Die Antwort auf die vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl bei einem Bundestagswahlkampfauftritt im Herbst 1990 in Chemnitz gestellte Frage fällt - aus der heutigen Perspektive - eher ernüchternd aus. Trotz der milliardenschweren Transferhilfen, die seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 nach Ostdeutschland geflossen sind, hinken die neuen Bundesländer den alten noch immer rettungslos hinterher. Und dies gilt für alle gesamtwirtschaftlich wichtigen Faktoren wie Pro-Kopf Einkommen, Produktivität der Arbeit oder auch Grad der Beschäftigung.
Auf der anderen Seite herrscht weitgehend Einigkeit in dem Urteil , dass der Aufbau Ost - gemessen an der historisch beispiellosen Aufgabe und den bereits erzielten Erfolgen - durchaus positiv bewertet werden muss. Auch Manfred Stolpe, Ministerpräsident von Brandenburg, ist mit dem bislang Erreichten durchaus zufrieden:
Manfred Stolpe : Wir haben jetzt gerade unlängst festgestellt, dass wir diesen 40-jährigen Rückstand im ökonomischen Bereich, im infrastrukturellen Bereich, den die DDR hatte, zur Hälfte abgebaut haben. In 10 Jahren also 20 Jahre Rückstand aufgeholt haben. Wir haben noch die Hälfte vor uns, aber wir haben auch schon die Hälfte geschafft. Das ist so nach meiner Beobachtung eine Haltung, die man bei allen, die realistisch und nüchtern die Lage betrachten, vorfindet.
Das klang zu Beginn der 90er Jahre noch ganz anders. Damals hegten selbst die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft die Hoffnung, dass sich das deutsche Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit auch in Ostdeutschland wiederholen werde. Die Einführung der Marktwirtschaft sowie die gewaltigen Aufbauleistungen sowohl bei der Infrastruktur, aber auch der Industrie würden ebenfalls ein stürmisches Wachstum auslösen, so zumindest die Meinung der Optimisten.
Spätestens aber das Angebot Helmut Kohls am 6. Februar 1990 an die DDR, mit der Bundesrepublik eine Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion einzugehen, ließ erahnen, dass eine deutsche Einheit sehr, sehr viel Geld kosten würde. Der Druck auf die Politik in diesen Tagen war immens. "Kommt die D-Mark, bleiben wir; kommt sie nicht, gehn wir zu ihr" - skandierten die Demonstranten auf der Straße".
Noch im gleichen Jahr wurden die Löhne, Gehälter und Renten im Verhältnis 1:1 umgestellt, Geldvermögen über 6000 DDR-Mark im Verhältnis 2:1. Aus politischer Sicht sicherlich ein notwendiger Schritt, ökonomisch dagegen hatte die Umstellung fatale Konsequenzen. Von einem Tag auf den anderen wurden die Ostbetriebe um 400 Prozent aufgewertet, damit aber stiegen auch die Kosten um das Vierfache, betont Karl Brenke, zuständig beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin für die Regional- und Verkehrsforschung:
Karl Brenke: Über Nacht wurde die ostdeutsche Wirtschaft, den ihr der Wechselkurs damals noch bot, beraubt. Und auf breiter Front konnte dann die ostdeutsche mit den neuen Konkurrenzbedingungen aus dem Westen dann nicht mehr mithalten. Aus politischer Sicht war die Währungsunion notwendig und nicht zu vermeiden. Von daher ist eine Bewertung zwiespältig. Was aber ein großer Fehler gewesen ist, dass man den Menschen damals erzählt hat, dass man sehr schnell an den Lebensstandard im Westen anknüpfen könnte und entsprechend dann in Lohnforderungen umgesetzt worden ist. Die Löhne stiegen massiv an 1991/92 - dass hat den Aufbau Ost massiv behindert.
Das Ergebnis: im Gegensatz zur ökonomischen Einheit ist die soziale Wiedervereinigung viel weiter vorangekommen. Beispiel Renten: zwischen 1990 und 1999 stiegen die Altersbezüge für Männer in Ostdeutschland um das Dreifache. Beispiel Tariflöhne: Schon 1998 erreichte das ostdeutsche Tarifniveau immerhin schon 91 Prozent das der westdeutschen Bundesländer.
Der ökonomische Aufholprozess ist aber schon Mitte der 90er Jahre faktisch zum Stillstand gekommen. Konnte die ostdeutsche Konjunktur noch zu Beginn der 90er Jahre, getragen von einer boomenden Bauwirtschaft, um fast 10 Prozent zulegen, war die Wachstumsrate 1998 bereits auf zwei Prozent gefallen. Die Produktivität pro Kopf, die 1991 noch bei 31 Prozent des Westniveaus lag, verharrt seit 1996 bei rund 60 Prozent, während die Lohnkosten im gleichen Zeitraum rasant angestiegen sind. Diese daraus resultierende Produktivitätslücke ist nicht zuletzt die Hauptursache für die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit von rund 18 Prozent.
