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Abgehakt und reingefallen

Die Tage werden länger, das Wetter trüber. Manche Jugendliche verbringen dann mehr Zeit vor dem Bildschirm, suchen Zerstreuung bei kostenlosen Spielen. Doch Vorsicht: Manche Angebote, die kostenlos aussehen, führen zu teuren Abos.

Von Pia Grund-Ludwig | 01.12.2007
    Abzocker lernen schnell, wie sie im Internet Geld verdienen können. Das musste ein 15-jähriger Jugendlicher erfahren, der seinen Namen nicht genannt haben will. Deshalb heißt er für uns Tillmann. Er war auf der Suche nach billigen Spielen, sein Taschengeldbudget schmal. Sein Freund hat ihm vorgeschlagen, sich doch mal im Internet umzusehen:

    "Dann haben wir mal über Google geguckt, irgendwas, wo man etwas runterladen kann, umsonst, Spiele, keine Ahnung. Dann sind wir durch eine Verlinkung auf diese Seite gekommen. Dann haben die gesagt, man muss sich anmelden, da stand noch gar nichts von Gebühren bezahlen, das stand erst da, wenn man auf der Seite ganz runtergescrolled hat, da hat man das klein gesehen, in einem kleinen Kästchen."

    Das böse Erwachen kam vier Wochen später. Tillman wurde von einem Anwalt kräftig zur Kasse gebeten:

    "Dann kam nach drei bis vier Wochen ein Brief von einem Anwalt, der diese Firma vertritt. Der hat geschrieben, dass wir 120 Euro bezahlen sollen. Einmal 80 Euro, weil wir die erste Rate, die Anmelderate nicht bezahlt haben und uns nicht rechtzeitig abgemeldet haben,. Deshalb sollen wir 80 Euro zahlen, weil wir das nicht gemacht haben, sozusagen als Strafgebühr, weil wir das nicht gemacht haben, und dann noch 40 Euro Anwaltsgebühr."

    Das ist keine Ausnahme. Tausende Beschwerden über ähnliche Abzockversuche gegen monatlich bei den Verbraucherschutzzentralen ein:

    "Diese Gefahr ist im Moment sehr groß. Überall wo man eigentlich herumsurft im Internet, ob man bei Google etwas eingibt oder wie auch immer stößt man immer auf solche Seiten, wird zu Gewinnspielen eingeladen und gerät dann auf solche Seite, sodass man dem kaum entgehen kann und ständig auf der Hut sein muss, nicht irgendwo reinzugeraten..."

    ... meint Thomas Bradler, Jurist beim Verband der Verbraucherschutzzentralen in Berlin. Das Angebot ist breit. Es spricht vor allem Jugendliche an, mit Musik, Hausaufgabenhilfe oder vermeintlich kostenlosen Spielen. Aber auch für andere ist etwas dabei. Die Verbraucherschutzzentrale in Baden-Württemberg hat Jugendliche befragt, von welchen Angeboten sie sich abgezockt fühlten. Am häufigsten wurde routenplaner-online.de genannt, knapp darauf folgten lebenscheck.de und das Ahnenforschungsangebot genealogie.de. Auch Angebote, mit denen sich SMS kostenlos verschicken lassen, Adressen zum Fabrikeinkauf oder Partnervermittlungsangebote dienten als Lockvögel. Gemeinsam sei den Seiten, dass Kosteninformationen im Kleingedruckten oder außerhalb des am Bildschirm sichtbaren Bereichs, weit unterhalb des Buttons, mit dem man das Angebot startet, versteckt seien, so die Verbraucherschützer aus Baden-Württemberg. Ein Verstecken der Kosten sei illegal, so Thomas Bradler:

    "Das ist mit Sicherheit nicht erlaubt. Wir gehen ja auch dagegen vor, gegen die Gestaltung der Internet-Seiten, da gibt es konkrete Vorgaben, die zum Beispiel die Preisangabenverordnung macht, dass Preise klar und deutlich zu nennen sind, dass die die klar zu nennen sind und dem Angebot zugeordnet sein müssen und das ist hier meist nicht der Fall."

    Doch die Auseinandersetzung juristisch zu führen, sei schwierig:

    "Zum einen haben wir das Problem, dass die Anbieter sehr schnell wechseln. Wir können immer nur gegen konkrete Seiten und konkrete Anbieter vorgehen. Selbst wenn wir dann gewinnen, ändert sich dann häufig der Anbieter. Wenn vorher die Firma A dafür verantwortlich war, ist es dann die Firma B. Das heißt, unser Urteil geht ins Leere und wir müssen von vorne anfangen. Zum anderen ist es oft schwierig, der Leute habhaft zu werden. Die Leute sitzen oft im Ausland oder es sind reine Briefkastenfirmen, da ist es dann schon schwierig, eine Abmahnung zuzustellen."

    Da müsse auch die Politik reagieren, fordert Bradler. Die rechtlichen Folgen müssten härter sein. Es lohne sich für die Unternehmen viel zu sehr, solche Abzockmaschen aufzubauen, weil die Verbraucherschützer nur für die Zukunft tätig werden können. Rückwirkend Gewinne abzuschöpfen sei nur dann möglich, wenn man den Unternehmen Vorsatz nachweisen könne. Dafür sind die Hürden hoch. Tillmann wird jedenfalls nicht mehr so schnell hereinfallen.

    "Ich melde mich nirgendwo mehr an, wo ich alles von mir angeben muss, wenn nicht in den AGB steht, dass es kostenlos ist. Das habe ich daraus geschlossen. Und dass ich nicht mehr so scharf darauf bin, mir überhaupt aus dem Internet etwas runterzuladen, egal was es ist."