Die FDP-nahe Friedrich Naumann-Stiftung beging die Zeitenwende bei der rechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau gestern mit zehn Tagen Verspätung. Der Grund: Das präzise Jubiläumsdatum, der 18. Juni, wäre der Tag nach dem Bundesparteitag der FDP gewesen, so dass die Veranstalter der Tagung mangelnde Resonanz befürchtet hatten. Die Gleichberechtigungsfrage als Verschiebemasse. Dennoch liegen Welten zwischen heute und Zeit vor der Rechtsreform von 1957. Daran erinnerte die FDP-Bundestagsabgeordnete Sibylle Laurischk:
"Auch nach Inkrafttreten des Grundgesetzes bestand die aus heutiger Sicht eigentlich unvorstellbare Situation, dass der Ehemann ohne Wissen oder Zustimmung das Arbeitsverhältnis seiner Ehefrau kündigen konnte. Arbeitete sie, hatte der Ehemann das vollständige Verfügungsrecht über ihr Einkommen. Eine Konto-Eröffnung war ihr nicht möglich. Der Mann hatte das Letztentscheidungsrecht bei Entscheidungen, die die Eheleute zu treffen hatten."
Diese im Rückblick erstaunliche Liste männlicher Privilegien im bürgerlichen Gesetzbuch verstieß schon damals gegen das Gleichberechtigungsgebot im seit 1949 gültigen Grundgesetz. Das Gesetz über die Gleichstellung von Mann und Frau räumte mit den gröbsten Ungerechtigkeiten im Familienrecht und den schlimmsten Beschneidungen des weiblichen Erwerbsleben auf.
In den folgenden 50 Jahren wurde dann immer wieder nachjustiert, etwa im Unterhaltsrecht oder im Adoptionsrecht. Zuletzt fiel eine der letzten rechtlich zementierten Männerbastionen, als Frauen sich den Zugang zur Bundeswehr erstritten. Merith Niehuss, die Präsidentin der Universität der Bundeswehr in München;
"Seit 2001 haben wir ja Frauen in der Bundeswehr und es hat schon was verändert. Einmal hat die Bundeswehr natürlich den Schock ihres Lebens gekriegt: rauen im U-Boot. Nicht? 20 Männer, 1 Frau. Und was passiert da? Und das sind Dinge, die haben sich merkwürdigerweise ganz von alleine geregelt."
Auch deshalb, weil sich die Frauen in die männlich dominierte Welt nahtlos eingefügt haben. Selbst die sprachlichen Errungenschaften des westdeutschen Feminismus sind beim Militär auf der Strecke geblieben. Political Correctness Fehlanzeige, sagt Universitätsdirektorin Niehuss:
"'Bootsmann meldet sich ab!', sagen die im Brustton der Überzeugung. Es ist so, wie wenn Frauen in die Politik gehen. Auch da gliedern sie sich in eine männliche Welt ein und befolgen die männlichen Riten, den männlichen Arbeitsrhythmus, und die männlichen Anforderungen. Sie bauen sich keine eigene Welt auf."
Dass Frauen an dieser Stelle scheitern, sei auch die Folge eines systematischen Fehlers in der deutschen Diskussion über Geschlechterfragen, befand Peter Döge vom Institut für anwendungsorientierte Zukunftsforschung in Berlin. Der Männerforscher gab den Quotenmann auf dem Podium der ansonsten von beiden Geschlechtern gut besuchten Veranstaltung. Anders als zum Beispiel in Schweden sei Geschlechterpolitik hierzulande immer Frauenpolitik gewesen.
"Das hatte für uns Männer den positiven Effekt, dass die Frauen ein Geschlecht hatten, und die Männer blieben normal. Wie rückständig wir in Deutschland sind, hat doch wieder die Diskussion gezeigt um diese Ganztagsbetreuung von Kindern: Das war eine Frauenfrage. Da ist in der Politik überhaupt nicht angekommen, dass es in Deutschland mittlerweile auch aktive Väter gibt."
Das Selbstbild der Männer hat sich im Zuge einer leisen Revolution entscheidend gewandelt: Während sich in wissenschaftlichen Studien aus dem Jahr 1978 alle befragten Männer noch als "Die Herren der Außenwelt" begriffen, zeigen Studien aus dem Jahr 2002, dass 70 Prozent aller Väter auch Erzieher sein wollen, so der Männerforscher Peter Döge. Auch Männer haben also ein Problem mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auf diesem Gebiet liegt heute der Haupthemmschuh der Chancengleichheit, kristallisierte sich im Laufe der Diskussion heraus. In der Arbeitswelt müsse ein Umdenken stattfinden, forderte Döge, und brachte das neudeutsche Zauberwort "diversity management" ins Spiel:
"Unter "management diversity" verstehe ich die produktive Gestaltung von Vielfalt, und das ist für mich ein wesentlicher Vorzug dieses Konzepts, dass es nicht sagt: Ihr seid defizitär, ihr müsst gefördert werden, sondern 'diversity management' sagt: Wenn man die Potenziale von Frauen oder von Vätern nicht nutzen kann, muss sich die Organisationskultur verändern. Die Leitbilder müssen sich verändern, die Gedanken der Führungskräfte müssen sich verändern."