Ernüchternd auch eine andere Zahl: Jede dritte Mark, die der Osten ausgibt, wird nicht dort erwirtschaftet, sondern kommt aus dem Westen. Dennoch gibt es nach Meinung des Ostbeauftragen der Bundesregierung, Staatsminister Rolf Schwanitz zu den Transferleistungen keine Alternative:
Rolf Schwanitz : Das hängt damit zusammen, dass Ostdeutschland noch immer mit Standortnachteilen zu kämpfen hat: im infrastrukturellen Bereich, in der Art, wie sich dort Unternehmen in der Selbständigkeit fügen, mit welcher Eigenkapitalbasis, mit welchem Zugang zu Risikokapital und anderen Dingen mehr sie in Ostdeutschland in der Branche stehen. Und, was zur Besonderheit auch dazugehört - mit ihrer kleinteiligen Struktur. Noch immer ist die klein- und mittelständische Wirtschaft im Osten der Normalfall. Das macht besondere Schwierigkeiten aus, beim Innovationsvorgang - neue Verfahren und Technologien zu entwickeln - aber auch beim Eindringen in überregionale Märkte. Deswegen sind Unterstützung und Hilfen für die nächsten Jahre unabdingbar.
Wieviel öffentliche Gelder bereits jetzt schon in die ostdeutschen Bundesländer geflossen ist, darüber streiten selbst die Experten. Denn je nach Berechnungsgrundlage und politischem Standpunkt kommen die Politiker und Fachleute zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Inzwischen aber hat sich vor allem eine Zahl, so Karl Brenke vom Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung weitgehend durchgesetzt:
Karl Brenke : Das sind pro Jahr über den Daumen gepeilt etwa 140 Milliarden Mark, von denen der größte Teil im Rahmen bundeseinheitlicher Gesetze gezahlt werden. Dabei spielen insbesondere die Renten- und die Arbeitslosenversicherung eine Rolle. Allerdings muss man sagen, dass bei diesen (...) Milliarden auch einiges wieder in den Westen zurückfließt. Dadurch etwa, dass ostdeutsche Bürger Waren kaufen, die im Westen produziert werden und dann eben Steuern anfallen in Baden-Württemberg oder Bayern für dort produzierte Güter.
Damit aber schmilzt die Summe, die direkt für den Aufbau Ost als Infrastrukturhilfe oder als Investitionshilfe für die Unternehmen geleistet wurde und wird, schnell zusammen. Nach dem Jahresbericht der Bundesregierung von 1999 belaufen sich die Subventionen derzeit auf rund 40 Milliarden Mark jährlich, die Hälfte dieser Summe wird dabei mit Hilfe des Solidaritätszuschlages finanziert.
Dass gerade auch zu Beginn der ostdeutschen Förderpolitik schwerwiegende Fehler begangen wurden, will der Ostbeauftrage der Bundesregierung dabei gar nicht abstreiten. Vor allem durch die Sonderabschreibungsmöglichkeiten auf Immobilien, aber auch bei der Förderung von Gewerbegebieten sei viel Geld in die falsche Richtung gelenkt worden. Mit den daraus resultierenden negativen Folgen, so Schwanitz, hätten die ostdeutschen Länder und Kommunen bis heute zu kämpfen:
Rolf Schwanitz : Wir haben natürlich Investitionen in Ostdeutschland in die Landschaft gesetzt bekommen, die keiner braucht. Die leerstehenden Bürohäuser, die am Rande der Städte stehen. Wir haben enorme Haushaltslöcher in den öffentlichen Kassen des Bundes, der Länder und auch der Gemeinden in Folge dieser undifferenzierten Abschreibungssituation und wir haben eine überproportional ausgeprägte Baubranche. Die ist so in Ostdeutschland gar nicht vorhanden gewesen, die ist in Folge der Förderung entstanden und befindet sich heute noch immer in einem mehrjährigen, ganz schmerzlichen Anpassungsprozess.
Natürlich habe auch die damalige unionsgeführte Bundesregierung gerade zu Beginn der deutschen Wiedervereinigung in ihrer Förderpolitik Fehler gemacht - Günther Nooke, Sprecher der ostdeutschen CDU-Abgeordneten im Bundestag, will dies gar nicht abstreiten. Allerdings verweist Nooke auf die historische Einmaligkeit der Aufgabe, bei der man sich auf keinerlei Erfahrungen habe stützen können. Schließlich habe die Ostförderung schon von Beginn an - im übrigen ganz bewusst - eine sehr starke sozialpolitische Komponente enthalten:
Günther Nooke: Wir brauchen uns das nur in Berlin anzugucken, in der Friedrichstrasse. Da wurde Ende 90 noch ein Parkhaus fertiggebaut. Da war aber schon klar, dass an einer solchen zentralen Stelle keine Front als Parkhaus entstehen konnte...das konnte jeder erkennen.....dafür ist Geld ausgegeben worden. Die Arbeiter hatten ihren Job, aber ob das sinnvoll war, das kann man schon fragen.
