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20 Jahre Gäa

Bioland, Demeter und Naturland heißen die drei großen Bio-Anbieter aus Deutschland. Weitaus kleiner, aber ebenfalls in der Branche gut angesehen, ist der Anbauverband Gäa mit Sitz in Dresden. Gäa wurde 1989 von Umweltaktivisten der DDR gegründet und feiert in diesem Jahr sein zwanzigstes Jubiläum.

Von Grit Krause |
    "Mit dem Ökolandbau, das war mir schon nahe, aber ich bin da keine Insiderin gewesen. Und ich habe dann gesagt: Gut, ich probiere das mal, habe am Telefon gesessen und Stück für Stück eine Kuh vermarktet - gutes Biofleisch."

    So erinnert sich Kornelie Blumenschein, Bundesvorsitzende der Gäa, an die Anfangsjahre. Seine Wurzeln hat der Verband in der Umweltbewegung der DDR. Seit Anfang der 80er-Jahre hatten sich ostdeutsche Ökoaktivisten unter dem Schutzmantel der Kirchen zusammengetan, um auf die zerstörerischen Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Umwelt aufmerksam zu machen. Als sie am 6. Mai 1989 in Dresden einen Verein für ökologischen Landbau gründeten - die Gäa - wurden sie von den Behörden argwöhnisch beäugt.

    "Da ist man von Pontius zu Pilatus geschickt worden, weil mit dem Anliegen, was wir hatten, wusste gar keiner umzugehen. Und wir haben im Mai 1989 schon das erste Warenzeichen der Gäa angemeldet. Ein Warenzeichen! Da wusste überhaupt keiner, was man damit machen soll."

    Ingeborg und Michael Schwarzwälder sind Gründungsmitglieder der Gäa. Sie lebten damals in Dresden und hatten sich seit Mitte der 80er zumindest theoretisch mit dem ökologischen Landbau beschäftigt. Sofort nach der Wende suchten sie einen Hof, um ihre Ideen in die Tat umzusetzen. In Taubenheim bei Meißen wurden sie fündig. Aber aller Anfang ist ja bekanntlich schwer.

    "Ich hatte von Landwirtschaft überhaupt keine Ahnung, ich habe noch nie eine Kuh von Nahem gesehen, habe mich auch grässlich gefürchtet, weil sie ja so riesig sind und überall, wo ich Leute getroffen haben, die einen Kuhstall hatten, bin ich dahin und habe mir alles angeguckt."

    In Taubenheim befand sich Anfang der 90er-Jahre die Zentrale der Gäa. Von hier aus kümmerte sich der Anbauverband um die Belange ostdeutscher Bauern, denn deren Situation war überall ähnlich. Durch die Auflösung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften entstanden wieder Familienbetriebe und diese konnten eben auch ökologisch bewirtschaftet werden. 1992 wurde Gäa schließlich Mitglied im damaligen bundesdeutschen Dachverband der Ökobauern, der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau.

    "Wir waren ja alle hundertprozentig überzeugt davon, dass das, was wir machen, einfach ganz toll ist und dann sind wir aufgenommen worden in diese bundesdeutsche Vereinigung und waren damit auch wirklich ein Teil dieser ökologischen Landbaubewegung in ganz Deutschland."

    Aufgrund der Herkunft aus der oppositionellen Umweltbewegung der DDR genoss die Gäa von Anfang an eine hohe Akzeptanz und Glaubwürdigkeit bei ihren westdeutschen Kollegen. Das half aber auch den Landwirten, ihre Waren an den Mann oder die Frau zu bringen, erzählt Ingeborg Schwarzwälder.

    "Die Leute, die mit uns früher zusammen waren im kirchlichen Umweltkreis, haben uns da unterstützt und haben dann unser hässliches Brot gekauft, jede Woche, ganz tapfer. Das war ja noch so Vollkornbrot, selbst geschrotet."

    Zwei Dinge waren vor allem Ende der 90er-Jahre entscheidend für den Durchbruch der Biobranche und damit auch für die in der Gäa organisierten Ökobauern: die BSE-Krise und Renate Künast als Bundeslandwirtschaftsministerin.

    "Die Nachfrage stieg, auch durch diese ungeheure Information, die dann plötzlich über diese Verbraucherschiene kam, ganz viele Leute wussten plötzlich Bescheid und haben eben auch Bioprodukte gekauft und seitdem ist es immer bergauf gegangen."

    Somit könnten alle bei Gäa unbeschwert das 20. Jubiläum feiern, wäre da nicht der Streit um den Anbau genmanipulierter Pflanzen. Seit Jahren verschlingen Analysen Zeit und Geld, nur um nachzuweisen, dass keine gentechnisch veränderten Organismen in den ökologischen Produkten vorhanden sind.

    "Ich bin mir ganz sicher, dass das nicht der Rückfall ins Mittelalter ist, wenn man nicht auf diese Risikotechnologien setzt, und dass das wirklich etwas mit Verantwortung zu tun hat."

    Nach 20 Jahren ist Gäa noch immer ein überschaubarer Verband. Allerdings sind aus den zwölf Landwirtschaftsbetrieben der Anfangsjahre inzwischen 320 in ganz Deutschland und der Schweiz geworden, sodass Gäa-Produkte heute die Bioregale in Ost und West füllen.