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25 Jahre EU-Vogelschutzrichtlinie

Den Vögeln in Deutschland geht es nicht besonders gut. Mehr als die Hälfte aller heimischen Arten ist gefährdet. Und das, obwohl seit 25 Jahren eine EU-Richtlinie zum Schutz der Vögel in Kraft ist. Diese Vogelschutzrichtlinie war eine der ersten Naturschutzregelungen der Europäischen Gemeinschaft, und sie wird von Experten auch heute noch als Erfolg gewertet. Trotzdem verzeichnet die so genannte Rote Liste, in der die Bedrohung der Arten angezeigt wird, im Vergleich zum Jahr 1996 eine deutliche Verschlechterung der Situation für die wild lebenden Vögel.

Von Dietrich Sondermann |
    Trotz der deprimierenden Zahlen der Roten Listen ist Hartmut Vogtmann, der Präsident des Bundesamtes für Naturschutz, von der Wirksamkeit des Vogelschutzes überzeugt:

    Wenn wir die Vogelschutzrichtlinie nicht gehabt hätten, hätten wir viel weniger Vögel, die singen würden, und wir hätten auch sehr viel weniger Freude an der Natur, denn Vogelschutz ist auch Lebensraumschutz für die Menschen.

    In den 70er Jahren regten sich in Deutschland erste zaghafte Versuche, den Tier- und Naturschutz vom idealisierenden, teils romantischen Randthema weniger Liebhaber zu einem Kernthema politischer Diskussion zu machen. Peter Boye vom Bundesamt für Naturschutz erinnert sich an diese Anfänge:

    Vogelschutz war 1979 ein drängendes Thema, weil – der eine oder andere mag sich daran erinnern – die Vogeljagd auf Singvögel in Südeuropa, Vogelmord in Italien etc. das waren wichtige Themen und das wurde tatsächlich durch die Vogelschutzrichtlinie gelöst.

    Bis dahin gab es auf nationaler Ebene alle möglichen Bemühungen, seltene Tiere zu schützen. Zum Teil aus Tierliebe oder aber auch aus tatsächlichem Verständnis der Natur. Aber einen einheitlichen, systematischen Schutz für die Arten, die ihn wirklich brauchen, gab es nicht:

    Dieses Durchwurschteln im Naturschutz hat die Vogelschutzrichtlinie beendet. Sie hat ganz klar vorgeschrieben, was alle Mitglieder der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft tun mussten; das waren damals neun Staaten.

    Heute sind es 15 Staaten, die diese Standards anwenden, und ab Mai kommen noch einmal zehn dazu:

    Sie haben alle Mindeststandards für den Schutz der Vögel, und zwar aller europäischer Arten, ganz egal, ob sie häufig oder selten sind. Sie haben dann zusätzliche Pflichten zur Erhaltung der seltenen, gefährdeten Arten und vor allem der Zugvogelarten.

    Denn die Zugvögel sind nicht unbedingt bei uns heimische Arten, sondern brüten beispielsweise in Nordsibirien und überwintern hier oder ziehen zwei Mal im Jahr nur durch. Gerade deshalb muss ihr Schutz international koordiniert werden. Generell basiert die Erhaltung der Arten auf zwei Hauptbereichen. Zum einen ist das der direkte Schutz der Tiere vor Jagd, Handel und Verfolgung und zum anderen ist das der Schutz der vielfältigen Lebensräume für die unterschiedlichen Arten. Die Richtlinie schließt die Jagd von Vögeln aber nicht aus:

    Die EU-Vogelschutzrichtlinie schreibt vor, welche Arten bejagt werden dürfen und fordert auch eine nachhaltige Bejagung, das heißt, es darf nicht so viel geschossen werden, dass die Bestände darunter leiden würden.

    Angeregt durch die Erfolge der Vogelschutzrichtlinie wurde der Naturschutz auf andere Tiere, auf Pflanzen und auch auf Biotope ausgedehnt. Anfang der 80er Jahre entstand die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, kurz FFH-Richtlinie.
    Restlos zufrieden sind Naturschützer mit dem status quo aber nicht. Noch gibt es trotz Richtlinie einige Lücken im Vogelschutz; in Deutschland zum Beispiel beim Abgleich mit dem Jagdrecht. Ärger gab es mit der Jägerschaft wegen erweiterter Schonzeiten. Diese sollen sich laut Richtlinie über die gesamte Nachzuchtperiode einer Art erstrecken:

    Und da sagen die Jäger, die Jagdzeit, die ihnen dann verbleibt, die ist zu kurz und darum hat es eben Diskussionen gegeben und erst in den letzten Jahren, nach fast 25 Jahren Vogelschutzrichtlinie, wurden die Jagdzeiten in Deutschland an diese Regelung der Vogelschutzrichtlinie angepasst. Und das hat Diskussionen gegeben.

    Auch die immer wiederkehrenden Forderungen nach Abschuss von Elstern und Krähen sind aus Naturschutzsicht nicht nachzuvollziehen:

    Die Diskussionen um Elstern und Rabenvögel, die wir in den letzten Jahren mit viel Mühe geführt haben, sind im Grunde genommen Zeitverschwendung; das ist der Kampf an der falschen Front. Wir müssen endlich dahin kommen, die Ackerflur wieder für wilde Tiere lebenswert zu machen.

    Über die Erweiterung der EU freuen sich die Naturschützer. Die neuen Staaten bieten auch Chancen für den Vogelschutz in Europa, hofft Hartmut Vogtmann. In Polen und den baltischen Staaten gibt es noch wunderbare Biotope, die erhalten werden müssen und auch im Süden wirkt die EU-Richtlinie:

    Auf der anderen Seite haben wir ja auch Zypern und Malta, die ja den freien Vogelfang erlauben und dort hoffen wir, dass möglichst schnell die Vogelschutzrichtlinie umgesetzt wird, damit endlich das Fangen auf Leimruten und mit Ködern und mit Schusswaffen und mit Gift der Vögel aufhört.