Allerdings wurden bereits unter der schwarz-gelben Bundesregierung in der Förderpolitik neue Schwerpunkte gesetzt. Mehr Geld für Investitionen mit langfristigen Wachstumsperspektiven sowie die Stärkung von Industrie und Produktion heißt seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre die Devise der Förderpolitik, weniger Geld für die konsumnahen Bereiche wie bspw. den Dienstleistungssektor. Längst hat sich herausgestellt: Banken und Versicherungen brauchen keine Subventionen, sie wären ohnehin nach Ostdeutschland gekommen.
Wie aber soll die Förderung der fünf neuen Bundesländer in Zukunft ausgerichtet sein; wieviel Geld braucht der Osten noch, um irgendwann einmal auf finanziell eigenen Füßen stehen und im nationalen wie internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Und nicht zuletzt - wie lange sollen Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg Vorpommern und Brandenburg mit Sondertransfers aus dem Westen subventioniert werden - eine Frage, die auch die Steuerzahler beantwortet haben wollen, ganz zu schweigen von den westdeutschen Bundesländern. Noch aber will fast niemand konkrete Zahlen nennen, nicht zuletzt aus Furcht vor einer neuerlichen Debatte unter der Überschrift "Der Osten- ein Faß ohne Boden". Auch Manfred Stolpe, Ministerpräsident von Brandenburg, bleibt lieber allgemein:
Manfred Stolpe: Hier muss nicht in Zahlen operiert werden, hier muss in Zukunft mehr aufgaben-, problemorientiert nachgedacht werden. Sicher ist, dass die Einstellung von Zahlungen und ein starker Rückbau von seiten des Bundes und seitens der Länder einen Einbruch bedeuten würde. Das heißt: Das, was wir in den letzten 10 Jahren aufgeholt haben, würde massiv gefährdet. Das ist die Grundtatsache. Dann aber wird es wichtig sein, hier Schwerpunkte zu setzen. Es gilt zu klären, wo liegt der Grundbedarf. Wo können auch die ostdeutschen Länder mithelfen, bspw. durch eine harten Sanierungskurs bei ihren Haushalten (...). Und dann wird sich bei den Prioritäten schnell herausstellen, dass Fragen der Infrastruktur, Fragen der Sanierung von Altstädten, Fragen der Sanierung und Modernisierung der großen Neubaugebiete eine große Rolle spielen werden. Und dass es weiterhin wichtig sein wird Hilfen zu leisten bei Existenzgründungen.
Dennoch wird man um eine Diskussion über konkrete Zahlen nicht herum kommen, denn der sogenannte Solidarpakt 1 läuft im Jahr 2005 aus. Dieses finanzielle Hilfspaket trat 1995 mit der gleichberechtigten Aufnahme der fünf ostdeutschen Länder in den Länderfinanzausgleich für den Zeitraum von 10 Jahren in Kraft. Längst gilt der Solidarpakt mit einem jährlichen Finanzvolumen von rund 57 Milliarden Mark als finanzielles Rückrad des Aufbaus Ost. Er regelt unter anderem die Höhe der Umsatzsteuerverteilung der neuen Länder, den Länderfinanzausgleich, die Bundesergänzungszuweisungen sowie Maßnahmen im Rahmen des Investitionsfördergesetzes.
Fest steht aber bislang nur: Es wird 2005 einen Solidarpakt zwei geben, der allerdings zeitlich zusammenfällt mit der vom Bundesverfassungsgericht aufgetragenen Neuordnung des Länderfinanzausgleichs. Die finanzielle Ausstattung des neuen Hilfspakets wird erst noch auszuhandeln sein - nach Berechnungen der fünf großen deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute ist der Transferbedarf allerdings auch in Zukunft immens.
Auch im Jahr 2004, so das Ergebnis einer von den neuen Bundesländern in Auftrag gegebenen Studie, dürfte in Ostdeutschland noch immer eine Infrastrukturlücke von 30 bis 40 im Vergleich zum Westen klaffen - vor allem beim Straßennetz, aber bspw. auch im Bereich der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Diese Lücke bis zum Jahr 2030 zu schließen, werde zwischen 280 und 375 Milliarden Mark kosten.
Die Bundesregierung hat angesichts dieser gewaltigen Summe bislang auf eine Stellungnahme verzichtet - angesichts der angespannten Haushaltslage bei Bund, Länder und Kommunen wird wohl nicht zu unrecht eine neue Neiddebatte befürchtet. Weniger konfliktträchtig ist da schon die strukturelle Neuausrichtung der zukünftigen Fördermaßnahmen - Karl Brenke vom DIW zu den Grundzügen:
Karl Brenke : Die Unternehmensförderung sollte man auf diejenigen Unternehmensbereiche beschränken, die in den neuen Bundesländern Einkommen aus anderen Bundesländern atrahieren können. Das sind relativ wenige Wirtschaftsbereiche. Dazu zählt die Industrie, EDV-Dienstleistungen und der Tourismus. (...). Und, das ist ein weiterer Punkt: Die Förderung sollte weniger auf eine Vielzahl von Maßnahmen zugeschnitten sein, sondern die Förderung sollte sich auf wenige Maßnahmen konzentrieren. Das ist auch für die Unternehmen transparent. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass der größte Teil der Unternehmen gar nicht weiß, was es alles an Subventionen gibt.
