Nicht nur der Dichter Armand Salacrou schätzte die Rolle des Kunsthändlers, Mäzens, Verlegers und Autors Daniel-Henry Kahnweiler so hoch ein. Der gebürtige Mannheimer gilt ganz allgemein als eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Kunstwelt des 20. Jahrhunderts. Dabei war ihm eine ganz andere Karriere vorbestimmt: Bankier sollte er werden, wie das in seiner betuchten Familie so üblich war. Stattdessen beschloss der 23Jährige, in Paris Kunsthandel zu betreiben. Mit 1000 englischen Pfund in der Tasche und einem Jahr von der Familie gewährten "Bewährungsfrist". Statt aber rasch in das 1907 gerade blühende Geschäft mit den Impressionisten einzusteigen, kauft Kahnweiler beim Salon der Unabhängigen die Bilder völlig unbekannter Maler, wie etwa Matisse, Vlaminck, van Dongen oder Braque, die er erst bei der Lieferung ihrer Bilder persönlich kennenlernt. Und hängt sie an die Wände eines winzigen Lädchens in der Nähe der Madeleine-Kirche. Noch im selben Jahr entdeckt Kahnweiler Picasso’s "Demoiselles d’Avignon" in dessen ärmlichen Atelier auf dem Montmartre, begreift, dass sich da eine Revolution in der Malerei anbahnt, findet kongeniale Sammlerfreunde, vor allem in seinem Landsmann Wilhelm Uhde und der amerikanischen Literatin Gertrude Stein. Über den legendären Ort, wo die moderne Malerei geboren wurde, ereifert er sich später noch oft. So schreibt er in seinen Erinnerungen:
Ein Mensch, der die damalige 13, rue Ravignan, das später so genannte "Bateau Lavoir" – Wasch-Schiff – nicht gesehen hat, kann sich nicht vorstellen, wie ärmlich ein solches Leben gewesen ist. Gris lebte ja dort auch, van Dongen, Max Jacob haben eine Zeitlang dort gelebt. Es war eine Bretterbude, mit Tapeten, die zerrissen von der Wand hingen, mit Wanzen, mit Dreck, ohne Wasser, ohne alles. Es war das Traurigste und Ärmlichste, was man sich vorstellen kann. Aber die Leute lebten darin, schafften darin und schafften Großes!
Nicht Pablo Picasso, zweifellos der berühmteste, sondern der viel reserviertere Juan Gris, "das bescheidene Genie", wie er sagt, ist Kahnweiler der liebste unter "seinen" Malern, über die er eifersüchtig wacht. Er verpflichtet sich zwar zum Ankauf ihrer gesamten Jahresproduktionen, verlangt dafür aber auch strikte Exklusivität. Der folgen neben Picasso und Gris, Léger und Derain, Miro und Ernst, Laurens und Giacometti. Doch im 1. Weltkrieg werden die Bilder des in die Schweiz geflüchteten deutschen Kunsthändlers beschlagnahmt, danach zu Schleuderpreisen verkauft. Braque, Léger und Picasso suchen sich andere Händler. Nur mit Hilfe guter Freunde, die einen Teil des Bestandes zurückkaufen, gelingt in Paris ein Neuanfang – und eine "zweite Jugend". So nennt Kahnweiler jedenfalls später oft die glückliche Zeit mit seiner Frau in der Villa in Boulogne, wo sich jeden Sonntag ein buntes, internationales Völkchen zum Essen und Tanzen trifft:
Bei Kahnweiler’s schwofen gemeinsam Juan Gris, der gleich nebenan wohnt und sich als hervorragender Tänzer hervortut, Komponisten wie Georges Auric und Erik Satie, Maler wie Suzanne Roger und André Masson, Dichter wie Jean Cocteau und Max Jacob. Die herzliche Seite respektvoller, geradezu familiärer "Geschäftsbeziehungen".
Die fröhliche Zeit endet traurig mit dem viel zu frühen Tod des Freundes und Nachbarn Juan Gris 1927. Später droht im 2. Weltkrieg und mit der Flucht vor den deutschen Besatzern wieder eine Beschlagnahme der Gemälde des Kunsthändlers – doch diesmal übernimmt Schwägerin Louise Leiris rechtzeitig die Galerie. Eigenwillig vertritt Kahnweiler nach dem Krieg "seine" Maler weiter, liebt Klee und verabscheut Kandinsky - und misstraut kurioserweise zutiefst der Abstraktion. Bis zu seinem Tod, mit 95 Jahren.
Ein Mensch, der die damalige 13, rue Ravignan, das später so genannte "Bateau Lavoir" – Wasch-Schiff – nicht gesehen hat, kann sich nicht vorstellen, wie ärmlich ein solches Leben gewesen ist. Gris lebte ja dort auch, van Dongen, Max Jacob haben eine Zeitlang dort gelebt. Es war eine Bretterbude, mit Tapeten, die zerrissen von der Wand hingen, mit Wanzen, mit Dreck, ohne Wasser, ohne alles. Es war das Traurigste und Ärmlichste, was man sich vorstellen kann. Aber die Leute lebten darin, schafften darin und schafften Großes!
Nicht Pablo Picasso, zweifellos der berühmteste, sondern der viel reserviertere Juan Gris, "das bescheidene Genie", wie er sagt, ist Kahnweiler der liebste unter "seinen" Malern, über die er eifersüchtig wacht. Er verpflichtet sich zwar zum Ankauf ihrer gesamten Jahresproduktionen, verlangt dafür aber auch strikte Exklusivität. Der folgen neben Picasso und Gris, Léger und Derain, Miro und Ernst, Laurens und Giacometti. Doch im 1. Weltkrieg werden die Bilder des in die Schweiz geflüchteten deutschen Kunsthändlers beschlagnahmt, danach zu Schleuderpreisen verkauft. Braque, Léger und Picasso suchen sich andere Händler. Nur mit Hilfe guter Freunde, die einen Teil des Bestandes zurückkaufen, gelingt in Paris ein Neuanfang – und eine "zweite Jugend". So nennt Kahnweiler jedenfalls später oft die glückliche Zeit mit seiner Frau in der Villa in Boulogne, wo sich jeden Sonntag ein buntes, internationales Völkchen zum Essen und Tanzen trifft:
Bei Kahnweiler’s schwofen gemeinsam Juan Gris, der gleich nebenan wohnt und sich als hervorragender Tänzer hervortut, Komponisten wie Georges Auric und Erik Satie, Maler wie Suzanne Roger und André Masson, Dichter wie Jean Cocteau und Max Jacob. Die herzliche Seite respektvoller, geradezu familiärer "Geschäftsbeziehungen".
Die fröhliche Zeit endet traurig mit dem viel zu frühen Tod des Freundes und Nachbarn Juan Gris 1927. Später droht im 2. Weltkrieg und mit der Flucht vor den deutschen Besatzern wieder eine Beschlagnahme der Gemälde des Kunsthändlers – doch diesmal übernimmt Schwägerin Louise Leiris rechtzeitig die Galerie. Eigenwillig vertritt Kahnweiler nach dem Krieg "seine" Maler weiter, liebt Klee und verabscheut Kandinsky - und misstraut kurioserweise zutiefst der Abstraktion. Bis zu seinem Tod, mit 95 Jahren.