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Aachen will Elite sein

Natur- und Ingenieurwissenschaften an einen Tisch bringt die Exzellenzinitiative der Technischen Universität Aachen. Das Exzellenzcluster "Maßgeschneiderte Kraftstoffe aus Biomasse" soll im Verbund von Biochemie, Verfahrensforschung sowie Verbrennungs- und Motorentechnik umweltverträgliche Biokraftstoffe und Motoren entwickeln.

Von Eduard Hoffmann |
    "Wir sind sicherlich eine anerkannte Technische Hochschule im Sinne der Ingenieurswissenschaften, aber wir sind nicht eine global anerkannte Technische Hochschule als Universität, und das setzt voraus, dass wir exzellente Naturwissenschaften haben, wo wir durchaus Verbesserungspotential haben, auch im Ranking und deshalb der Fokus auf die Naturwissenschaften in dieser Initiative, die wirklich auszubauen und zu stärken."

    Der Prorektor der RWTH Aachen Professor Reinhart Poprawe nennt den zentralen Punkt der Exzellenzbewerbung: die stärkere Verknüpfung und Profilierung von Ingenieurswissenschaften und Naturwissenschaften und damit verbunden eine verstärkte interdisziplinäre wissenschaftliche Arbeit.

    "Im Kontext der interdisziplinären Forschung haben wir die Idee, dass wir von ganz kleinen Projekten, die wir intern fördern, den ganzen Weg über Projekthäuser bis zu Centers, dann sichtbare größere Arbeitsgruppen generieren wollen, die ultimativ dann Basis und Kern sein können für die Ansiedlung neuer Institute, zum Beispiel auch der Fraunhofer Gesellschaft oder von Max Planck oder der Helmholtzgemeinschaft, also dass wir wirklich den Weg, wie solche Zentren entstehen, dass wir den systematisch in die RWTH integrieren."

    Im Sinne dieser Leitlinien geradezu mustergültig präsentiert sich denn auch die Bewerbung für den Exzellenzcluster "Maßgeschneiderte Kraftstoffe aus Biomasse". Im Verbund von Biochemie, Verfahrensforschung sowie Verbrennungs- und Motorentechnik sollen umweltverträgliche Biokraftstoffe und Motoren entwickelt werden.

    "Dass wir die Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften hier gemeinsam an einen Tisch setzen, denk ich ist das Besondere, und mir ist auch keine andere Initiative auf der Welt bekannt, wo man das bisher so gemacht hat."

    Projektleiter Professor Stefan Pischinger, Direktor des RWTH-Instituts für Verbrennungskraftmaschinen, ist sich sicher, dass sich die zukunftsweisende Forschung auch entsprechend in der Lehre niederschlagen werde.

    "Das ist ja Teil der praktischen Ausbildung hier an der RWTH. Insofern kommt das natürlich direkt den Studierenden auch zugute. Wir wollen ja hier neue Herstellverfahren erforschen, das wird direkt in die Lehre einfließen, und ich glaube auch, dass die Interdisziplinarität in der Lehre genau so Fuß fassen wird und dadurch auch unsere Ausbildung verbessern, weiter verbessern wird."

    Viele Studierende an der Aachener RWTH jedoch bezweifeln, dass die Lehre von der Exzellenzinitiative profitieren wird. Im Großen und Ganzen aber begrüßen sie die Umwandlung hin zu einer Elite-Universität.

    "Vom Prinzip her find ich's nicht verkehrt, die Frage ist, ob das Geld, was da praktisch zusätzlich investiert wird, besser in die Lehre investiert wäre, /../ aber ansonsten, der Exzellenzinitiative selber stehe ich nicht unbedingt kritisch gegenüber, sondern sehe das eigentlich positiv.

    Also Aachen hat schon sehr guten Ruf in Europa, aber wenn das noch dazu Elite-Uni-Titel kommt, dann wird das natürlich nur als Vorteil gesehen werden.

    Also ich weiß nicht, ob man sofort was davon merkt, vielleicht über längere Zeit, und dass auch nachher das Diplom etwas mehr wert ist, dass man vielleicht trotzdem Vorteile hat gegenüber anderen Studenten, aber ob das jetzt unmittelbar etwas bringt, das weiß ich noch nicht."

    Ganz zufrieden zeigt sich auch AStA-Vorsitzender Jan Siegel darüber, dass die Studierenden in die Vorbereitung der RWTH-Exzellenzinitiative eingebunden worden seien - allerdings erst nach entsprechendem Druck auf die Hochschulleitung. Eine Gefahr sieht er jedoch für die Geisteswissenschaften, nämlich:

    "Dass durch die weitere fortschreitende Profilierung als technische und naturwissenschaftliche Universität es bei den Geisteswissenschaften zu Abstrichen kommen wird oder kommen kann. Da wollen wir natürlich auch mit nem wachen Auge drauf schauen und kucken, dass die Studenten in den Studiengängen, die halt nicht ganz so schillernd sind, und die nicht so viel Drittmittel einwerben, dort keine Nachteile kriegen, denn an ner Hochschule ist es auch wichtig, dass wir halt nicht nur Schmalspurtechniker ins Berufsleben reinschicken, sondern wirklich den breitgebildeten Akademiker, der auch über den Tellerrand kucken kann."