Darüber hinaus mehren sich die Stimmen, die eine Beschränkung der Unternehmenssubventionen fordern, denn aus staatlicher Dauerförderung entsteht schnell eine Subventionsmentalität, die Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit verhindert. Deshalb drängt selbst der Bundesverband der deutschen Industrie auf eine Neuausrichtung, so Hans-Jochim Hass, Abteilungsleiter Allgemeine Wirtschaftspolitik beim BDI:
Hans-Jochim Hass: Ich habe wirklich Zweifel, ob ein Unternehmen, (...) dass es nach 10 Jahren am Markt nicht geschafft hat, ohne Subventionen zu behaupten, ob es das überhaupt schafft. Es sind auch Lerneffekte, die erzeugt werden. Insofern sind wir auch der Meinung, solche staatliche Hilfen müssen auch degressiv angelegt werden. Sie müssen mit merklicher Intensität starten, müssen dann aber abnehmen. Das Unternehmen muss schrittweise lernen, ohne diese Hilfen auszukommen.
Schließlich, auch diese Entwicklung zeichnet sich ab, dürften die Fördermittel ab dem Jahr 2005 zielgenauer verteilt werden, nachdem sich das "Gießkannenprinzip" in der Vergangenheit oftmals als ineffizient herausgestellt hat. Zumal es in Ostdeutschland längst keinen einheitlichen Wirtschaftsraum mehr gibt. Wachstumzentren wie Leipzig, Halle/Saale, Jena, Erfurt oder auch Chemnitz haben sich von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung in Ostdeutschland abgekoppelt und an den Westen aufgeschlossen. Dieser ökonomischen Realität sollte auch die Ostförderung angepasst werden, meint der zuständige Staatsminister Schwanitz:
Schwanitz : Ich glaube, dass man von der Grundtendenz - und nur davon kann man zur Zeit sprechen - eine Orientierung stärker in eine regional differenzierte Förderstruktur, weniger stark als eine flächendeckend als Rechtsanspruch ausgestattete Wirtschaftsförderung. Und damit auch mehr Einzelfall bezogen - das das in der Tat eine ganz zentrale Frage ist. Wir werden dabei auch über verschiedene Ebenen sprechen müssen. In der jetzigen Förderperiode haben wir den Aufbau Ost gestaltet als eine Art Gemeinschaftswerk zwischen den neuen Ländern, zwischen dem Bund, aber auch mit Hilfe der Europäischen Union. Eine stärkere differenzierte, regional ausgerichtete Ausrichtung des Ausbau Ost Förderkonzeptes wird die neuen Länder stärker in den Blickpunkt rücken.
Die sich dabei aber weiterhin auf ein großzügiges finanzielles Engagement des Bundes verlassen können. Denn niemand bestreitet, dass die ostdeutschen Länder vor allem bei den Infrastrukturhilfen, nicht zuletzt wegen der im Vergleich zum Westen noch wesentlich geringeren Steuereinnahmen, auch langfristig auf staatliche Transferleistungen dringend angewiesen sei werden. Hans-Jochim Hass vom BDI wagt eine vorsichtige Prognose:
Hans-Jochim Hass : Wir werden 10 Jahre mindestens noch brauchen, um Ostdeutschland auf einen Level zu heben, wo wir sagen könne, wie sind zufrieden. Auf der anderen Seite macht es auch keinen Sinn, sich ständig auf irgendwelche Durchschnittszahlen aus Westdeutschland zu orientieren. Wir haben auch in Westdeutschland - wenn sie etwa die Entwicklung zwischen dem Saarland und Schleswig Holstein mit der in Bayern oder Baden Württemberg vergleichen, enorme Unterscheide. Also gewisse regionale Unterschiede wird man einfach akzeptieren müssen.
Vor allem die anziehende Konjunktur bietet nach übereinstimmender Meinung der Experten auch für die ostdeutschen Unternehmen die Chance, ihre Wettbewerbsposition nicht nur zu verbessern, sondern auch auszubauen. Ostdeutschland fällt nicht mehr weiter zurück, stellte bspw. auch das DIW in seiner jüngsten Konjunkturprognose erleichtert fest. Ohne allerdings auf die Einschränkung zu verzichten, dass die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt noch immer unbefriedigend sei. Zumal dem Aufholprozess nach Einschätzung von Brandenburgs Ministerpräsidenten Stolpe nun auch eine Gefahr droht, mit der die wenigsten gerechnet haben:
Manfred Stolpe: Es ist eine reale Gefahr für unser wirtschaftliches Handeln, für unsere Bestrebungen für Investitionen, für unsere Bemühungen um Exporte. Wenn der Eindruck entsteht - Deutschland und in unserem Fall Brandenburg - ist fremdenfeindlich, hat hier eine geradezu eine gefährliche Situation für Menschen anderer Hautfarbe - wenn sich dieser Eindruck durchsetzen würde, hat das unmittelbare und direkte negative Auswirkungen auf unser eigenes wirtschaftliches Handeln.
