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26.03.1979 - Vor 25 Jahren

Es ist ein richtiger Frühlingstag in Washington und das Arrangement scheint der Witterung angemessen: Auf dem Rasen nördlich des Weißen Hauses sind im Freien lange Stuhlreihen aufgestellt – mit Blick auf das Weiße Haus und – davor - einen langen Tisch, an dem besiegelt werden soll, was noch nicht so lange zuvor kaum jemand für möglich gehalten hatte: Der Friedensvertrag zwischen Israel und dem größten und wichtigsten arabischen Staat – Ägypten. Im Publikum die wichtigsten Vertreter der amerikanischen Politik, große Delegationen aus Israel und Ägypten und Politiker aus aller Welt.

    Nur andere Araber fehlen, als die ägyptische Nationalhymne intoniert wird: Der "Alleingang" Ägyptens ist verpönt in der Arabischen Welt und Kairo ist isoliert. Selbst den Sitz der Arabischen Liga hat es deswegen an Tunis verloren. Die einzigen Araber weit und breit – von den Ägyptern abgesehen – das sind die Demonstranten, die zwei Häuserblocks weiter demonstrieren und deren Protestrufe leise, aber dennoch während der gesamten Zeremonie zu hören sind.

    Die Demonstranten können immer noch nicht verstehen und akzeptieren, was zu Beginn sehr vielen mehr als unwahrscheinlich vorgekommen war: Der Weg zu dieser Zeremonie auf den Rasen des Weißen Hauses hatte keine zwei Jahre zuvor begonnen, als der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat erklärte, er sei bereit, "bis ans Ende der Welt, selbst nach Jerusalem, zu gehen", um Frieden in der Region zu erreichen. In Israel rieb man sich Augen und Ohren, denn nach der Wahl des nationalistischen "Herut"-Führers Menachem Begin hatte man allgemein erst recht jede Hoffnung auf Frieden aufgegeben. Aber Begin lud Sadat ein und dieser kam nach Jerusalem. Es folgten intensive Friedesverhandlungen, die schließlich im Herbst 1978 zum "Camp David Abkommen" führten. Unter aktiver Mithilfe von US-Präsident Jimmy Carter waren Begin und Sadat in Camp David in Klausur gegangen und hatten nach 12 langen Tagen die Grundlage für den Frieden vereinbart, der nun – am 26. März 1979 – in Washington unterzeichnet werden soll.

    Die "Hatikva" – die israelische Hymne – ist hier in Washington regelmäßig zu hören, denn die Beziehungen zwischen Israel und den USA sind seit langer Zeit sehr eng und sehr herzlich. Aber auch in Washington hatte man bei der Wahl Begins natürlich Bedenken bekommen, wohin Israel und der Traum vom Frieden in Nahost nun geraten würden. Umso gelöster und glücklicher ist Präsident Carter, als er die Feier eröffnet und von einem Feldzug für den Frieden spricht:

    … Zwei große Staatschefs – groß für die Geschichte ihrer Nationen – Präsident Anwar as-Sadat und Ministerpräsident Menachem Begin haben diesen Feldzug mit mehr Mut, Zähigkeit, und Inspiration geführt als je ein General, wenn er Menschen und Maschinen ins Schlachtfeld führte.

    Das Publikum applaudiert artig, selbst die Hunderschaft von Journalisten aus aller Welt. Es ist einer dieser seltenen Momente, in denen man spürt, dass hier "Geschichte geschrieben" wird. Und die man nie vergisst, wenn man – wie ich - am Rande des Rasens vor dem Weißen Haus mit dabei war. Der Traum vom ewigen Frieden in Nahost verwirklicht sich jedoch nicht, wenn auch Präsident Sadat mit Recht darauf hinweist, dass sein Land es ernst meint.

    Das ägyptische Volk mit seinem großen Erbe und seinem einzigartigen Geschichtssinn hat von Anfang an den Wert und die Bedeutung dieses Unternehmens verstanden.

    Ägypten bleibt dem Frieden mit Israel verpflichtet, die anderen Araber aber strafen es zunächst mit jahrelanger Isolation und nur langsam setzt sich auch bei ihnen die Einsicht durch, dass Sadat wohl doch recht gehabt hat.

    Auf israelischer Seite ist Menachem Begin sichtlich überwältigt:

    Ich komme aus dem Land Israel, dem Land Zion und aus Jerusalem und ich stehe hier in aller Demut und mit Stolz, als Sohn des jüdischen Volkes, als Mitglied der Generation des Holocaust und der Erfüllung.

    Begin verpflichtet sich, für Frieden mit Ägypten die gesamte Sinai-Halbinsel zurückzugeben und das Prinzip Land für Frieden zu akzeptieren. Begin - mehr noch seine Nachfolger bis hin zu Ariel Scharon heute – sind es deswegen auch, die alles daran setzen, dass nach dem israelisch-ägyptischen Frieden keine weiteren ähnlichen Verträge kommen. Nur Jordanien ist bisher dem Beispiel Ägyptens gefolgt.