Der Band beginnt mit Eindrücken aus Cancun. Für die, die es noch nicht wissen: Cancun ist die Traumdestination im internationalen Sex-Tourismus. Nach Cancun fährt, wer hormonelle Überkapazität abzubauen und ein erotisches Ego aufzubauen hat. Leute, die es nach wippenden Busen und knackigen Hintern verlangt und die selber noch über dergleichen verfügen. Kids zwischen 17 und 22. Vor allem aus den USA kommen die Jims und Dannys, die Marilyns und Heathers, die die Autorin unter anderem darüber aufklären, warum sie schon zum Frühstück ein paar Biere, dann ein paar Daiquiris kippen:
In den USA kriegst du als Frau so viele Verhaltensregeln aufgezwungen, dass du erst mit Alkohol du selber wirst. In meinem Land darfst du nie etwas Körperliches zeigen, nicht einmal, wenn Du verheiratet bist. Öffentlich küssen nur Politiker ihre Ehefrauen.
Wie viele Foam Partys und Wet Dance Contests Beatrice Schlag im mexikanischen Nippel-Nirvana besucht hat, verrät sie natürlich nicht. Aber die Fülle der Details deutet auf intensive feuchte Recherchen und hautnahes Erleben hin.
In "Der Störfaktor" widmet sich die Autorin den Hintergründen weiblicher Orgasmusschwierigkeiten. Zu diesem Zweck hat sich Beatrice Schlag durch einschlägige Ratgeber wie "Die Geschichte mit dem O" oder "Happy Sex für Sie" gepflügt und dabei gelernt...
...dass (die Frauen) sich in unseren Breitengraden seit Jahrhunderten erziehungsbedingt nicht auf ihre, sondern auf die Lust des Mannes konzentrieren(...)Der Mann soll glauben, sein Tun sei im höchsten Maß erregend. Ohne Schuldgefühle auf ihr eigenes Vergnügen zu achten, fällt den meisten Frauen nicht leicht.
Freilich beschränkt sich Beatrice Schlag nie auf das bloße Nachkauen mäßig revolutionärer Erkenntnisse oder auf das Anhäufen von Fakten. Vielmehr macht die Qualität ihrer Texte die beißende Ironie aus, mit der die geübte Kolumnistin alles relativiert. Ob Kongress-Bericht aus der Swinger-Szene oder Erörterung des "Schnepfenblicks" – Beatrice Schlag operiert mit trockenem Humor und stilistischem Können.
Dabei fehlt es ihr keineswegs an Feingefühl. Ein Porträt des offenbar hochgradig gestörten Kultautors JT LeRoy zeichnet sich durch Beatrice Schlags Diskretion aus. Eine Reportage über das menschliche Versuchskaninchen David Reimer, den ein Arzt in ein Mädchen verwandeln wollte, besticht durch den Takt und die Behutsamkeit, mit der sich Beatrice Schlag diesem physisch und psychisch zerstörten Menschen nähert.
Beatrice Schlag nimmt sie ihr Gegenüber ernst, egal wie lächerlich oder tragisch die Situation sein mag. Keine Spur von jener Überheblichkeit, die manche Journalisten an den Tag legen, wenn es darum geht, außergewöhnliche Naturen zu beschreiben. Sie zollt dem Lebensstil und den Ansichten anderer Respekt und erhebt nicht die eigenen zum Maßstab.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Interview mit der 27-jährigen Leihmutter Lisa Whippler. Sie habe das Gefühl, etwas zurückzugeben zu müssen, antwortet die junge Amerikanerin auf die Frage, weshalb sie unfruchtbaren Paaren ihren Körper leiht:
Ich bin seit sieben Jahren glücklich verheiratet und habe zwei Buben, die ich über alles liebe und für die ich mir Zeit nehmen kann(...)ich(...)stehe genau dort im Leben, wo ich stehen möchte. Wer das von sich sagen kann, schuldet der Gesellschaft etwas.
Beatrice Schlag meldet zwar durchaus Zweifel an an dieser altruistischen Gesinnung, doch hat sie es nicht von Anfang an darauf angelegt, die Frau als herzlose Abzockerin bloßzustellen. Auch beim saftigen Thema "Sexsucht" ist Beatrice Schlag nicht auf billige Pointen aus. Sie lässt sich nicht von Schlagworten beirren und baut stattdessen auf handfeste Informationen. Sie trifft den Arzt Patrick Carnes, den Mann, der den Begriff "Sexsucht" geprägt hat, und revidiert die eigenen Vorurteile:
Er hat nichts von einem Messias an sich. Man würde ihn gern der Prüderie überführen, um seine Diagnose leichter angreifen zu können. Man möchte ihn moralisierende Sätze sagen hören, die jede polygame Frohnatur zum Sex-Junkie stempeln. Aber Carnes sagt gleich zu Beginn des Gesprächs, längst nicht jeder Mensch mit überdurchschnittlich lebhaftem Sexualleben sei sexsüchtig.