Auf der anderen Seite herrscht weitgehend Einigkeit in dem Urteil , dass der Aufbau Ost - gemessen an der historisch beispiellosen Aufgabe und den bereits erzielten Erfolgen - durchaus positiv bewertet werden muss. Auch Manfred Stolpe, Ministerpräsident von Brandenburg, ist mit dem bislang Erreichten durchaus zufrieden:
Manfred Stolpe : Wir haben jetzt gerade unlängst festgestellt, dass wir diesen 40-jährigen Rückstand im ökonomischen Bereich, im infrastrukturellen Bereich, den die DDR hatte, zur Hälfte abgebaut haben. In 10 Jahren also 20 Jahre Rückstand aufgeholt haben. Wir haben noch die Hälfte vor uns, aber wir haben auch schon die Hälfte geschafft. Das ist so nach meiner Beobachtung eine Haltung, die man bei allen, die realistisch und nüchtern die Lage betrachten, vorfindet.
Das klang zu Beginn der 90er Jahre noch ganz anders. Damals hegten selbst die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft die Hoffnung, dass sich das deutsche Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit auch in Ostdeutschland wiederholen werde. Die Einführung der Marktwirtschaft sowie die gewaltigen Aufbauleistungen sowohl bei der Infrastruktur, aber auch der Industrie würden ebenfalls ein stürmisches Wachstum auslösen, so zumindest die Meinung der Optimisten.
Spätestens aber das Angebot Helmut Kohls am 6. Februar 1990 an die DDR, mit der Bundesrepublik eine Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion einzugehen, ließ erahnen, dass eine deutsche Einheit sehr, sehr viel Geld kosten würde. Der Druck auf die Politik in diesen Tagen war immens. "Kommt die D-Mark, bleiben wir; kommt sie nicht, gehn wir zu ihr" - skandierten die Demonstranten auf der Straße".
Noch im gleichen Jahr wurden die Löhne, Gehälter und Renten im Verhältnis 1:1 umgestellt, Geldvermögen über 6000 DDR-Mark im Verhältnis 2:1. Aus politischer Sicht sicherlich ein notwendiger Schritt, ökonomisch dagegen hatte die Umstellung fatale Konsequenzen. Von einem Tag auf den anderen wurden die Ostbetriebe um 400 Prozent aufgewertet, damit aber stiegen auch die Kosten um das Vierfache, betont Karl Brenke, zuständig beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin für die Regional- und Verkehrsforschung:
Karl Brenke: Über Nacht wurde die ostdeutsche Wirtschaft, den ihr der Wechselkurs damals noch bot, beraubt. Und auf breiter Front konnte dann die ostdeutsche mit den neuen Konkurrenzbedingungen aus dem Westen dann nicht mehr mithalten. Aus politischer Sicht war die Währungsunion notwendig und nicht zu vermeiden. Von daher ist eine Bewertung zwiespältig. Was aber ein großer Fehler gewesen ist, dass man den Menschen damals erzählt hat, dass man sehr schnell an den Lebensstandard im Westen anknüpfen könnte und entsprechend dann in Lohnforderungen umgesetzt worden ist. Die Löhne stiegen massiv an 1991/92 - dass hat den Aufbau Ost massiv behindert.
Das Ergebnis: im Gegensatz zur ökonomischen Einheit ist die soziale Wiedervereinigung viel weiter vorangekommen. Beispiel Renten: zwischen 1990 und 1999 stiegen die Altersbezüge für Männer in Ostdeutschland um das Dreifache. Beispiel Tariflöhne: Schon 1998 erreichte das ostdeutsche Tarifniveau immerhin schon 91 Prozent das der westdeutschen Bundesländer.
Der ökonomische Aufholprozess ist aber schon Mitte der 90er Jahre faktisch zum Stillstand gekommen. Konnte die ostdeutsche Konjunktur noch zu Beginn der 90er Jahre, getragen von einer boomenden Bauwirtschaft, um fast 10 Prozent zulegen, war die Wachstumsrate 1998 bereits auf zwei Prozent gefallen. Die Produktivität pro Kopf, die 1991 noch bei 31 Prozent des Westniveaus lag, verharrt seit 1996 bei rund 60 Prozent, während die Lohnkosten im gleichen Zeitraum rasant angestiegen sind. Diese daraus resultierende Produktivitätslücke ist nicht zuletzt die Hauptursache für die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit von rund 18 Prozent.
