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"Wir brauchen konkrete Finanzzusagen"

Roland Wöller pocht auf die Eigenständigkeit der Länderbildungspolitik. Hier dürfe der Bund nicht mit einem nationalen Bildungspakt hineinregieren. Vielmehr sollte er über die Abgabe von Umsatzsteuerpunkten die Länder in die Lage versetzen, Bildungsverantwortung wahrzunehmen.

Roland Wöller im Gespräch mit Kate Maleike | 13.12.2010
    Kate Maleike: Der Vorschlag für einen nationalen Bildungspakt liegt nun auf dem Tisch, zwar noch nicht konkret ausformuliert, aber ausgesprochen. Nur braucht der natürlich möglichst 16 überzeugte Mitstreiter und Unterzeichner. Einer, der sich auch als ja Befürworter eines besseren Miteinanders in Sachen Bildung versteht, ist Roland Wöller, der sächsische Kultusminister. Vor der Sendung habe ich mit ihm über die Idee eines nationalen Bildungspaktes gesprochen und auch darüber, wie er denn die aktuelle Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern beurteilt?

    Roland Wöller: Also die Zusammenarbeit hat große Fortschritte gemacht. Wir haben ja das ganztagsschulische Programm gemeinsam auf den Weg gebracht und auch finanziert, und wir haben darüber hinaus uns verständigt, gerade im Bereich frühkindlicher Bildung mehr tun zu wollen. Es hat zwei, drei Bildungsgipfel gegeben mit überschaubaren Ergebnissen und wir müssen weiterkommen insbesondere bei der Wahrnahme gesamtstaatlicher Verantwortung, sowohl Bund und Länder. Da gibt es auf jeden Fall noch Defizite und die liegen klar in der Finanzierung.

    Maleike: Würden Sie sich denn der Forderung von Frau Burchardt nach einem nationalen Bildungspakt anschließen wollen?

    Wöller: Also der muss natürlich konkret ausgestaltet sein. Ich kenne die genauen Einzelheiten nicht, aber ich glaube Bund und Länder sind ja bereits im Gespräch und der Streitpunkt ist: Will der Bund Einzelprogramme finanzieren und damit in die Länderhoheiten reinregieren, oder gelingt es, über die Abgabe von Umsatzsteuerpunkten die Länder tatsächlich in die Lage zu versetzen, Bildungsverantwortung auch auszufinanzieren und wahrzunehmen? Ich glaube, wir brauchen keine Bildungspolitik, die alles über einen Leisten schert, sondert, sondern wir brauchen Länder, die auch finanziell stark sind und die abgestimmt auf die regionalen Besonderheiten Bildungspolitik besser machen können als in der Vergangenheit.

    Maleike: Jetzt ist ja dieses sogenannte Kooperationsverbot, was bislang per Grundgesetz verhindert, dass der Bund sozusagen in Bildungsfragen, die ja Ländersache sind, aktiv wird, sowieso schon in der Diskussion. Bundesbildungsministerin Schavan hatte angekündigt und hat es noch, dieses Kooperationsverbot angehen zu wollen. Wäre möglicherweise der nationale Bildungspakt das Gegenmodell dazu für Sie?

    Wöller: Entscheidend für mich ist, dass Bildung tatsächlich in der Qualität vorankommt, und gute Bildung heißt guter Unterricht. Wir müssen auf die Lehrer setzen, wir müssen auf die Lehrerausbildung setzen, wir müssen verstärkt ganztagsschulische Angebote ausweiten und natürlich auch die individuelle Förderung verbessern. Alles, was diesem Ziel dient, ist willkommen. Ich glaube, wir brauchen keine weiteren Streitigkeiten. Bund und Länder haben sich klar auf eine abgegrenzte Verantwortung verständigt, die aus meiner Sicht auch richtig so ist. Der Bildungsföderalismus hat sich bewährt in Deutschland, er ergibt die besten Modelle im Wettbewerb. Sachsen ist dabei ganz oben und die Ergebnisse hätten wir nicht erzielt, wenn wir eine einheitliche Bundesbildungspolitik vonseiten Berlin gehabt hätten. Insofern, glaube ich, muss man darauf Wert legen, dass die Länder eigenständig bleiben. Aber wir können mit dem Bund zusammenarbeiten, auch das Kooperationsverbot im Grundgesetz hindert nicht, zusammenzuarbeiten. Entscheidend ist für uns, dass der Bund sich nachhaltig an der Finanzierung beteiligt. Das kann er tun, indem er uns Umsatzsteuerpunkte abgibt. Das verweigert er bislang. Das begrüßen wir natürlich nicht. Wenn er dazu in der Lage wäre und sich durchringt in den nächsten Jahren, glaube ich könnte die Bildungsrepublik Deutschland auch noch deutliche Fortschritte machen.

    Maleike: Ein nationaler Bildungspakt macht aber natürlich nur Sinn, wenn alle mitmachen. Wie sieht es mit Sachsen aus, wären Sie bereit, sich zumindest mal über diesen Vorschlag zu informieren?

    Wöller: Selbstverständlich sind wir offen über die Gespräche, bloß ich vermute, dass also auch ein nationaler Pakt und Bildungsgipfel in dieser Situation wenig weiterhelfen, wir brauchen konkrete Schritte, wir brauchen konkrete Finanzzusagen. Die Länder haben ja – das zeigt ja PISA –, alle Länder haben Fortschritte gemacht, da sind wir auf dem richtigen Weg. Das kann der Bund noch unterstützen, und dazu gehört natürlich auch eine gute Finanzausstattung. Die muss er gewährleisten. Wenn er dazu nicht in der Lage und bereit ist, dann macht auch ein nationaler Bildungspakt wenig Sinn.

    Maleike: Zum Vorschlag, alsbald einen nationalen Bildungspakt in Deutschland zu schnüren, war das der sächsische Kultusminister Roland Wöller. Danke für das Gespräch, wir haben ihn unterwegs im Auto erreicht!