Dienstag, 23. April 2024

Archiv

25 Jahre nach Schlagstock-Attacke
Drama auf dem Eis

Im verbissenen Duell der beiden US-Eiskunstläuferinnen Tonya Harding und Nancy Kerrigan kam es am 6. Januar 1994 zu einem unrühmlichen Höhepunkt: Hardings Ex-Mann hatte einen Mann bezahlt, der Nancy Kerrigan mit einem gezielten Schlag auf ihr Knie außer Gefecht setzte. Kerrigans Leben geriet danach aus den Fugen.

Von Martina Buttler | 06.01.2019
    Keines Blickes würdigen sich die beiden amerikanischen Eiskunstläuferinnen Tonya Harding (l) und Nancy Kerrigan während des Trainings.
    Skandal auf dem Eis: Die beiden amerikanischen Eiskunstläuferinnen Tonya Harding (l) und Nancy Kerrigan würdigen sich keines Blickes während des gemeinsamen Trainings. (picture-alliance / dpa)
    Nancy Kerrigan kommt in ihrem weißen Trainingskleid vom Eis, zieht sich die Schoner über ihre Kufen und verschwindet hinter einem blauen Vorhang zu den Trainingsräumen. Dort wartet ein Mann mit einem Schlagstock auf sie und haut ihr gegen das rechte Knie. Die amerikanische Olympiahoffnung schreit vor Schmerzen.
    Zwei Tage später gewinnt ihre Konkurrentin Tonya Harding den Titel im Eiskunstlaufen der Damen in den USA und ist damit im Olympischen Team. Gleichzeitig läuft die Suche nach dem Täter auf Hochtouren. Es wird klar: Tonya Hardings Ex-Mann und ein Freund haben ihn dafür bezahlt, Kerrigan so schwer zu verletzen, dass sie Harding nicht mehr gefährlich werden konnte. Die damals 24-Jährige betont immer wieder, dass sie nichts von der Tat gewusst habe: "Ich möchte sagen, wie sehr es mir leid tut, was Nancy Kerrigan passiert ist. Ich wusste vorher nichts von dem geplanten Angriff auf sie. Ich bin aber dafür verantwortlich, dass ich nicht alles, was ich hinterher über die Tat erfahren habe, erzählt habe."
    Kerrigans Leben gerät aus den Fugen
    Später gibt Harding zu, dass sie doch irgendwie vorher etwas von den Plänen mitbekommen hat. Sie wird für ihrem Sport gesperrt, bekommt drei Jahre auf Bewährung und zahlt 100.000 Dollar Strafe. Der Schlagstock-Angriff wird zur Geschichte der beiden Frauen. Nancy Kerrigan triumphiert. Sie gewinnt bei den Olympischen Spielen wenige Wochen nach der Attacke die Silbermedaille. Ihr Leben gerät aber aus den Fugen, erzählt sie im Interview mit ABC:
    "Nach der Attacke folgten mir Kameras überall hin, zum Training, zum Pool, und ich habe nicht drauf geachtet, dass ich nicht gegessen und trainiert habe."
    Sie entwickelt eine Essstörung. Heute versucht sie, andere davor zu warnen, hat eine Dokumentation zu Essstörungen im Sport gedreht. Das war ihr Projekt 2017. Viel mehr Aufmerksamkeit hat der Hollywood-Film "I, Tonya" bekommen. Er erzählt die Geschichte von Tonya Harding. Ein Mädchen aus einer armen Arbeiterfamilie, das viel Druck von der Mutter bekommt und immer um Anerkennung kämpfen muss. Ein Opfer ihres schwierigen Umfelds. Kerrigan hat sich zu dem Film nicht groß geäußert. Nur so viel: sie sei das Opfer in dieser Geschichte. Beide Frauen gehen immer noch getrennte Wege. Tonya Harding hat einmal gesagt, dass sie das gern ändern würde: "Wenn sie es zulassen würde, würde ich sie gern umarmen und ihr sagen, wie stolz ich auf sie bin, wie sie mit ihrem Leben weitergemacht hat."
    Auftritte in Reality-Shows
    Beide Frauen treten immer wieder in Reality-TV-Serien oder Fernsehshows wie "Dancing with the Stars" auf. Kerrigan ist verheiratet, Mutter dreier Kinder. Harding ist inzwischen zum dritten Mal verheiratet und hat ein Kind. Die letzten Jahre seien ihre Chance, hat sie einmal gesagt. Ihre Chance, geliebt zu werden und glücklich zu sein. Und die Tonya im Film sagt: "Es gibt nicht sowas wie die Wahrheit. Jeder hat seine eigene Wahrheit."
    Beide Frauen kommen nicht vom Eis los: Kerrigan hat die Wettkämpfe im Eiskunstlaufen bei den Olympischen Spielen kommentiert. Harding trainiert selbst mehrmals die Woche. Das Drama, in dem sie beide eine zentrale Rolle hatten, wird immer die Geschichte ihres Lebens bleiben. Auch wenn sie es sich selbst sicher anders wünschen würden, aber dahinter verblassen dreifache Axel und olympische Medaillen.