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Warnung vor Flüchtlingen
Philologenverband distanziert sich von Leitartikel

Der Deutsche Philologenverband hat sich von negativen Äußerungen über Flüchtlinge des Landesverbandes Sachsen-Anhalt distanziert. Der hatte in einem Leitartikel vor einer "Immigranteninvasion" und dem "Bedürfnis" muslimischer Männer nach Sex gewarnt.

07.11.2015
    Flüchtlinge überqueren die deutsch-österreichische Grenze
    Der Philologenverband Sachsen-Anhalt warnt vor einer "Immigranteninvasion" (dpa/picture-alliance/ Sebastian Kahnert)
    Die Stellungnahmen des Chefs des Landesverbandes Sachsen-Anhalt, Jürgen Mannke, und seiner Stellvertreterin Iris Seltmann-Kuke seien "nicht berechtigt und auch nicht akzeptabel", sagte der Bundesvorsitzende des Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, der "Mitteldeutschen Zeitung". Mannke und Seltmann-Kuke thematisierten "unbestimmte Ängste vor sexuellen Belästigungen junger deutscher Mädchen durch muslimische Einwanderergruppen". Meidinger sagte, "das Aufgreifen von unbestätigten Gerüchten in der schon jetzt aufgeheizten Situation ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg, die vor unserer Gesellschaft und vor unserem Schulwesen in Zusammenhang mit dem Zustrom von Flüchtlingen stehenden Herausforderungen zu meistern".
    Der Bundesvorsitzende sagte aber auch, dass einige Forderungen berechtigt seien, etwa vor Parallelgesellschaften zu warnen. Einwanderer müssten sich außerdem an das deutsche Werte- und Rechtssystem halten.
    Warnungen "verantwortungsbewusster Pädagogen"
    Die Äußerungen wurden in der Hauszeitschrift des Philologenverbandes in Sachsen-Anhalt veröffentlicht. "Eine Immigranteninvasion überschwappt Deutschland", heißt es zu Beginn des Editorials. Darin werden mehrere Ängste geäußert. "Es gibt viele Frauen, die als Mütter heranwachsender Töchter die nahezu ungehemmten Einwanderungsströme mit sehr vielen Sorgen betrachten." Oder: "Auch als verantwortungsbewusste Pädagogen stellen wir uns die Frage: Wie können wir unsere jungen Mädchen im Alter ab 12 Jahren so aufklären, dass sie sich nicht auf ein oberflächliches sexuelles Abenteuer mit sicher oft attraktiven muslimischen Männern einlassen?"
    Der Philologenverband Sachsen warnt vor einer "Immigranteninvasion"
    Der Philologenverband Sachsen warnt vor einer "Immigranteninvasion" (Screenshot)
    Der von Mannke und Seltmann-Kuke unterzeichnete Leitartikel betont aber auch, es sei "unsere humane Pflicht, Menschen, die in existentielle Not durch Krieg und politische Verfolgung geraten sind, zu helfen".
    Politiker sprechen von "Hetze"
    Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", der Verband verstärke damit „Gerüchte, verbreite Halbwahrheiten und benutze deutsche Werte als Keule. Linken-Landeschefin Birke Bull erklärte: "Das grenzt an Hetze." Grünen-Fraktions-Chefin Claudia Dalbert nannte den Artikel „"unterirdisch". Er bediene Vorurteile und den rechten Rand.
    Mannke wies gegenüber der Zeitung die Kritik zurück. Er bediene keine rassistischen Ressentiments. "Ich habe mir vor 1989 nicht den Mund verbieten lassen und tue das jetzt auch nicht", sagte Mannke.
    (sdö/tj)