Beatrice Schlag hat sich ebenfalls nicht nicht der Missionsarbeit verschrieben, sondern dem guten Journalismus. Mit oder ohne Sex – das Risiko davon süchtig zu werden, nimmt man als Leser gerne in Kauf.
In den USA kriegst du als Frau so viele Verhaltensregeln aufgezwungen, dass du erst mit Alkohol du selber wirst. In meinem Land darfst du nie etwas Körperliches zeigen, nicht einmal, wenn Du verheiratet bist. Öffentlich küssen nur Politiker ihre Ehefrauen.
Wie viele Foam Partys und Wet Dance Contests Beatrice Schlag im mexikanischen Nippel-Nirvana besucht hat, verrät sie natürlich nicht. Aber die Fülle der Details deutet auf intensive feuchte Recherchen und hautnahes Erleben hin.
In "Der Störfaktor" widmet sich die Autorin den Hintergründen weiblicher Orgasmusschwierigkeiten. Zu diesem Zweck hat sich Beatrice Schlag durch einschlägige Ratgeber wie "Die Geschichte mit dem O" oder "Happy Sex für Sie" gepflügt und dabei gelernt...
...dass (die Frauen) sich in unseren Breitengraden seit Jahrhunderten erziehungsbedingt nicht auf ihre, sondern auf die Lust des Mannes konzentrieren(...)Der Mann soll glauben, sein Tun sei im höchsten Maß erregend. Ohne Schuldgefühle auf ihr eigenes Vergnügen zu achten, fällt den meisten Frauen nicht leicht.
Freilich beschränkt sich Beatrice Schlag nie auf das bloße Nachkauen mäßig revolutionärer Erkenntnisse oder auf das Anhäufen von Fakten. Vielmehr macht die Qualität ihrer Texte die beißende Ironie aus, mit der die geübte Kolumnistin alles relativiert. Ob Kongress-Bericht aus der Swinger-Szene oder Erörterung des "Schnepfenblicks" – Beatrice Schlag operiert mit trockenem Humor und stilistischem Können.
Dabei fehlt es ihr keineswegs an Feingefühl. Ein Porträt des offenbar hochgradig gestörten Kultautors JT LeRoy zeichnet sich durch Beatrice Schlags Diskretion aus. Eine Reportage über das menschliche Versuchskaninchen David Reimer, den ein Arzt in ein Mädchen verwandeln wollte, besticht durch den Takt und die Behutsamkeit, mit der sich Beatrice Schlag diesem physisch und psychisch zerstörten Menschen nähert.
Beatrice Schlag nimmt sie ihr Gegenüber ernst, egal wie lächerlich oder tragisch die Situation sein mag. Keine Spur von jener Überheblichkeit, die manche Journalisten an den Tag legen, wenn es darum geht, außergewöhnliche Naturen zu beschreiben. Sie zollt dem Lebensstil und den Ansichten anderer Respekt und erhebt nicht die eigenen zum Maßstab.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Interview mit der 27-jährigen Leihmutter Lisa Whippler. Sie habe das Gefühl, etwas zurückzugeben zu müssen, antwortet die junge Amerikanerin auf die Frage, weshalb sie unfruchtbaren Paaren ihren Körper leiht:
Ich bin seit sieben Jahren glücklich verheiratet und habe zwei Buben, die ich über alles liebe und für die ich mir Zeit nehmen kann(...)ich(...)stehe genau dort im Leben, wo ich stehen möchte. Wer das von sich sagen kann, schuldet der Gesellschaft etwas.
Beatrice Schlag meldet zwar durchaus Zweifel an an dieser altruistischen Gesinnung, doch hat sie es nicht von Anfang an darauf angelegt, die Frau als herzlose Abzockerin bloßzustellen. Auch beim saftigen Thema "Sexsucht" ist Beatrice Schlag nicht auf billige Pointen aus. Sie lässt sich nicht von Schlagworten beirren und baut stattdessen auf handfeste Informationen. Sie trifft den Arzt Patrick Carnes, den Mann, der den Begriff "Sexsucht" geprägt hat, und revidiert die eigenen Vorurteile:
Er hat nichts von einem Messias an sich. Man würde ihn gern der Prüderie überführen, um seine Diagnose leichter angreifen zu können. Man möchte ihn moralisierende Sätze sagen hören, die jede polygame Frohnatur zum Sex-Junkie stempeln. Aber Carnes sagt gleich zu Beginn des Gesprächs, längst nicht jeder Mensch mit überdurchschnittlich lebhaftem Sexualleben sei sexsüchtig.
Beatrice Schlag hat sich ebenfalls nicht nicht der Missionsarbeit verschrieben, sondern dem guten Journalismus. Mit oder ohne Sex – das Risiko davon süchtig zu werden, nimmt man als Leser gerne in Kauf.