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Wieder gehen dank Stammzellen

Medizin. - Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat die weltweit erste Genehmigung für eine Therapie mit embryonalen Stammzellen am Menschen erteilt. Somit dürften erste klinische Tests an freiwilligen Patienten mit Querschnittslähmung durchgeführt werden.

Von Arndt Reuning | 26.01.2009
    Gelähmte könnten eines Tages wieder gehen. Diese Hoffnung steckt hinter der Stammzelltherapie, welche das kalifornische Biotechnologie-Unternehmen Geron Corporation nun an Menschen erproben möchte. Aus humanen embryonalen Stammzellen haben die Forscher ein Präparat entwickelt, das im Rückenmark der Patienten verletzte Nervenzellen teilweise wiederherstellen soll. Allzu große Erwartungen auf eine vollständige Heilung dämpft aber der Geron-Geschäftsführer, Thomas Okarma.

    "Indem wir diesen Patienten unsere Zellen injizieren, hoffen wir, dass sich ihr Zustand bessern wird. Von einem Leben im Rollstuhl hin zu einem Leben, wie es teilgelähmte Menschen führen - so dass sie an einer Physiotherapie teilnehmen können. Das ist unser Behandlungsziel."

    Im Tierversuch an gelähmten Ratten konnten die Wissenschaftler den Tieren einen Teil ihrer Bewegungsfähigkeit zurück geben. Die im Sommer anlaufende Studie an Menschen soll zunächst klären, ob die Behandlung keine Risiken für die Patienten birgt. Ihr körpereigenes Immunsystem könnte die fremden Zellen nämlich abstoßen. Entzündungen wären die Folge. Deshalb werden die Studienteilnehmer in den ersten Wochen Medikamente erhalten, die solche Immunreaktionen unterdrücken. Auf längere Sicht besteht die Gefahr, dass die Zellen anfangen, unkontrolliert zu wuchern.

    "Es geht dabei nicht um Krebs, sondern um so genannte Teratome. Das sind gutartige Wucherungen, die man aber im Rückenmark natürlich trotzdem nicht haben will. Wir haben das bei den Ratten zwölf Monate lang untersucht und kein einziges Teratom in den Tieren gefunden."

    Vier Jahre haben die Geron-Wissenschaftler für die Genehmigung der klinischen Studie geforscht, knapp 22.000 Seiten sind für den Antrag zusammen gekommen. Im vergangenen Mai hatte die Zulassungsbehörde FDA das Verfahren aber erst einmal auf Eis gelegt. Manche Beobachter hatten vermutet, dass die Behörde es lieber gesehen hätte, wenn die allererste Therapie mit embryonalen Stammzellen nicht an einem solch komplexen Gebilde wie dem Zentralen Nervensystem erprobt würde. Ein Fehlschlag könnte dem ganzen Arbeitsgebiet schaden und es um Jahre zurück werfen. Andererseits wächst der Druck von Seiten der Patientenvereinigungen, die fordern, dass die Therapien aus dem Labor nun endlich ihren Weg in die Klinik finden sollen.

    Die Entscheidung der FDA kommt nun zu einem Zeitpunkt, der eine Wende in der Stammzellpolitik der US-Regierung einleiten könnte. Die Forschergemeinschaft erwartet, dass Präsident Obama das Verbot der Vorgänger-Regierung aufheben wird. George W. Bush hatte angeordnet, dass Fördergelder der Bundesregierung nur an solche Projekte fließen sollen, die mit Stammzelllinien arbeiten, die schon vor dem 9. August 2001 existiert haben. Viele Wissenschaftler sehen das als nicht praktikabel an, sagt Susan Solomon von der privaten Förderorganisation New York Stem Cell Foundation.

    "Diese Zelllinien sind wirklich veraltet. Niemand, der etwas auf sich hält, möchte an ihnen forschen. Sie sind einfach überholt und sie verhalten sich nicht immer so, wie sie es sollten."

    Interessanterweise hat die Geron Corporation aber genau auf jene alten Linien zurückgegriffen, die unter dem Bush-Erlass frei gegeben waren. Trotzdem hat das Biotechnologie-Unternehmen für das Projekt keine Fördermittel vom der amerikanische Bundesregierung beantragt.