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35 Billionen Wattstunden für Smartphone und Co.

Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft haben die Hersteller neue Smartphones und Tablet-Computer vorgestellt. Die Geräte brauchen Strom, Rechnerkapazität und Speicherplatz in Netzwerken - insgesamt eine unglaubliche Menge an Rohstoffen und Energie.

Von Philip Banse | 15.11.2012
    Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik, also Computer, Smartphones und Telefone, verbrauchen pro Jahr 35 Terawattstunden Strom, das sind fünf Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland. Dazu kommt noch die Unterhaltungselektronik mit dem häuslichen Stromfresser Nummer eins: dem Fernseher, der mittlerweile häufig auch mit Internetanschluss ausgestattet ist. Zwar verbrauchen aktuelle Fernsehgeräte – auch dank strenger EU-Vorgaben - nur noch ein Drittel der elektrischen Energie wie noch vor zehn Jahren, aber aktuell gibt es einen Trend zu mehreren und größeren Geräten pro Haushalt:

    "Was bedeutet, dass der Gesamtstromverbrauch steigen wird. Definitiv. Allein durch die Fernseher."

    Sagt Alexander Schlösser vom Fraunhofer Institut, der gerade in einer Studie für das Umweltbundesamt den Stromverbrauch von Fernseher, Smartphone und Co untersucht. Ein anderer Stromfresser ist der klassische PC, doch dessen Bedeutung nimmt ab. Denn die Verkäufe mobiler Computer sind in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. In jedem zweiten deutschen Haushalt findet sich ein Notebook. Ein Drittel der Deutschen hat ein Smartphone. Der Trend zu mobilen Geräten könnte den Energieverbrauch daheim langfristig senken, sagt Forscher Alexander Schlösser. Denn Smartphones und mobile Computer sollen lange laufen; Hersteller hätten daher großes Interesse den Energieverbrauch zu reduzieren. Diese mobilen Alleskönner hätten aber noch einen zweiten Vorteil, so Schlösser: Sie vereinen viele Funktionen, für die lange extra Geräte nötig waren: Festnetz-Telefon, Anrufbeantworter, Fotoapparat, Mp3-Player, Navigationsgerät, DVD-Player, CD-Spieler. All diese Geräte lassen sich heute ersetzen durch ein einziges Smartphone, von E-mail und Surfen ganz zu schweigen. Weniger Geräte gleich weniger Stromverbrauch, sagt Alexander Schlösser und skizziert ein Szenario, um die Stromfresser Fernseher und Schreibtischrechner in den Griff zu bekommen:

    "Vielleicht reicht ein Tablet an der Stelle, vielleicht reicht ein Notebook, über das man viel lösen kann in Verbindung meinetwegen mit einem etwas größeren Bildschirm, weil man das dann eh schon zu Hause hat, und ersetzt damit einen Desktop-PC und einen Fernseher. Das wäre eine mögliche Option."

    Doch der Trend zu Notebooks, Smartphone und Tablets bedeutet: erhöhte Last für Datennetze und Rechenzentren. Denn oft lagern unsere Daten eben nicht mehr auf der Festplatte im Arbeitszimmer, sondern in der Wolke, irgendwo auf Servern und werden bei Bedarf übers Netz abgerufen. Der weltweite Datenverkehr über das Internet wächst nach einer Schätzung des Branchenverbands "eco" jährlich um 80 Prozent.

    "Wie steigt der Energieverbrauch in diesen Netzen? Wie steigt der Energieverbrauch in den Rechenzentren, die jetzt auch die Smartphones mitbedienen müssen? Das ist der spannende Punkt – wo es aber leider noch keine Zahlen gibt."

    ... sagt Alexander Schlösser vom Fraunhofer Institut. Die Betreiber von Mobilfunknetzen forschten bereits an Energiespartechniken, um etwa gerade nicht gebrauchte Mobilfunkantennen ausschalten zu können. Rechenzentren, große Hallen mit Tausenden Servern, würden zunehmen mit der natürlichen Außenluft gekühlt – und daher vielleicht bald eher in Nordeuropa gebaut. Der Boom der mobilen Geräte hat einen weiteren ökologischen Nebeneffekt, sagt Siddhart Prakash vom Öko-Institut:

    "Aus den Ergebnissen von unseren Studien können wir ganz klar sagen, dass die Herstellung dieser Geräte – nicht nur die energieintensiven Prozesse bei der Herstellung, sondern auch dann die Rohstoffentnahme – die wesentlichen Faktoren sind bei den Umweltauswirkungen von IKT-Geräten."

    IKT, meint Geräten der Informations- und Kommunikationstechnik. Die aufwendig hergestellten Smartphones, Tablets und Notebooks sollten so lange genutzt werden, wie möglich, sagt der Forscher vom Öko-Institut. Beim Kauf eines neuen Smartphones oder Computers könnten Verbraucher leider nicht entscheiden, wie groß der ökologische Fußabdruck des jeweiligen Geräts ist. Dazu müssten die Hersteller wesentlich mehr Daten zur Verfügung stellen.

    "Sehe ich keine Chance. Nicht weil der Wille nicht da ist, sondern weil das praktisch gar nicht machbar ist."

    Sagt Christian Herzog, Umweltexperte beim Lobbyverband der Computerindustrie, BITKOM.

    "Wenn Sie wirklich ernsthaft versuchen zu ergründen, was sich da aufsummiert, das endet fast nirgends. Das verästelt sich so fein, man muss wirklich ganz viele Lieferketten nachvollziehen, ganz viele Seiteneffekte berücksichtigen, das ist für ein Unternehmen schlichtweg nicht machbar."