abschlusszeugnissen dargestellt werden. Auch bei Grundsätzlichem herrscht keine Einigkeit. Wie lange soll das Studium bis zum Bachelor-Abschluss dauern? In Münster dauert es sechs Semester, der aufbauende Masterstudiengang dauert vier Semester. In Bochum dagegen wird der Bachelor erst nach acht Semestern verliehen. Wozu befähigen die unterschiedliche Bachelor-Abschlüsse? Auch die Dekane werden, wie ihre Studenten, noch zahlreiche Ideen zum Architekturstudium in der Zukunft skizzieren - und nach der Diskussion wieder verwerfen. Ein Anfang ist in Bochum gemacht.