Ernüchternd auch eine andere Zahl: Jede dritte Mark, die der Osten ausgibt, wird nicht dort erwirtschaftet, sondern kommt aus dem Westen. Dennoch gibt es nach Meinung des Ostbeauftragen der Bundesregierung, Staatsminister Rolf Schwanitz zu den Transferleistungen keine Alternative:
Rolf Schwanitz : Das hängt damit zusammen, dass Ostdeutschland noch immer mit Standortnachteilen zu kämpfen hat: im infrastrukturellen Bereich, in der Art, wie sich dort Unternehmen in der Selbständigkeit fügen, mit welcher Eigenkapitalbasis, mit welchem Zugang zu Risikokapital und anderen Dingen mehr sie in Ostdeutschland in der Branche stehen. Und, was zur Besonderheit auch dazugehört - mit ihrer kleinteiligen Struktur. Noch immer ist die klein- und mittelständische Wirtschaft im Osten der Normalfall. Das macht besondere Schwierigkeiten aus, beim Innovationsvorgang - neue Verfahren und Technologien zu entwickeln - aber auch beim Eindringen in überregionale Märkte. Deswegen sind Unterstützung und Hilfen für die nächsten Jahre unabdingbar.
Wieviel öffentliche Gelder bereits jetzt schon in die ostdeutschen Bundesländer geflossen ist, darüber streiten selbst die Experten. Denn je nach Berechnungsgrundlage und politischem Standpunkt kommen die Politiker und Fachleute zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Inzwischen aber hat sich vor allem eine Zahl, so Karl Brenke vom Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung weitgehend durchgesetzt:
Karl Brenke : Das sind pro Jahr über den Daumen gepeilt etwa 140 Milliarden Mark, von denen der größte Teil im Rahmen bundeseinheitlicher Gesetze gezahlt werden. Dabei spielen insbesondere die Renten- und die Arbeitslosenversicherung eine Rolle. Allerdings muss man sagen, dass bei diesen (...) Milliarden auch einiges wieder in den Westen zurückfließt. Dadurch etwa, dass ostdeutsche Bürger Waren kaufen, die im Westen produziert werden und dann eben Steuern anfallen in Baden-Württemberg oder Bayern für dort produzierte Güter.
Damit aber schmilzt die Summe, die direkt für den Aufbau Ost als Infrastrukturhilfe oder als Investitionshilfe für die Unternehmen geleistet wurde und wird, schnell zusammen. Nach dem Jahresbericht der Bundesregierung von 1999 belaufen sich die Subventionen derzeit auf rund 40 Milliarden Mark jährlich, die Hälfte dieser Summe wird dabei mit Hilfe des Solidaritätszuschlages finanziert.
Dass gerade auch zu Beginn der ostdeutschen Förderpolitik schwerwiegende Fehler begangen wurden, will der Ostbeauftrage der Bundesregierung dabei gar nicht abstreiten. Vor allem durch die Sonderabschreibungsmöglichkeiten auf Immobilien, aber auch bei der Förderung von Gewerbegebieten sei viel Geld in die falsche Richtung gelenkt worden. Mit den daraus resultierenden negativen Folgen, so Schwanitz, hätten die ostdeutschen Länder und Kommunen bis heute zu kämpfen:
Rolf Schwanitz : Wir haben natürlich Investitionen in Ostdeutschland in die Landschaft gesetzt bekommen, die keiner braucht. Die leerstehenden Bürohäuser, die am Rande der Städte stehen. Wir haben enorme Haushaltslöcher in den öffentlichen Kassen des Bundes, der Länder und auch der Gemeinden in Folge dieser undifferenzierten Abschreibungssituation und wir haben eine überproportional ausgeprägte Baubranche. Die ist so in Ostdeutschland gar nicht vorhanden gewesen, die ist in Folge der Förderung entstanden und befindet sich heute noch immer in einem mehrjährigen, ganz schmerzlichen Anpassungsprozess.
Natürlich habe auch die damalige unionsgeführte Bundesregierung gerade zu Beginn der deutschen Wiedervereinigung in ihrer Förderpolitik Fehler gemacht - Günther Nooke, Sprecher der ostdeutschen CDU-Abgeordneten im Bundestag, will dies gar nicht abstreiten. Allerdings verweist Nooke auf die historische Einmaligkeit der Aufgabe, bei der man sich auf keinerlei Erfahrungen habe stützen können. Schließlich habe die Ostförderung schon von Beginn an - im übrigen ganz bewusst - eine sehr starke sozialpolitische Komponente enthalten:
Günther Nooke: Wir brauchen uns das nur in Berlin anzugucken, in der Friedrichstrasse. Da wurde Ende 90 noch ein Parkhaus fertiggebaut. Da war aber schon klar, dass an einer solchen zentralen Stelle keine Front als Parkhaus entstehen konnte...das konnte jeder erkennen.....dafür ist Geld ausgegeben worden. Die Arbeiter hatten ihren Job, aber ob das sinnvoll war, das kann man schon fragen.
Allerdings wurden bereits unter der schwarz-gelben Bundesregierung in der Förderpolitik neue Schwerpunkte gesetzt. Mehr Geld für Investitionen mit langfristigen Wachstumsperspektiven sowie die Stärkung von Industrie und Produktion heißt seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre die Devise der Förderpolitik, weniger Geld für die konsumnahen Bereiche wie bspw. den Dienstleistungssektor. Längst hat sich herausgestellt: Banken und Versicherungen brauchen keine Subventionen, sie wären ohnehin nach Ostdeutschland gekommen.
