Dienstag, 16. April 2024

Archiv

Verbotene Urlaubssouvenirs
Sanddiebstahl auf Sardinien

Fein und schneeweiß oder mit reiskorngroßen Quarzkristallen bedeckt: Viele Sardinien-Touristen sind fasziniert vom Sand auf den Stränden der Insel - und nehmen eine Tüte davon als Souvenir oder für Deko-Zwecke mit nach Hause. Doch das ist aus Naturschutzgründen streng verboten.

Von Lisa Weiß | 25.08.2017
    Touristen erholen sich am Strand an der Westküste Sardiniens
    Urlauber, die die Insel verlassen und mit Sand erwischt werden, müssen seit Ende Juli mit saftigen Strafen rechnen (dpa/Roland Holschneider)
    Azurblaues Meer bis zum Horizont, kleine Wellen, davor feiner, weißer Sand - dieser Strand hier im Süden Sardiniens könnte auch in der Karibik sein. Genau deshalb sind viele der Touristen aus ganz Europa hierhergekommen, die hier auf ihren Handtüchern liegen und die Füße im Sand vergraben. Nur in die Heimat mitnehmen sollte man den Sand nicht - denn das kann richtig teuer werden. Seit Ende Juli gibt es ein neues Gesetz auf Sardinien: Wer die Insel verlässt und mit Sand erwischt wird, der muss zwischen 500 und 3.000 Euro Strafe zahlen. Die meisten, die hier in der Sonne liegen, haben davon noch nichts gehört:
    "Oh, das ist ziemlich viel Geld. Aber ich verstehe nicht, warum man Sand vom Strand mitnimmt. Er sollte so bleiben, wie er ist."
    "Ach wenn es nur so ein kleines bisschen ist, man muss ja keine Säcke mitnehmen, aber eine kleine Menge als Souvenir"
    "So arg bestrafen für so was - ist ja kein arges Verbrechen, oder?"
    Das Ökosystem leidet
    Das sieht Gennaro de Filippis ganz anders. Er ist Chef der Grenzpolizei hier am Flughafen von Cagliari-Elmas, dem größten Flughafen der Insel. Sardischer Sand ist etwas Besonderes, sagt er: Mal ist er fein und schneeweiß, mal goldgelb, mal färben ihn Korallenreste sogar rosa - und es gibt auch einen Strand, der mit reiskorngroßen Quarzkristallen bedeckt ist. Wohl deshalb haben immer mehr Menschen in den letzten Jahren Flaschen oder gleich ganze Säcke voll Sand mit nach Hause genommen. Teilweise seien Strände schon sichtbar kleiner geworden, sagt Gennaro de Filippis. Andere sind für Urlauber gesperrt worden - eben, weil immer mehr Sand abhandengekommen ist.
    "Es ist äußerst wichtig für das Ökosystem, dass er dort bleibt, wo er ist. Auch weil die Natur tausende von Jahren gebraucht hat, um so etwas zu schaffen."
    Taschen werden am Flughafen auf Sand kontrolliert
    Doch fast täglich findet Michele, einer der Sicherheitsleute, Sand, Kiesel, Muscheln oder Steine, wenn er hier am Flughafen das Handgepäck scannt. Wenn man sowieso schon kontrolliert, ob in einer Tasche Flüssigkeiten oder spitze Gegenstände sind, kann man auch gleich auf Sand achten, sagt er. Zum Test legt er eine Tasche mit ein paar Flaschen voller Sand aufs Band und schickt sie durch die Sicherheitskontrolle. Auf dem Bildschirm erscheinen die Flaschen in grün mit dunklen Schatten - der Sand, sagt Michele.
    "Natürlich erkennt man ihn nicht immer sicher. Wir schaffen es zu erkennen, dass wahrscheinlich im Inneren der Tasche etwas ist, das an das erinnert, was wir suchen. In diesem Fall hier sieht man zum Beispiel, dass in den Flaschen keine Flüssigkeit ist, sondern dass sie mit etwas anderem gefüllt sind, was Sand sein könnte."
    In solchen Fällen öffnet Michele das Gepäck. Wenn es wirklich Sand ist, holt er die Polizei dazu. Die meisten reagieren einsichtig, sagt er, entschuldigen sich. Der Sand darf nicht ausreisen, sondern kommt erst mal ins kleine Büro der Security. Salvatore Carboni, der Chef der Security, zeigt auf den Tisch - dort liegen Tüten voller Muscheln neben Flaschen voller Sand.
    "Das hier sind die Flaschen mit Quarz vom Strand Is Arutas und das hier ist feiner Sand von einem anderen Strand."
    Zurück an den Herkunftsort
    Die Quarzkörner und der feine Sand werden dann wieder an ihren Herkunftsort zurückgebracht. Allerdings ist nicht immer einfach zu erkennen, welches Sandkorn von welchem Strand kommt - aber da helfen ausgerechnet die Sanddiebe, sagt Gennaro de Filippis von der Grenzpolizei.
    "Viele verstehen überhaupt nicht, welchen Schaden sie anrichten. Und daher arbeiten sie auch mit uns zusammen, das heißt, sie sagen: 'Den Sand habe ich hier mitgenommen, den Quarz dort' - sie haben kein Interesse daran, zu verbergen, was sie gemacht haben."
    Noch nicht - denn Sardischer Sand ist offenbar schon zu einem Geschäftsmodell geworden: Vor kurzem wurde gestohlener Sand aus Sardinien im Internet verkauft - übrigens von einem deutschen Anbieter.

    Mehr zum Thema