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100 Jahre Friedenspalast

Vor 100 Jahren wurde der Friedenspalast in Den Haag eröffnet. Initiiert vom russischen Zaren und einem US-amerikanischen Geschäftsmann - schon diese Gründung war symbolisch. Heute beherbergt er den Internationalen Gerichtshof und das Internationale Schiedsgericht.

Von Bettina Altenkamp |
    "Ist wunderbar, majestätisch, so viele gute Gedanken stecken in den Geschenken, die die UN-Staaten dem Gebäude gemacht haben. Es sind großartige Kunstwerke in dem Gebäude, es ist wunderbar." - "Ich bin das erste mal hier und ich bin beeindruckt. Ich denke, das ist eine großartige Idee."

    So wie diese beiden Touristen denken viele, wenn sie vor dem monumentalen mit Türmen und Erkern ausgestatteten schlossähnlichen Gebäude im Zentrum Den Haags stehen. Und auch im Inneren ist es beeindruckend – Marmor, edle Fliesen, Teppiche und Kunstgegenstände aus aller Herren Länder. Jeroen Vervliet ist Direktor der Völkerrechtsbibliothek im Friedenspalast und kennt die Reaktionen:

    "Leute, die das erste Mal herkommen, lieben es alle. Es ist einfach einzigartig, auf dem Boden eines der wichtigsten Plätze der Welt zu stehen. Es gibt so viele Symbole und alle können unter dem Begriff: Frieden und Gerechtigkeit zusammengefasst werden."

    Frieden und Gerechtigkeit – weltweit. Durch ein Gericht, dem sich die Staaten in Konfliktfällen unterwerfen. Doch die Idee ist das eine, die Umsetzung etwas ganz anderes. Das wurde schon unmittelbar nach Einweihung des Friedenspalasts mit dem internationalen Schiedsgericht deutlich, denn ein Jahr später brach der Erste Weltkrieg aus. Und auch die Einrichtung des Internationalen Gerichts konnte den Zweiten Weltkrieg nicht verhindern.

    Das Ziel des sogenannten Weltgerichts, also heute des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen – hat sich in den 100 Jahren nicht verändert:

    "Die Idee ist einfach zum Frieden zwischen den Nationen beizutragen."

    Und der Münchner Völkerrechtler Prof. Bruno Simma hat neun Jahre lang als Richter am Internationalen Gerichtshof versucht, zu diesem Frieden beizutragen. Entscheidungen zu treffen, mit denen beide Seiten, umgehen können. Hier stehen Staaten vor Gericht – allerdings, und das macht es kompliziert, nur solche, die sich vertraglich und freiwillig diesem Gericht unterworfen haben.

    "In der Regel wird der Gerichtshof dann zuständig, dass die Staaten in einem Vertrag vorsehen, dass wenn es zum Hauen und Stechen kommt, dann darf jeder nach einer gewissen Zeit vor den Gerichtshof ziehen."

    Aktuell hat sich gerade mal ein Drittel der gut 190 in der UNO vertretenen Staaten dem Gericht unterworfen. Denn schließlich berührt eine mögliche Klage die Souveränität eines Landes. Das zeigt auch aktuell die Klage Australiens gegen Japan wegen des Walfangs. Eine Entscheidung dauert oft sehr lange und dann hängt es immer noch davon ab, ob die jeweils unterlegene Nation das Urteil auch wirklich umsetzt. Man kann keinen Staat zwingen sich dem Gericht zu unterwerfen – unter anderem da liegen dann auch die Grenzen, so Simma:

    "Also, wenn Sie mich fragen würden, kann der Gerichtshof was machen bei den Kurden, kann er was machen in Bezug auf Syrien, in Bezug auf Iran oder Libyen, dann wäre meine Antwort immer negativ gewesen, man sucht immer nach Verträgen, sodass die USA oder Deutschland klagen könnten und entdeckt sehr oft, da ist die Zuständigkeit nicht begründet."

    Verträge, Völkerrecht – eine komplizierte Materie, die viel mit politischen Strömungen, diplomatischem Geschick zu tun hat. Eine mit 15 Juristen international besetzte Richterbank fällt die Entscheidungen. Staaten, die dort nicht vertreten sind, können noch sogenannte Ad-hoc-Richter ihres Vertrauens benennen.

    "Das ist auch eine Methode, um die eher unter einen Hut der Zuständigkeit zu bringen. Es ist ja jemand dabei, der ist aus eurem Land, es ist jemand dabei, der euer Recht kennt und eure Position dann vertreten wird. Ist ein bisschen so wie beim Arzt, es tut eigentlich nicht weh."

    In manchen Fällen aber schon – was dann gelegentlich dazu führt, dass der unterlegene Staat den Internationalen Gerichtshof künftig nicht mehr anerkennt. Wie die USA, die vor gut 30 Jahren vor Gericht gegen Nicaragua unterlegen waren.

    Der Internationale Gerichtshof im Friedenspalast arbeitet unter schwierigen Rahmenbedingungen für ein ehrgeiziges Ziel. Und, so UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, sollte in seinem Bemühen nicht nachlassen.

    "Diese Feier zum Jahrestag des Friedenspalasts sollten wir zum Anlass nehmen, unseren Einsatz zu verstärken, damit alle Menschen in Zukunft ihre Grundrechte auf Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden erhalten."