Archiv


600 Jahre wollen renoviert werden

Sie gehört zu den ältesten Universitäten in Deutschland - die Uni in Leipzig. In diesem Jahr will sie ihren 600. Geburtstag feiern, zu dem bekommt sie einen neu gebauten zentralen Campus. Noch gleicht der überwiegend einem Bauplatz, auf dem nicht alles nach Plan läuft. Und das ist nicht die einzige Baustelle, die Mitarbeitern und Studenten Kopfzerbrechen bereitet.

Von Falko Wittig |
    Emmerich Seibel stapft durch den Schnee über die Großbaustelle des Campus am Leipziger Augustusplatz. Als einer der Baugruppenleiter des sächsischen Staatsbetriebes SIB dirigiert er hier sonst eine Vielzahl von Arbeitern. Doch im Moment ist es so kalt, dass seine Leute nicht viel zu tun haben. Im verlassenen Innenhof des Campus stapeln sich die Gerüstteile.

    "Was jetzt zum Jahreswechsel auch begonnen wurde ist die Südfassade des Aulagebäudes, sobald das Wetter jetzt ein wenig wieder wärmer ist, werden da dann auch die Fassadenarbeiten weitergehen."
    Während am Augustusplatz Stück für Stück der neue Campus entsteht, müssen die Studenten weiter in Interimsbauten lernen. Die befinden sich überall in Leipzig verstreut. Und so treffen sich zum Beispiel angehende Germanisten zu Vorlesungen im Grassimuseum, während Soziologiestudenten für Seminare die Dresdner Bank besuchen müssen. Auch die 22-jährige Paula Johanna Herwig ist derzeit mehr unterwegs als ihr lieb ist - sie studiert seit drei Jahren Sozialwissenschaften und Philosophie und beginnt in Kürze ihre Bachelorarbeit.

    "Ganz allgemein stört mich gerade einfach der Uniumbau, und dass man teils an verrückteste Orte in Leipzig gehen muss, und manchmal dadurch zwischen Seminaren überhaupt keine Zeit hat, den Raum zu wechseln und zu spät kommt, obwohl man überhaupt keine Pause hatte."
    Neben dem Hin- und Hergehetze während des Studiums hat Studentin Paula noch ein anderes Problem - und das beginnt schon jedes Semester mit den Anmeldungen für die Seminare. Neben ihrem Kernbereich belegen die Bachelorstudenten noch Module im Wahlbereich. Und deren Verteilung gleiche für viele Studenten jedes Mal der Teilnahme an einer Lotterie, sagt Paula.

    "Ich hatte bisher meistens ziemliches Glück, dass ich irgendwo noch reingerutscht bin irgendwie, aber ich glaube, das ist so der Hauptpunkt, der sehr viele Leute stört, dass die im Wahlbereich überhaupt nicht das bekommen, was sie machen möchten und dann entweder länger studieren müssen oder Sachen nehmen müssen, die sie überhaupt nicht interessieren."
    Schuld am Studium nach Zufallsprinzip, klagt Paula, sei das Einschreibesystem der Leipziger Uni.

    "Das System kann einfach nicht erfassen, wer schon öfter Härtefall war und nie was bekommen hat und wer vielleicht schon früher in dem Fach was gemacht hat und deshalb vielleicht bevorzugt werden sollte - so was kann das System einfach nicht erfassen."
    Die Universitätsleitung kennt die Probleme mit der Computersoftware schon lange. Im Oktober musste sie einräumen, dass es deshalb Schwierigkeiten bei der Organisation der Studienreform gibt. Die Studierendenvertreterin Dorothee Riese zieht eine negative Bilanz.

    "Ich denke die Umstellung von den jetzt auslaufenden Studiengängen auf Bachelor und Master ist gescheitert, einfach aus dem Grund, weil es an der Uni Leipzig viel zu überstürzt passiert ist. Man hätte bis 2010 Zeit gehabt das umzusetzen. Die Zeit hätte man sich nehmen müssen und hätte das langfristiger planen müssen, alles viel besser durchdenken müssen. Dann hätte man vielleicht viele Probleme, die man jetzt hat, nicht."
    Man stelle sich den mit der Studienreform verbundenen Herausforderungen, lässt Rektor Professor Franz Häuser Studenten und Mitarbeiter in seinen Neujahrsgrüßen wissen. Ansonsten widmet er sich lieber den Erfolgen der Uni Leipzig bei der Gewinnung neuer Fördergelder und lobt die Fortschritte auf der Großbaustelle am Augustusplatz.

    "Wir haben ja mehrere Bauabschnitte, und da gibt es Bauabschnitte, die sind gut vorangekommen - also die Teile wie Mensa, Hörsaalgebäude, Seminargebäude - das, denke ich, das ist gut in der Zeit."
    Und pünktlich zum neuen Semester im April sollen diese Gebäude wieder benutzbar sein. Für viele von den Provisorien genervte Studenten wäre das eine große Erleichterung. Was noch fehlt ist das umstrittene Prestigeobjekt der Uni, das Paulinum. Es entsteht an dem Platz, wo bis zur Sprengung auf Anweisung der SED 1968 die Paulinerkirche stand. In dem kontrovers diskutierten Neubau wird neben der Aula auch die wiederaufgebaute Kirche ihren Platz haben. Mitte 2010 will Baugruppenleiter Emmerich Seibel mit seinen Leuten hier fertig sein.

    "Vorgezogen wollen wir soweit fertig stellen einzelne Bereiche im Paulinum und im neuen Augusteum, so dass die 600-Jahr-Feierlichkeiten der Universität im Dezember 2009 dann in diesen Bereichen stattfinden können."