Künftig könnte sich nicht der Gesetzgeber, sondern die Wirtschaft als treibende Kraft der Gleichberechtigung erweisen, dann nämlich, wenn die erwachsen gewordenen Kinder der Spaßgesellschaft mit anderen Vorstellungen von einer Lebens- und Arbeitsbalance als Arbeitskräfte händeringend gesucht werden und Bedingungen stellen können. Mit diesem hoffnungsfrohen Ausblick endete die Tagung über 50 Jahre Gleichberechtigung, auf der ein altes Thema nicht rasend neu aber erfrischend genau diskutiert wurde.
"Auch nach Inkrafttreten des Grundgesetzes bestand die aus heutiger Sicht eigentlich unvorstellbare Situation, dass der Ehemann ohne Wissen oder Zustimmung das Arbeitsverhältnis seiner Ehefrau kündigen konnte. Arbeitete sie, hatte der Ehemann das vollständige Verfügungsrecht über ihr Einkommen. Eine Konto-Eröffnung war ihr nicht möglich. Der Mann hatte das Letztentscheidungsrecht bei Entscheidungen, die die Eheleute zu treffen hatten."
Diese im Rückblick erstaunliche Liste männlicher Privilegien im bürgerlichen Gesetzbuch verstieß schon damals gegen das Gleichberechtigungsgebot im seit 1949 gültigen Grundgesetz. Das Gesetz über die Gleichstellung von Mann und Frau räumte mit den gröbsten Ungerechtigkeiten im Familienrecht und den schlimmsten Beschneidungen des weiblichen Erwerbsleben auf.
In den folgenden 50 Jahren wurde dann immer wieder nachjustiert, etwa im Unterhaltsrecht oder im Adoptionsrecht. Zuletzt fiel eine der letzten rechtlich zementierten Männerbastionen, als Frauen sich den Zugang zur Bundeswehr erstritten. Merith Niehuss, die Präsidentin der Universität der Bundeswehr in München;
"Seit 2001 haben wir ja Frauen in der Bundeswehr und es hat schon was verändert. Einmal hat die Bundeswehr natürlich den Schock ihres Lebens gekriegt: rauen im U-Boot. Nicht? 20 Männer, 1 Frau. Und was passiert da? Und das sind Dinge, die haben sich merkwürdigerweise ganz von alleine geregelt."
Auch deshalb, weil sich die Frauen in die männlich dominierte Welt nahtlos eingefügt haben. Selbst die sprachlichen Errungenschaften des westdeutschen Feminismus sind beim Militär auf der Strecke geblieben. Political Correctness Fehlanzeige, sagt Universitätsdirektorin Niehuss:
"'Bootsmann meldet sich ab!', sagen die im Brustton der Überzeugung. Es ist so, wie wenn Frauen in die Politik gehen. Auch da gliedern sie sich in eine männliche Welt ein und befolgen die männlichen Riten, den männlichen Arbeitsrhythmus, und die männlichen Anforderungen. Sie bauen sich keine eigene Welt auf."
Dass Frauen an dieser Stelle scheitern, sei auch die Folge eines systematischen Fehlers in der deutschen Diskussion über Geschlechterfragen, befand Peter Döge vom Institut für anwendungsorientierte Zukunftsforschung in Berlin. Der Männerforscher gab den Quotenmann auf dem Podium der ansonsten von beiden Geschlechtern gut besuchten Veranstaltung. Anders als zum Beispiel in Schweden sei Geschlechterpolitik hierzulande immer Frauenpolitik gewesen.
"Das hatte für uns Männer den positiven Effekt, dass die Frauen ein Geschlecht hatten, und die Männer blieben normal. Wie rückständig wir in Deutschland sind, hat doch wieder die Diskussion gezeigt um diese Ganztagsbetreuung von Kindern: Das war eine Frauenfrage. Da ist in der Politik überhaupt nicht angekommen, dass es in Deutschland mittlerweile auch aktive Väter gibt."
Das Selbstbild der Männer hat sich im Zuge einer leisen Revolution entscheidend gewandelt: Während sich in wissenschaftlichen Studien aus dem Jahr 1978 alle befragten Männer noch als "Die Herren der Außenwelt" begriffen, zeigen Studien aus dem Jahr 2002, dass 70 Prozent aller Väter auch Erzieher sein wollen, so der Männerforscher Peter Döge. Auch Männer haben also ein Problem mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auf diesem Gebiet liegt heute der Haupthemmschuh der Chancengleichheit, kristallisierte sich im Laufe der Diskussion heraus. In der Arbeitswelt müsse ein Umdenken stattfinden, forderte Döge, und brachte das neudeutsche Zauberwort "diversity management" ins Spiel:
"Unter "management diversity" verstehe ich die produktive Gestaltung von Vielfalt, und das ist für mich ein wesentlicher Vorzug dieses Konzepts, dass es nicht sagt: Ihr seid defizitär, ihr müsst gefördert werden, sondern 'diversity management' sagt: Wenn man die Potenziale von Frauen oder von Vätern nicht nutzen kann, muss sich die Organisationskultur verändern. Die Leitbilder müssen sich verändern, die Gedanken der Führungskräfte müssen sich verändern."
Künftig könnte sich nicht der Gesetzgeber, sondern die Wirtschaft als treibende Kraft der Gleichberechtigung erweisen, dann nämlich, wenn die erwachsen gewordenen Kinder der Spaßgesellschaft mit anderen Vorstellungen von einer Lebens- und Arbeitsbalance als Arbeitskräfte händeringend gesucht werden und Bedingungen stellen können. Mit diesem hoffnungsfrohen Ausblick endete die Tagung über 50 Jahre Gleichberechtigung, auf der ein altes Thema nicht rasend neu aber erfrischend genau diskutiert wurde.