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Abgetakeltes Flagschiff

Zehn Milliarden Dollar, das schätzen Insider, haben Intel und HP in die Entwicklung des Itanium-Prozessors gesteckt. Doch der Itanium ist alles andere als ein Verkaufsschlager. Immer mehr Computerbauer nehmen Server mit dem 64-Bit-Chip aus dem Angebot.

Von Achim Killer |
    Die jüngste Hiobsbotschaft für Intel kommt von Dell. Dell hat jetzt auch seine einzig verbliebene Itanium-Maschine aus dem Angebot genommen. Andy Rhodes, der Europa-Manager für das Geschäft mit Unternehmenskunden, erläutert warum:

    "Jetzt, da es auch x-86-Prozessoren mit 64-Bit-Erweiterungen gibt, erwarten wir, dass der Markt eher in diese Richtung geht als in die des Itanium. Wir denken, dass es angesichts unserer Kundenstruktur sinnvoller ist, die Entwicklungsanstrengungen auf unsere x-86-Xeon-Server zu konzentrieren und diese Technik verstärkt aufzugreifen."

    Intels Prozessoren mit so genannten 64-Bit Erweiterungen unterscheiden sich von den herkömmlichen Server-Chips des Konzerns, den 32-bittigen Xeons, nur insoweit, als dass sie 64 Bit lange Adressen verarbeiten, also mehr als vier Gigabyte Arbeitsspeicher verwalten können. Der Itanium hingegen hat eine völlig andere Architektur. Er ist auf Sicherheit und Höchstleistung ausgelegt. Er verarbeitet Programme, die für Prozessoren von HP und für Intels Xeon- und Pentium-Chips geschrieben sind. Bei letzteren aber ist er arg müde – im Gegensatz wiederum zu den Prozessoren mit 64-Bit-Erweiterungen. Die musste Intel ins Programm nehmen, weil es der Erzrivale AMD vorgemacht hatte. Und auf diese Chips setzen jetzt alle. Auch Microsoft: Der Konzern wird sein nächstes Betriebssystem Longhorn zwar für Intel- und AMD-Prozessoren mit 64-Bit-Erweiterungen herausbringen. Aber für den Itanium gibt's wohl nur eine Schmalspur-Version, die die Standard-Aufgaben nicht beherrscht, die ein Server normaler Weise zu erledigen hat. Microsoft-Sprecher Frank Mihm:

    "Bei den Standardaufgaben, die vom Betriebssystem wahrgenommen werden, braucht man in der Regel keine sehr teuren oder sehr aufwändige, sehr leistungsfähige Maschinen. Das ist das Feedback, das wir von unseren Kunden und Partnern erhalten. Entsprechend ist gegenwärtig auch die Planung, dass die Windows-Server-Version "Longhorn" voraussichtlich ohne diese Dienste wie Fax-Services etcetera auf den Markt kommen wird, während eben die Standardvariante von "Longhorn" diese Dienste natürlich selbstverständlich unterstützen wird."

    Auch IBM hat nur noch einen Intel-Server mit Itanium im Angebot – wegen auf die 64-Adressierung erweiterten Chips. Steve Edwards, IBM-Manager für Intel-basierte Server:

    "Der Itanium ist etwas ganz anderes als das, was die Leute in der 32-Bit-Welt gewohnt sind. Und das Schöne an den 64-Bit-Erweiterungen ist, dass man 32-Bit-Programme damit verarbeiten kann. Wohingegen man sie für den Itanium neu kompilieren muss."

    Sun hat neuerdings ebenfalls AMD- und Intel-Rechner im Angebot. Beim Itanium hat der Konzern von vornherein abgewinkt. Dessen Schwächeln erinnert den Sun-Vice-President Bill Scharrenberg an den Flop des ebenfalls sehr ambitionierten Alpha-Prozessors, der seinerzeit DEC und später Compaq sehr viel Geld gekostet hat.

    "Ich glaube, es ist mit dem vergleichbar, was wir beim Alpha gesehen haben. Egal, wie leistungsfähig der Chip auch sein mag, wichtig ist das Gesamtsystem. Das Fehlen von Anwendungsprogrammen und Betriebssystemen wirkt sich da verheerend aus. Die Leute haben angenommen, es gebe einen sanften Übergang von x86-Prozessoren zum Itanium. Als das dann nicht eingetreten ist, war das die Chance für die Leute von AMD und ihren 64-Bit-Erweiterungen. "

    Intel kann die finanziellen Verluste durch den Itanium sicherlich verkraften. Härter allerdings dürfte es wohl den Entwicklungspartner HP treffen. Der nämlich hat deswegen seine eigene PA-RISC-Architektur aufgegeben und steht jetzt ohne attraktive Prozessoren da.