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Umweltengel unter Chip-Giganten

Informationstechnik. - Umweltgifte in IT-Produkten sind unliebsame Negativwerbung und daher führen nicht nur Gesetze und Richtlinien, sondern auch die Sorge um das Firmen-Image die hiesigen Hersteller von Computern auf den grünen Pfad. Das Thema steht auch auf der Fachmesse "Systems" hoch im Kurs.

Uli Blumenthal im Gespräch mit Gerd Pasch | 25.10.2007
    Uli Blumenthal: Das Thema wird gerade auf der Münchener Computermesse Systems heftig diskutiert. Wie kommt es, denn neu ist das Thema ja nun wirklich nicht?

    Gerd Pasch: Das stimmt. Wenn man den europäischen Herstellern glaubt, so gehört das Thema "grüne Informationstechnologie" seit fast 15 Jahren zur Unternehmensstrategie. 1993 hat Fujitsu-Siemens den ersten Green-PC auf den Markt gebracht und IBM steckt in Forschung und Entwicklung Ressourcen schonender Rechenzentren eine Milliarde Euro und über 800 Mitarbeiter weltweit. Aktuell ist das Thema ja geworden durch die Rückrufaktionen beim Spielzeug, das in China produziert wurde, und durch die Greenpeace-Untersuchung zum iPhone. Auch die neueste Studie der Marktforscher der Gartner-Gruppe forciert die Diskussion: die Marktforscher fanden heraus, dass der Einsatz von IT-Produkten genauso viel Kohlendioxid ausstoße wie die gesamte Luftfahrt. Die Klimadebatte zeigt Folgen auch im IT-Bereich: "Green-IT", umweltfreundliche Informationstechnologie zählt zu den zehn wichtigsten Trends in den kommenden Jahren.

    Blumenthal: Der umweltfreundliche, spricht der "grüne" Computer, ist das eine Marketing-Aktion der Computermesse "Systems" oder mehr?

    Pasch: Sicherlich auch eine Marketing-Aktion. Sensibilisiert sind vor allem die europäischen Hersteller aufgrund der Debatte. Seit Jahren zwingen der Gesetzgeber und Richtlinien der Europäischen Union hiesige Produzenten zu umweltbewussten und gesundheitsverträglichen Produkten, zur Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Die Münchner Messe forciert und fokussiert die Aktivitäten in dieser Hinsicht mit einem Info Center. Dort ist übrigens ein Solar-PC aufgebaut: ein handelsüblicher Computer einschließlich Flachbildschirm, der von Solarzellen mit einer Fläche von vier Quadratmetern versorgt wird. Informiert wird auch über Chiphersteller, die Prozessoren und Speicherbausteine ohne Blei herstellen, über Produktionsprozesse mit geringem Schadstoffausstoß, Wiederaufbereitung von Wasser und über Recycling der verwendeten Materialien. Qualität und Umweltfreundlichkeit müssen sich auch nicht beim Papier für Drucker und Kopierer ausschließen: der Hersteller Mondi gilt als Wegbereiter für eine nachhaltige Bürokommunikation - er sucht Rohstoffe und Lieferanten danach aus, wie viel Energie sie verbrauchen und wie hoch oder niedrig der Schadstoffausstoß ist. Die Diskussion beim Feinstaub durch Bürodrucker und Kopiergeräte trifft auch die Gerätehersteller: Kyocera stellt dazu eigens ein neues Konzept vor und hat überdies kürzlich mit der Deutschen Umwelthilfe und dem Bundesverband mittelständische Wirtschaft auch einen Umweltpreis ins Leben gerufen. Mit 100.000 Euro ist er dotiert und verfolgt das Ziel, Kohlendioxid reduzierte Projekte des Mittelstandes anzustoßen.

    Blumenthal: Wie kann ich als Computernutzer mich verhalten, wie kann mein Rechner zum Energiesparer werden?

    Pasch: Auch auf Komponenten sollte man achten, die im Rechner verbaut sind. Stromfresser in Computern sind zum Beispiel Lüfter und Laufwerke: überall, wo sich etwas dreht, dort entsteht Wärme und die muss raus. Nimmt man passiv gekühlte Netzteile und Prozessoren, reduziert sich der Energiebedarf bereits um zehn Prozent. Festplatten mit Flash-Speicherverfahren wie etwa im Laptop reduzieren den Stromverbrauch auch um bis zu 70 Prozent. Gleichzeitig dauert der Startvorgang bei diesen SSD's, den so genannten Solid State Drives, gegenüber den herkömmlichen Festplatten nur etwa halb so lang. Auch das Kopieren und Speichern von großen Datenmengen geht doppelt so schnell. Das schont den Akku und unterwegs braucht man dann nicht mehr ganz so viel Energie zu tanken.

    Fachmesse Systems