Wie aber soll die Förderung der fünf neuen Bundesländer in Zukunft ausgerichtet sein; wieviel Geld braucht der Osten noch, um irgendwann einmal auf finanziell eigenen Füßen stehen und im nationalen wie internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Und nicht zuletzt - wie lange sollen Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg Vorpommern und Brandenburg mit Sondertransfers aus dem Westen subventioniert werden - eine Frage, die auch die Steuerzahler beantwortet haben wollen, ganz zu schweigen von den westdeutschen Bundesländern. Noch aber will fast niemand konkrete Zahlen nennen, nicht zuletzt aus Furcht vor einer neuerlichen Debatte unter der Überschrift "Der Osten- ein Faß ohne Boden". Auch Manfred Stolpe, Ministerpräsident von Brandenburg, bleibt lieber allgemein:
Manfred Stolpe: Hier muss nicht in Zahlen operiert werden, hier muss in Zukunft mehr aufgaben-, problemorientiert nachgedacht werden. Sicher ist, dass die Einstellung von Zahlungen und ein starker Rückbau von seiten des Bundes und seitens der Länder einen Einbruch bedeuten würde. Das heißt: Das, was wir in den letzten 10 Jahren aufgeholt haben, würde massiv gefährdet. Das ist die Grundtatsache. Dann aber wird es wichtig sein, hier Schwerpunkte zu setzen. Es gilt zu klären, wo liegt der Grundbedarf. Wo können auch die ostdeutschen Länder mithelfen, bspw. durch eine harten Sanierungskurs bei ihren Haushalten (...). Und dann wird sich bei den Prioritäten schnell herausstellen, dass Fragen der Infrastruktur, Fragen der Sanierung von Altstädten, Fragen der Sanierung und Modernisierung der großen Neubaugebiete eine große Rolle spielen werden. Und dass es weiterhin wichtig sein wird Hilfen zu leisten bei Existenzgründungen.
Dennoch wird man um eine Diskussion über konkrete Zahlen nicht herum kommen, denn der sogenannte Solidarpakt 1 läuft im Jahr 2005 aus. Dieses finanzielle Hilfspaket trat 1995 mit der gleichberechtigten Aufnahme der fünf ostdeutschen Länder in den Länderfinanzausgleich für den Zeitraum von 10 Jahren in Kraft. Längst gilt der Solidarpakt mit einem jährlichen Finanzvolumen von rund 57 Milliarden Mark als finanzielles Rückrad des Aufbaus Ost. Er regelt unter anderem die Höhe der Umsatzsteuerverteilung der neuen Länder, den Länderfinanzausgleich, die Bundesergänzungszuweisungen sowie Maßnahmen im Rahmen des Investitionsfördergesetzes.
Fest steht aber bislang nur: Es wird 2005 einen Solidarpakt zwei geben, der allerdings zeitlich zusammenfällt mit der vom Bundesverfassungsgericht aufgetragenen Neuordnung des Länderfinanzausgleichs. Die finanzielle Ausstattung des neuen Hilfspakets wird erst noch auszuhandeln sein - nach Berechnungen der fünf großen deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute ist der Transferbedarf allerdings auch in Zukunft immens.
Auch im Jahr 2004, so das Ergebnis einer von den neuen Bundesländern in Auftrag gegebenen Studie, dürfte in Ostdeutschland noch immer eine Infrastrukturlücke von 30 bis 40 im Vergleich zum Westen klaffen - vor allem beim Straßennetz, aber bspw. auch im Bereich der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Diese Lücke bis zum Jahr 2030 zu schließen, werde zwischen 280 und 375 Milliarden Mark kosten.
Die Bundesregierung hat angesichts dieser gewaltigen Summe bislang auf eine Stellungnahme verzichtet - angesichts der angespannten Haushaltslage bei Bund, Länder und Kommunen wird wohl nicht zu unrecht eine neue Neiddebatte befürchtet. Weniger konfliktträchtig ist da schon die strukturelle Neuausrichtung der zukünftigen Fördermaßnahmen - Karl Brenke vom DIW zu den Grundzügen:
Karl Brenke : Die Unternehmensförderung sollte man auf diejenigen Unternehmensbereiche beschränken, die in den neuen Bundesländern Einkommen aus anderen Bundesländern atrahieren können. Das sind relativ wenige Wirtschaftsbereiche. Dazu zählt die Industrie, EDV-Dienstleistungen und der Tourismus. (...). Und, das ist ein weiterer Punkt: Die Förderung sollte weniger auf eine Vielzahl von Maßnahmen zugeschnitten sein, sondern die Förderung sollte sich auf wenige Maßnahmen konzentrieren. Das ist auch für die Unternehmen transparent. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass der größte Teil der Unternehmen gar nicht weiß, was es alles an Subventionen gibt.
