Zigtausende Tschetschenen sind nach Europa geflohen. Entweder vor den blutigen Kriegen in der Heimat oder vor Republikchef Ramsan Kadyrow. In den Aufnahmeländern lebt die tschetschenische Community extrem abgeschieden.
Tradition, Gewohnheitsrecht und Clanverbindungen spielen eine große Rolle. Integration wird dadurch erschwert. Zum einen tauchen Tschetschenen immer wieder in Berichten über Kriminalität und Terrorismus auf. Die deutschen Verfassungsschützer gehen von rund 500 radikalen tschetschenischen Islamisten in Deutschland aus.
Zum anderen gibt es einen kleinen Teil von Flüchtlingen, der sich politisch engagiert und offen die Zustände in Tschetschenien und die Politik des Kreml kritisiert. Viele fürchten die Rache Kadyrows. Sie haben nicht nur Angst vor Abschiebungen und Auslieferungen nach Russland. Sie fürchten auch die eigenen Landsleute in Europa, denn Kadyrows Arm reiche, sagen sie, bis weit in den Westen. Eine Spurensuche an verschiedenen Orten.
Youtube-Blogger Abdurachmanov droht Abschiebung Der Krieg in Tschetschenien ist vorbei, aber das autoritäre Regime treibt weiter Menschen in die Flucht. Wer es in die EU schafft, fühlt sich nicht sicher. In Polen droht dem Youtube-Blogger Tumsu Abdurachmanow die Abschiebung. Er ist einer der populärsten Kritiker Kadyrows.
Frauen als Freiwild Die meisten Flüchtlinge aus Tschetschenien landen heute in Polen. Nach dem Dublin-Abkommen müssen sie dort Asyl beantragen, wo sie die EU erstmals betreten haben. Viele Frauen sind darunter, auch alleinstehende. In einem Wohnheim leben sie zusammen und in ständiger Furcht.
Tradition und Strenge In der russischen Teilrepublik Tschetschenien gilt russisches Recht. Präsident Ramsan Kadyrow herrscht mit seinem Sicherheitsdienst allerdings nach eigenen Regeln. Hinzu kommt das Adat-Recht, das seit Jahrhunderten überliefert ist und in vielen Familien bis heute gepflegt wird. Auch in Europa.
Fußball verbindet und integriert Mitte der 2000er-Jahre zählten Tschetschenen zur größten Gruppe der Flüchtlinge, die nach Kärnten kamen. Die österreichische FPÖ wetterte damals lautstark gegen sie. In Klagenfurt lebt eine Familie, die Flucht und Anfeindung überstanden und sich bestens integriert hat, auch Dank des Fußballs.
Kein Outing aus Angst Schwulenverbände, russische Zeitungen und OSZE berichten von Verhaftungswellen gegen Homosexuelle in Tschetschenien. Entsprechend hoch ist die Zahl der Menschen, die aus dem Land fliehen und in Europa oder den USA Schutz suchen. Doch der lange Arm der Verfolger reicht bis in die neue Heimat.