Konkret wollten die verarmten Nationen mehr finanzielle Hilfen der reichen Industrieländer und die Vergrößerung ihrer Absatzmärkte erreichen. Ende der 50er Jahre hatten die Vereinten Nationen den Entwicklungsländern prophezeit, dass sie für die kommenden 10 Jahre eine jährliche Wachstumsrate von 5 Prozent zu erwarten hätten. Sehr schnell wurde klar, dass das Gegenteil eintreten würde. Doch die Konferenz in Genf versprach nicht das, was sich die benachteiligten Länder von ihr erhofft hatten. Wochenlang ergingen sich 1500 Delegierte aus 120 Ländern in Grundsatzerklärungen und allgemeinen Debatten. Die Konferenz schlug sich in einer Fülle von Dokumenten nieder, die in unterschiedlichen Haupt- und Unterausschüssen erstellt wurden. Weder die Entwicklungsländer, die als "Bewegung der Blockfreien" sich zur "Gruppe der77" bildete, wichen von ihren Forderungen ab, noch wollten die Industrieländer diesen nachgeben. Nach drei Monaten Verhandlungen war nicht mehr als ein Kompromiss zu erkennen. Er enthielt als wichtigste Empfehlung die dauerhafte Einrichtung dieser Konferenz als neue UN -Institution. Die "United Nations Conference on Trade and Development", kurz UNCTAD, sollte zukünftig in einem dreijährigen Turnus zusammentreffen. Entscheidenden Einfluss auf die Forderungen der Dritten Welt übte ihr erster Präsident Raul Prebisch aus, ein angesehener argentinischer Ökonom, der seine Erfahrungen als Leiter der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika einbrachte. Prebisch stand der klassisch-liberalen Außenhandelstheorie kritisch gegenüber. Er vertrat die Ansicht, dass sich die Austauschbeziehungen, die "terms of trade", zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zwangsläufig verschlechtern würden; tropische Rohstoffpreise ständig fallen, Importpreise industrieller Fertiggüter aber steigen würden.
Einige Aspekte dieser Angelegenheit sind recht schwierig und könnten die Diskussion in die Sackgasse führen, wenn wir nicht diese pragmatischen Überlegungen obenan stellen. Praktisch sieht die Sache so aus: Die Außenhandelserlöse der Entwicklungsländer sind durch die Verschlechterung der 'terms of trade' wesentlich zurückgegangen. Wenn diese Länder nicht zusätzliche Mittel erhalten, werden sie die vernünftige, in ihren Plänen vorgesehene Wachstumsrate nicht erreichen können. Die Lage wird noch schlimmer, wenn sich die 'terms of trade' in Zukunft weiter verschlechtern. Deshalb müssen Ausgleichsmaßnahmen ein integrierender Bestandteil einer vernünftigen Politik der Entwicklungsfinanzierung sein.
Nach 40 Jahren UNCTAD fällt heute die Bilanz der Organisation ernüchternd aus. Da Ergebnisse ihrer Konferenzen nur Empfehlungscharakter hatten, blieben Resolutionen für die Entwicklungsländer ohne spürbare Wirkungen. Und spätestens durch die parallele Gründung der WTO 1994, hat die Arbeit der UNCTAD international nur noch eine geringe Bedeutung.