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Abgas-Skandal
Zulassung für Mercedes-Modell in Gefahr

Die Deutsche Umwelthilfe will beim Kraftfahrtbundesamt erwirken, dass dem Diesel-Pkw Mercedes C220 CDI BlueTec die Typenzulassung entzogen wird. Begründung: Viel zu hohe Stickoxid-Emissionen, die um mehr als dem Zehnfachen über den Grenzwerten lägen, so die Umwelthilfe.

Von Thomas Wagner | 02.02.2016
    Front einer Mercedes-C-Klasse.
    Mercedes präsentiert am 12.1.14 seine neue C-Klasse in Detroit. (dpa / picture alliance / Uli Deck)
    Da ist starker Tobak: Die Deutsche Umwelthilfe hat beim Kraftfahrtbundesamt formell beantragt, die Typengenehmigung für den Mercedes C220 CDI BlueTec zu entziehen. Gleichzeitig erging an die Bundesländer die Aufforderung, in bestimmten Wetterlagen innerstädtische Fahrverbote für diesen Pkw-Typ zu verhängen.
    Als Begründung nennt die Umwelthilfe aktuelle Messergebnisse des niederländischen Prüfinstitut TNO – und die kommen vielen von vergleichbaren Fällen her bekannt vor: Auf dem Prüfstand, so die Umwelthilfe auf der Basis des TNO-Berichtes aus den Niederlanden, liege das Fahrzeug deutlich unter dem europäischen Grenzwerte für Stickoxide, der derzeit bei 80 Milligramm pro Kubikmeter liegt. Im Fahrversuch bei winterlichen Temperaturen seien diese Stockoxid-Emissionen dann aber konstant um das Zehnfache und darüber hinaus überschritten worden.
    Vorwurf der Manipulation
    Geht gar nicht bei einem Auto, das eigentlich die europäische Dieselnorm EURO 6 erfüllen müsste, so Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe:
    "Ja, wir haben eine Situation, dass dieses Fahrzeug nicht einmal die Norm von Euro 3 erfüllt. Also bezogen auf die gesetzlichen Werte ist es so schmutzig wie ein 20 Jahre alter Diesel. Und solche Fahrzeuge dürfen nicht mehr in die Innenstädte hinein. Wir wundern uns, weshalb die NoX-Werte zum Beispiel in Stuttgart seit Jahren nicht zurückgehen."
    Nämlich deswegen, weil, so die Argumentation der Umwelthilfe, viele vermeintlich sauberen Fahrzeuge gar nicht so sauber sind, wie die Hersteller vorgeben.
    "Und dies lässt sich für uns nicht anders erklären, als dass hier unterschiedliche Motor-Steuerungen angewandt werden und Abgas-Steuerungen. Das heißt: In einem Fall ist die Abgasreinigung eingeschaltet, also ich bin auf der Prüfrolle. Und irgendwie kommt es zustande, dass auf der Straße die Abgasreinigung faktisch teilweise oder vollständig deaktiviert ist."
    Da schimmert der Vorwurf der Manipulation durch, so ähnlich wie im September bei Volkswagen. Den weist Daimler allerdings energisch zurück:
    "Wir haben mehrfach gesagt: Wir haben keine Abschalte-Einrichtungen. Und die kommen bei uns nicht zum Einsatz."
    So Matthias Brock, Sprecher der Daimler AG. Doch an den deutlich erhöhten Stickoxid-Immissionen in den Fahrversuchen des niederländischen Prüfinstitutes TNO kommt auch Hersteller Daimler nicht vorbei, stellt diese gar nicht in Abrede.
    Nur: Dies sei auf entsprechende Motorregulationsprozesse zurückzuführen, beispielsweise in Abhängigkeit von der Außentemperatur. Matthias Brock:
    "Jetzt ist es so: Bei Abgas-Regelungssystemen gibt es komplizierte Mechanismen. Dass zu unterschiedlichen Bedingungen, Außentemperaturen, Lastzustände etc. die Außentemperatur geregelt werden muss, sie wird niemals abgeschaltet, das ist ganz wichtig, sondern sie wird geregelt, je nach Fahrzustand, und das ist auch notwendig.
    Es gibt auch einen gesetzlich vorgeschriebenen Motorschutz. Es gibt auch einen Extra-Passus im Gesetz, der vorsieht, dass diese Regelungen, um die Bauteile zu schützen, rechtlich zulässig und auch technisch notwendig ist."
    Eine harte Keule
    Motorenschutz also auf Kosten des Gesundheitsschutzes, fragt sich die Deutsche Umwelthilfe und sieht darin einen Zielkonflikt, der nicht gesetzeskonform sei, während Hersteller Daimler seine Auffassung unterstreicht, diese Regelungssysteme verstießen nicht einmal ansatzweise gegen europäisches und nationales Recht.
    Klärung soll jetzt erst einmal der beim Kraftbundesamt eingereichte Antrag auf Entzug der Typengenehmigung bringen – eine harte, aber wirkungsvolle Keule, findet Jürgen Resch:
    "Ich bin da sehr zuversichtlich, dass das Kraftfahrtbundesamt hier entsprechend testen muss. Wir wissen auch, dass die Bundesregierung sehr wohl sehr kritische Fragen hat."
    Noch keine Stellungnahmen
    Wie aber werden die Behörden wirklich reagieren? Sowohl vom Bundesverkehrsministerium als auch vom Kraftfahrtbundesamt liegen trotz entsprechender Anfragen des Deutschlandfunks von heute früh bislang noch keine Stellungnahmen vor.