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Zahlenunsinn von Verschwörungstheoretikern
Die teuflisch gute Neigung der Erdachse

Kürzlich präsentierte ein Musiker in einem Messenger-Dienst eine bemerkenswerte Rechnung. Die Erdachse sei um 23,4 Grad geneigt. Ziehe man dies von 90 Grad ab, ergäbe das 66,6 Grad.

Von Dirk Lorenzen | 29.07.2020
Kein Zweifel: Unsere Erde ist eine Kugel im Weltraum
Nicht teuflisch, sondern himmlisch: Durch die Neigung der Erdachse haben wir den Wechsel der Jahreszeiten (NASA)
Dreimal die 6, also die Zahl 666, gilt vielen als die Zahl des Teufels. Der Musiker kommentierte seine erstaunliche Subtraktion mit den Worten: "Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Aber es denkt ja keiner, oder?"
Wer sich die Fakten ansieht, wird denken, dass der Musiker teuflisch gerundet hat. Tatsächlich ist die Drehachse der Erde um 23,44 Grad gegen die Erdbahnebene geneigt. Von 90 abgezogen bleiben 66,56 Grad.
Das ist die geographische Breite des nördlichen und südlichen Polarkreises. An den Polarkreisen geht zu Sommer- und Winteranfang die Sonne nicht unter beziehungsweise nicht auf.
Sonnenuntergang
Stünde die Erdachse senkrecht, so würde die Sonne jeden Tag zwölf Stunden lang scheinen und immer zur gleichen Zeit untergehen (ESO)
Die Achsenneigung von 23,44 Grad entspricht der Breite des nördlichen und südlichen Wendekreises. Zu unserem Sommeranfang steht die Sonne genau über dem nördlichen, zu unserem Winteranfang genau über dem südlichen Wendekreis.
Mit einer Periode von rund 40.000 Jahren schwankt die Neigung der Erdachse um zweieinhalb Grad. Dies geht vor allem auf den Einfluss des Mondes zurück. Diese Veränderung ist offenbar eine der Ursachen für die Eiszeiten.
Die Neigung der Erde ist nicht teuflisch, sondern wunderbar: Sie beschert uns den Wechsel der Jahreszeiten und somit jetzt warme lange Sommertage.