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27 und zwei Doktortitel

Er ist wahrscheinlich Deutschlands jüngster Professor für Betriebswirtschaft. Das mutmaßt zumindest die Universität Paderborn. Dort lehrt Georg Schneider seit Anfang des Semesters als Professor. Der Wiener ist erst 27 Jahre alt und hat es bereits zu zwei Doktortiteln gebracht. Doch trotz seines Riesentalents zog es ihn nicht zu höheren akademischen Weihen in die USA - sondern an die Pader.

Von Michael Ruffert |
    Man könnte ihn für einen Studenten halten - allerdings für einen sehr ordentlichen. Georg Schneider ist glatt rasiert, trägt Scheitel, Anzug und Krawatte. Der 27-Jährige Professor hat gerade erstmals eine mündliche Bachelor-Prüfung abgenommen. Er lobt die Leistung des Kandidaten.

    "Er hat das sehr interessant und gut vorgestellt, sehr gewissenhaft. Ich bin sehr zufrieden"

    Wie alt der Student war, weiß Schneider gar nicht genau. Denn der junge Wiener macht sich wenig Gedanken darüber, dass er kaum älter ist als viele seiner Studenten.

    "Wenn ich in der Vorlesung stehe, dann konzentriere ich mich sowieso auf den Inhalt. Wenn da Studenten sind und der eine oder andere älter ist als ich, das fällt mir nicht mal auf. ( ... ) Ich würde sagen, für die Studenten ist es fast angenehmer, wenn man jemand hat, der alterskonform ist und noch nicht graue Haare hat und Angst einflössend wirkt."

    Aber der eine oder andere Student überlegt sich vielleicht schon, wie es der junge Mann so schnell zum Professor gebracht hat. Denn Schneider ist ein Senkrechtstarter: Mit 22 Jahren promovierte er in Mathematik an der Wiener Universität, mit 25 reichte er eine weitere Promotion in Betriebswirtschaft an der Stanford Universität in den USA nach. Beide Arbeiten wurden ausgezeichnet - eine Blitzkarriere.

    "Naja, Wunderkind - in den Mathe-Kursen, die ich besucht habe, habe ich schon gemerkt, ich verstehe Dinge schneller wie andere ( ... ). Ich glaube, aber das nicht nur Intelligenz den Erfolg ausmacht, sondern auch andere Dinge - wie gerne setzt man sich an neue Probleme. Ich kann total intelligent sein, aber Angst vor neuen Probleme haben - es sind da mehrere Faktoren, die wichtig sind."

    Schneider wagt sich an Probleme. Zum Beispiel an Probleme mit "Realoptionen" in der Betriebswirtschaft - seinem zweiten Fachgebiet. Mit Hilfe dieses Modells planen Unternehmen ihre Zukunft und kalkulieren sich wandelnde Bedingungen.
    Mit diesem Forschungsschwerpunkt hätte Schneider auch in den USA Karriere machen können. Doch während seiner Zeit an der Stanford Universität hat er festgestellt, dass er nicht dauerhaft in den USA leben will.

    "Ich möchte gute Forschung machen. Und ich habe den Eindruck, dass es teilweise in den USA so ist, dass man sehr spät eine unbefristet Stelle bekommt, wo man entsprechend Mitarbeiterausstattung bekommt - und immer in so einer Art Hamsterrädchen ist und die nächste Publikation vorweisen muss. Und wo nur gefragt wird, ist die in einem guten Journal und nicht gefragt wird, ist die Idee wirklich gut."

    Dieses Prinzip des "Publish or perish” hat Schneider abgeschreckt. Er wollte nicht unter dem Zwang forschen, ständig neue Veröffentlichungen vorweisen zu müssen.

    An der beschaulichen Universität in Paderborn fühlt sich Schneider dagegen wohl. Hier lässt es sich nach seiner Meinung in Ruhe arbeiten und forschen.

    "Was ich hier sehr positiv finde. Ich glaube, ich habe die Unterstützung hier, von den Ressourcen her, von der Grundeinstellung gute Forschung zu machen."

    Denn die Forschung steht für ihn an erster Stelle, für Freizeitaktivitäten bleibt wenig Zeit. Nur hin und wieder gönnt er sich eine Reise nach Wien und den Besuch der Staatsoper.

    "Ich verstehe, wenn Leute sagen, der Sinn des Lebens ist es Spaß zu haben. Für mich ist es halt eher wissenschaftliche Erkenntnis oder so was wie im Faust: "Ich möchte wissen, was die Welt im innersten Zusammenhält."