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Wassermanagement inTeheran

Zwischen acht und zwölf Millionen Menschen leben in der iranischen Hauptstadt Teheran. So ganz genau wissen das die Behörden nicht. Was sie aber wissen ist, dass mit jedem Menschen mehr der Wasserverbrauch der Stadt steigt. Und obwohl eigentlich Trinkwasser reichlich vorhanden ist, lag vor drei Jahren die Nachfrage erstmals über dem Angebot. Dadurch aufgeschreckt, suchte die iranische Regierung nach Konzepten und Lösungen, wie der rasant steigende Wasserverbrauch verringert werden könnte. Fündig wurden die Iraner bei ihrer Suche in Berlin, wo zwei Unternehmen viel versprechende Methoden zum besseren Haushalten vorweisen konnten. Allerdings: Etwas wissen und dieses Wissen auch umsetzen zu können, ist zweierlei.

Von Kathrin Erdmann | 08.02.2005
    Eine junge Frau steht im Labor und lobt die iranische Wasserqualität als die beste der Welt, schließlich werde diese ständig überprüft. Doch die Dame im Informationsfilm der Teheraner Wasserbetriebe trägt ein bisschen dick auf, denn: Das Leitungswasser in der iranischen Hauptstadt ist zwar gefahrlos trinkbar, schmeckt jedoch stellenweise stark nach Chlor. Das weitaus größere Problem ist jedoch der zu hohe Wasserverbrauch. Mit 260 Litern pro Tag und Person ist er in Teheran mehr als doppelt so hoch wie in der deutschen Hauptstadt. Viel zu viel, erkannten auch die Iraner. Nach mehreren Treffen mit Mitarbeitern des Bundesforschungsministeriums entschieden sich die Iraner für ein gemeinsames Wasserprojekt. Als deutsche Partner wählten sie zwei Berliner Unternehmen: p2m, eine Tochtergesellschaft der BerlinWasser Holding für das Management und das Nexus-Institut für die Umsetzung. Beide Unternehmen bringen viel Auslandserfahrung mit. Die Mitarbeiter fanden schnell heraus, warum die Teheraner das Wasser so wenig als ein kostbares Gut erkennen. Projektleiter Hartmut Wesenfeld:

    In Teheran gibt es mehrere Probleme. Die Wasserpreise sind niedrig und werden oft pauschal abgerechnet. Es besteht also kein wirtschaftlicher Zwang, Wasser zu sparen. Doch nur über den Preis können die Menschen zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Wasser gezwungen. Das ist sinnvoller als Aufklärung zum Thema.

    Nur sechs Euro muss eine vierköpfige Familie monatlich für ihren Wasserverbrauch zahlen. Das ist selbst für iranische Verhältnisse günstig und regt deshalb nicht dazu an, einen tropfenden Hahn zu reparieren oder beim Zähneputzen das Wasser abzustellen. Und dann, sagt Shahrooz Mohajeri, Geschäftsführer des Nexus-Instituts, seien Wasserpreise auch im Iran immer politische Preise. Ein politisch besetztes Gremium lege die Preise fest und Punkt.

    Da wird nicht einmal annähernd darüber nachgedacht, ob die Wassertarife in irgendeiner Weise das wiedergeben, was angemessen wäre. Man denkt im Iran gar nicht in diesen betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen.

    Dementsprechend fehle den Mitarbeitern der iranischen Wasserbetriebe auch jegliche Vorstellung von Preiskalkulation. Die Berliner Ingenieure versuchen nun langsam die Iraner auf höhere Tarife einzustimmen. Die Deutschen stoßen damit jedoch nur bedingt auf offene Ohren:

    Es kommt darauf an, mit wem man redet. Die Verantwortlichen in den Betrieben sind für sehr offen für Kritik. Je weiter man jedoch in der politischen Hierarchie nach oben kommt, umso größer sind die Vorbehalte.

    Gemeint ist damit vor allem das Energieministerium, das direkt für die Staudämme und vor allem für die Stauseen verantwortlich ist. Das Ministerium will die Millionenstadt langfristig nur noch auf diesem Weg versorgen. So soll verhindert werden, dass der Grundwasserspiegel weiter sinkt, sagt der Berliner p2m-Ingenieur Hartmut Wesenfeld.

    Aus diesem Grund werden nicht nur weitere Staudämme geplant. Es soll auch weitere Zuleitungen zur Stadt von den vorhandenen Staudämmen geben. Außerdem gibt es Projekte für weitere Wasserwerke.

    Gerade wird das fünfte Wasserwerk gebaut, zwei weitere sind in Planung. Damit wird der ständig steigende Bedarf der Millionenstadt Teheran immer wieder gedeckt. Zum Wassermanagement der Berliner gehört auch die Entsorgung – die erste Bilanz nach den ersten Monaten Arbeit:

    Die Abwassersammlung und die Ableitung in das Kanalisationssystem funktionieren gut. Es ist auch weitgehend ein Kanalisationssystem vorhanden. Begünstigt wird die Ableitung in den Süden der Stadt durch die Lage Teherans, denn die Stadt hat ein Gefälle von 700 Metern.

    Bisher konnte durch immer neue Staudämme und Kanäle die Versorgung der Millionenstadt gewährleistet werden, dennoch hält Wesenfeld einen Engpass für möglich. Dann nämlich, wenn es im Winter nicht ausreichend schneit und einer der schlecht gedichteten Staudämme nicht genug Wasser halten kann. Was er nicht sagt: Die erste Kläranlage wird gerade erst geplant.

    Es gibt noch viel zu tun für die deutschen Ingenieure. Bis Ende nächsten Jahres haben sie noch Zeit.