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Zweckgemeinschaft

Zoologie.- Afrikanische Termiten nutzen eine besondere Pilzart, um Pflanzen besser verdauen zu können: Die Insekten schleppen Grünzeug ins Nest, zerkauen es und lassen es dann von ihren Untermietern bearbeiten. Als Gegenleistung werden die Pilze von den Termiten gehegt und gepflegt.

Von Christine Westerhaus | 23.11.2009
    Pilz züchtende Termiten sind nicht nur perfekte Baumeister, sondern auch treue Lebensgefährten. Seit mehr als 30 Millionen Jahren führen sie mit dem gleichen Pilz eine ziemlich erfolgreiche Lebensgemeinschaft. Doch auch wenn beide Partner in dieser Symbiose voneinander profitieren - ganz ohne Kontrolle funktioniert auch diese Beziehung nicht. Um sicherzustellen, dass die erfolgreiche Paarung Bestand hat, sorgen die Termiten dafür, dass nur diejenigen Pilze sich in der Kolonie ausbreiten, deren Erbgut sich bewährt hat.

    "Das erstaunliche Ergebnis unserer Untersuchung ist, dass wir in den verschiedenen Kolonien, die wir untersucht haben, jeweils immer nur Pilze mit identischen Erbanlagen gefunden haben. Von Nest zu Nest gibt es sehr viele Variationen, aber innerhalb einer Kolonie haben alle Individuen exakt die gleichen genetischen Eigenschaften."

    Duur Aanen von der Universität Wageningen. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er beobachtet, dass die Termiten in ihrem Pilzgarten eine Art genetische Zuchtwahl treffen. Sie fressen gezielt diejenigen Pilze, die einen kleineren Fruchtkörper ausbilden. So nennen Biologen den Teil eines Pilzes, der die Sporen produziert. Die größeren Fruchtkörper bleiben verschont und können ungehindert weiterwachsen. Zudem bilden Pilze unterirdische Netzwerke mit anderen Individuen. Allerdings nur dann, wenn diese die gleichen genetischen Eigenschaften haben, wie sie selbst. Diese vernetzten Pilze bilden größere Fruchtkörper aus, als Individuen ohne Seilschaften. Weil die Termiten nur die kleineren Fruchtkörper wegfressen, führt das mehr und mehr dazu, dass genetisch baugleiche Pilze in der Kolonie die Oberhand gewinnen.

    "Langfristig führt das dazu, dass jede Kolonie mit einem Pilz verbunden ist, dessen Individuen alle geklont sind. Termiten und Pilze führen gewissermaßen eine monogame Beziehung. Und weil sie so aufeinander angewiesen sind, haben sie kaum die Möglichkeit, sich gegenseitig zu betrügen. Denn wenn sie das tun, schaden sie sich selber."

    Nicht nur afrikanische Termiten führen eine erfolgreiche Partnerschaft mit Pilzen. Auch Blattschneideameisen, die den tropischen Regenwald bevölkern, bauen auf diese Erntehelfer. Die Bilanz dieser Lebensgemeinschaft ist enorm: Eine einzige Kolonie verbraucht 240 Kilogramm Trockengewicht an Pflanzenmaterial pro Jahr. Das Nest kann bis zu 20 Quadratmeter groß werden, mit bis zu acht Millionen Individuen darin. Das Erfolgsrezept ist eine Dreiecksbeziehung, haben nun Forscher aus Costa Rica und den USA beobachtet. Blattschneideameisen sind nicht nur mit Pilzen verbändelt, sondern lassen sich zusätzlich noch mit Bakterien ein. Diese Mikroorganismen fixieren Stickstoff aus der Luft und düngen damit den Pilzgarten.

    "Ohne die Hilfe dieser Bakterien wären die Ameisen niemals in der Lage, so riesige Kolonien zu bilden. Stickstoff ist ein limitierender Faktor für das Wachstum im tropischen Regenwald. Vor allem für Insekten wie Blattschneideameisen, die sich ausschließlich von Pflanzen ernähren. Die Luft besteht zwar zu 80 Prozent aus Stickstoff, aber nur Bakterien sind in der Lage, diesen zu verwerten."

    Adrian Pinto-Tomás von der Costa Rica Universität in San Jose. Mit markierten Stickstoff-Molekülen konnten die Forscher im Labor nachweisen, dass dieses Element tatsächlich über die Bakterien in die Ameisenkolonie gelangt. Die Wissenschaftler schätzen, dass die Mikroorganismen pro Nest jährlich an die zwei Kilogramm Stickstoff zusätzlich eintragen. Und der wirkt wie eine kräftige Ladung Dünger. Damit sind die Kolonien von Blattschneideameisen ein wichtiger Nährstofflieferant für den tropischen Regenwald. Und ihr Erfolg zeigt, dass die Partnerschaft mit Pilzen und Bakterien ein Beziehungsmodell mit Zukunft ist.

    "Die Blattschneideameisen sind im lateinamerikanischen Regenwald dominant und die Termiten in Afrika. Unabhängig voneinander haben sie das gleiche Landwirtschaftssystem mit Pilzanbau entwickelt, obwohl sie nur entfernt miteinander verwandt sind. Und diese Lebensgemeinschaft ist so erfolgreich, dass beide Arten in ihrem jeweiligen Lebensraum die Oberhand gewonnen haben."