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1205 Unterschriften für den Atomausstieg

Die Angst vor der Kernkraft scheint überall in der Gesellschaft angekommen zu sein. Heute überreichen Hochschullehrer Bundeskanzlerin Merkel einen offenen Brief. Sie zeigen darin auf, warum die Wissenschaftler einen früheren Atomausstieg für möglich halten.

Von Philip Banse | 20.04.2011
    Das ist in erster die Linie die Sorge um die potenziell tödlichen Folgen der Atomkraft. Fukushima habe gezeigt, dass es bei Atomkraftwerken kein akzeptables Restrisiko gebe.

    "Fukushima heißt einfach, dass niemand mehr sagen kann, dass Atomkraftwerke kein Risiko haben. Es ist auch kein Restrisiko, sondern das Risiko ist unverantwortbar und unethisch. Das ist seit 30 Jahren klar, aber jetzt kann es niemand mehr leugnen,"

    sagt der Initiator des Wissenschaftler-Appells, Prof. Wolf Schluchter Sozialwissenschaftler an der TU Cottbus. Den Ausstiegs-Appell haben 1205 Professoren und andere Wissenschaftler unterschrieben. In dem Papier heißt es, Atomkraftwerke gehörten zu den komplexesten Industrie-Anlagen überhaupt. Sie könnten nicht gegen Terroranschläge und Flugzeugabstürze gesichert werden. Dass Kernenergie beherrschbar ist, sei eine "Schutzbehauptung", so die Naturwissenschaftler, Juristen und Sozialwissenschaftler. Im Falle einer Kernschmelze könnten überall Schäden auftreten wie in Japan - mit unkalkulierbaren und unüberschaubaren Folgen für die Gesundheit von Millionen Menschen. Auch der Schaden für die Volkswirtschaft sei potenziell verheerend. Die Schlussfolgerung dieser Analyse sei klar, sagt der Initiator des Appells Wolf Schluchter:

    "Wir fordern den schellst möglichen Ausstieg aus der Atomenergie. Wir erklären auch unsere Bereitschaft, aktiv mitzuwirken an Entwicklungen neuer Energiepolitiken, neuer Techniken. Wir sind natürlich nicht technologiefeindlich, sondern technologiefreundlich, aber dann muss die Technologie auch freundlich sein."

    Diesen Appell haben wie gesagt gut 1200 Wissenschaftler unterzeichnet, einer von ihnen ist Prof. Eike Albrecht, Umwelt-Jurist aus Cottbus. Ihm habe die Verlängerung der AKW-Laufzeiten schon nicht gepasst, Fukushima habe dann den Ausschlag geben, sich zu Wort zu melden:

    "Es gibt dann einfach auch mal Zeiten, da muss man auch als Wissenschaftler Stellung beziehen zu einem politischen Thema. Das mache ich sonst eher nicht, ich äußere mich sonst zu Fachfragen, schreibe schöne Aufsätze. Aber das ist eine Frage, wo man sich auch mal aus dem Fenster lehnen muss."

    Die Wissenschaftler wollen die Deutungshoheit über die Gefahren der Atomenergie nicht Wirtschaft und Politik überlassen. Der von der Bundesregierung proklamierten Energiewende traut Initiator Wolf Schluchter nicht.

    "Ich bin da ziemlich skeptisch, denn man muss jetzt Taten sehen und nicht einfach nur Worte hören. Taten wäre natürlich der sofortige Ausstieg, die Atomkraftwerke, die jetzt im Moratorium still gelegt worden sind. Diese müssen endgültig still gelegt werden. Dann muss es Verhandlungen geben, die fest legen, wie es weiter geht, welche Reaktoren kommen schnellst möglich vom Netz."

    Ihren Ausstiegs-Appell wollen die Wissenschaftler in diesem Minuten an der Pforte des Bundeskanzleramtes abgeben. Sie hoffen, das Angela Merkel ihn zur Kenntnis nimmt.