Darüber hinaus mehren sich die Stimmen, die eine Beschränkung der Unternehmenssubventionen fordern, denn aus staatlicher Dauerförderung entsteht schnell eine Subventionsmentalität, die Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit verhindert. Deshalb drängt selbst der Bundesverband der deutschen Industrie auf eine Neuausrichtung, so Hans-Jochim Hass, Abteilungsleiter Allgemeine Wirtschaftspolitik beim BDI:
Hans-Jochim Hass: Ich habe wirklich Zweifel, ob ein Unternehmen, (...) dass es nach 10 Jahren am Markt nicht geschafft hat, ohne Subventionen zu behaupten, ob es das überhaupt schafft. Es sind auch Lerneffekte, die erzeugt werden. Insofern sind wir auch der Meinung, solche staatliche Hilfen müssen auch degressiv angelegt werden. Sie müssen mit merklicher Intensität starten, müssen dann aber abnehmen. Das Unternehmen muss schrittweise lernen, ohne diese Hilfen auszukommen.
Schließlich, auch diese Entwicklung zeichnet sich ab, dürften die Fördermittel ab dem Jahr 2005 zielgenauer verteilt werden, nachdem sich das "Gießkannenprinzip" in der Vergangenheit oftmals als ineffizient herausgestellt hat. Zumal es in Ostdeutschland längst keinen einheitlichen Wirtschaftsraum mehr gibt. Wachstumzentren wie Leipzig, Halle/Saale, Jena, Erfurt oder auch Chemnitz haben sich von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung in Ostdeutschland abgekoppelt und an den Westen aufgeschlossen. Dieser ökonomischen Realität sollte auch die Ostförderung angepasst werden, meint der zuständige Staatsminister Schwanitz:
Schwanitz : Ich glaube, dass man von der Grundtendenz - und nur davon kann man zur Zeit sprechen - eine Orientierung stärker in eine regional differenzierte Förderstruktur, weniger stark als eine flächendeckend als Rechtsanspruch ausgestattete Wirtschaftsförderung. Und damit auch mehr Einzelfall bezogen - das das in der Tat eine ganz zentrale Frage ist. Wir werden dabei auch über verschiedene Ebenen sprechen müssen. In der jetzigen Förderperiode haben wir den Aufbau Ost gestaltet als eine Art Gemeinschaftswerk zwischen den neuen Ländern, zwischen dem Bund, aber auch mit Hilfe der Europäischen Union. Eine stärkere differenzierte, regional ausgerichtete Ausrichtung des Ausbau Ost Förderkonzeptes wird die neuen Länder stärker in den Blickpunkt rücken.
Die sich dabei aber weiterhin auf ein großzügiges finanzielles Engagement des Bundes verlassen können. Denn niemand bestreitet, dass die ostdeutschen Länder vor allem bei den Infrastrukturhilfen, nicht zuletzt wegen der im Vergleich zum Westen noch wesentlich geringeren Steuereinnahmen, auch langfristig auf staatliche Transferleistungen dringend angewiesen sei werden. Hans-Jochim Hass vom BDI wagt eine vorsichtige Prognose:
Hans-Jochim Hass : Wir werden 10 Jahre mindestens noch brauchen, um Ostdeutschland auf einen Level zu heben, wo wir sagen könne, wie sind zufrieden. Auf der anderen Seite macht es auch keinen Sinn, sich ständig auf irgendwelche Durchschnittszahlen aus Westdeutschland zu orientieren. Wir haben auch in Westdeutschland - wenn sie etwa die Entwicklung zwischen dem Saarland und Schleswig Holstein mit der in Bayern oder Baden Württemberg vergleichen, enorme Unterscheide. Also gewisse regionale Unterschiede wird man einfach akzeptieren müssen.
Vor allem die anziehende Konjunktur bietet nach übereinstimmender Meinung der Experten auch für die ostdeutschen Unternehmen die Chance, ihre Wettbewerbsposition nicht nur zu verbessern, sondern auch auszubauen. Ostdeutschland fällt nicht mehr weiter zurück, stellte bspw. auch das DIW in seiner jüngsten Konjunkturprognose erleichtert fest. Ohne allerdings auf die Einschränkung zu verzichten, dass die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt noch immer unbefriedigend sei. Zumal dem Aufholprozess nach Einschätzung von Brandenburgs Ministerpräsidenten Stolpe nun auch eine Gefahr droht, mit der die wenigsten gerechnet haben:
Manfred Stolpe: Es ist eine reale Gefahr für unser wirtschaftliches Handeln, für unsere Bestrebungen für Investitionen, für unsere Bemühungen um Exporte. Wenn der Eindruck entsteht - Deutschland und in unserem Fall Brandenburg - ist fremdenfeindlich, hat hier eine geradezu eine gefährliche Situation für Menschen anderer Hautfarbe - wenn sich dieser Eindruck durchsetzen würde, hat das unmittelbare und direkte negative Auswirkungen auf unser eigenes wirtschaftliches Handeln.