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16 Prozent Umsatzsteuer auf Drittmittel

Als Mitte der 80er Jahre die EU das Steuerrecht so änderte, dass auch Unis umsatz-, beziehungsweise mehrwertsteuerpflichtig wurden, versuchte Deutschland zu tricksen und unterlag am 20.6.2002 vor dem Europäischen Gerichtshof. Jetzt zum 1.1.2004 wird dieses Urteil umgesetzt, wie der Bundestag am 7.11. 2003 beschloss. Einige Unis trifft das unvorbereitet und auch Länderfinanzministerien wissen noch nicht so richtig, wie das praktisch aussehen soll.

Von Cajo Kutzbach |
    Wenn Universitäten Verlage oder Rechenzentren betreiben, dann sind die auch heute schon Umsatzsteuerpflichtig. Nur die Forschung war bisher ausgenommen. Das ändert sich jetzt und bedeutet erhebliche Mehrarbeit, berichtet Joachim Schwarze der Kanzler der Universität Stuttgart:

    Einen erheblichen Verwaltungsaufwand wird es wohl geben, denn die Voraussetzungen ändern sich innerhalb der Verwaltung. Das kann soweit gehen, dass man sogar bis zur kaufmännischen Buchführung gezwungen ist sich zu entwickeln, was manche Universitäten im Übrigen auch schon tun.

    Joachim Schwarze, soll als Leiter eines geplanten Arbeitskreises der Universitäten bei der Umsetzung helfen und Handlungsbedarf klären. Er kennt die Materie am Besten. Die Umsatz-, oder auch Mehrwertsteuer beträgt 16, oder ermäßigt 7 Prozent. Dass auch Unis sie bezahlen sollen, wird damit begründet, dass andere Forschungseinrichtungen sie bisher schon bezahlen. Aber das Gesetzt schafft offenbar neue Ungerechtigkeiten:

    Die Frage ob 7, oder 16-prozentige Umsatzbesteuerung ist in der Tat ein Problem, das das Gesetz offen gelassen hat. Hier sehen wir von den Universitäten eine Benachteiligung, weil vorgesehen ist mit 16 Prozent die Universitäten, - und Forschungseinrichtungen wie Max-Planck-Gesellschaft, oder Fraunhofer derzeit mit 7 Prozent umsatzsteuerpflichtig sind. Das wird ein Problem sein, das man klären muss. Man kann da ohne Weiteres einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sehen.

    Die Umsatzsteuer betrifft auf der Einnahmeseite die so genannten Drittmittel, das sind Forschungsaufträge, die von der Industrie oder der öffentlichen Hand kommen. Wenn da 7 oder 16 Prozent abgezogen werden, kann das zu Einschränkungen der Forschung führen.

    Im Industriebereich sehe ich das nicht sehr problematisch an, wenn es gelingt, dass die Universitäten einen entsprechenden Vorsteuerabzug durchführen können. Das wird auch ein wenig an der kaufmännischen Buchführung hängen, die man dann halt einführen muss.

    Vorsteuerabzug bedeutet, dass man die Umsatzsteuer, die man beim Kauf von Waren oder Dienstleistungen bezahlt, von der eigenen Steuerschuld abziehen darf.

    Problematisch wird es bei Aufträgen von Nicht-vorsteuerabzugsberechtigen, also beispielsweise Ministerien, die Aufträge geben. In dem Moment werden die Ministerien ganz einfach weniger Geld effektiv zur Verfügung stellen können, weil diese 16 Prozent Belastungen eben da sind. Insoweit haben Sie recht: Es wird in diesem Bereich zu einer Einschränkung der finanziellen Möglichkeiten für die Forschung kommen.

    Das betrifft zum Beispiel Umweltschutz- und Bildungsforschung. Technische Unis haben es also besser als Geisteswissenschaftliche. Da aber das Gesetz erst im November verabschiedet wurde, fehlen den Unis, aber auch den Finanzbehörden noch viele Details. Da ist vielleicht noch Spielraum drin. Joachim Schwarze hofft auf vernünftige Absprachen:

    Zielvorstellung muss sein in Absprache mit den Finanzministerien dass die Universität als solche ein Betrieb gewerblicher Art ist, denn es ist natürlich nicht zumutbar, dass jedes Institut einen eigenen Apparat, Verwaltungsapparat entwickelt, um diese Steuerfragen zu klären. Das muss zentral laufen.

    Ob sich das Ganze für die Unis zur Belastung, oder sogar zum Vorteil auswirkt, wird vor Allem von der genauen Definition abhängen, was zu versteuern ist:

    Was gehört eben zur Auftragsforschung und was gehört letzten Endes - wie die Finanzministerien sagen - zur "hoheitlichen Beistandsleistung", also steuerfrei. Wenn das klar definiert ist, ist das wesentliche Problem das es gelingt den Vorsteuerabzug geltend zu machen, und zwar prozentual gesehen zu den Gesamtinvestitionen, die eine Universität hat. Wenn dieses geschieht, kann das sogar vorteilhaft für die Universität sein. Sinnvoller wäre allerdings noch, um den Verwaltungsaufwand geringer zu gestalten, im Benehmen mit dem Bundesfinanzministerium eine Pauschalierung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.

    Das bedeutete dann dass die Vorsteuer nicht einzeln belegt werden muss. Man könnte die Pauschale einfach von der geschuldeten Umsatzsteuer abziehen. Ob das Ganze aber mehr Geld in die Staatskasse bringt, als der zusätzliche Aufwand und verringerte Forschung kosten, bleibt offen.